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ComplianceGeldwäscheprävention: Sechs typische Stolperfallen, die Sie kennen und vermeiden sollten
| Das Geldwäschegesetz (GwG) stellt in erster Linie ein Präventionsgesetz dar. Es wird erst dann repressiv, wenn Pflichtverletzungen festgestellt werden. Aus der Durchsicht von „Prangermitteilungen“ der Aufsichtsbehörden und aus Bußgeldprozessen stechen im Kfz-Handel eine Reihe von Mängeln immer wieder hervor. Damit Sie nicht ebenfalls über das GwG stolpern, macht ASR Sie auf sechs typische Fallen aufmerksam. |
Falle 1: Bargeldobergrenze und Schwellenwert
Barzahlungen beim Fahrzeugverkauf lassen sich von den Aufsichtsbehörden anhand der Kassenbücher leicht kontrollieren. Dennoch versäumen viele Autohäuser bei Zahlungen ab 10.000 Euro noch immer die erforderliche Dokumentation anhand von Ausweiskopien bzw. Handelsregisterauszug und Gesellschafterverzeichnis.
Wichtig | Zudem hält sich hartnäckig das Gerücht, dass keine Dokumentation der Unterlagen erforderlich sei, wenn der Schwellenwert von 10.000 Euro unterschritten wird. Das ist falsch, denn die Verdachtsmeldepflicht besteht ab dem ersten Euro – also auch bei unterschrittenem Schwellenwert.
Falle 2: Drittzahlungen
Bedingt durch das Prüfverhalten der Aufsichtsbehörden, sich vorwiegend auf die Kontrolle von Barzahlungen zu konzentrieren, sind bei vielen Kfz-Händlern Drittzahlungen aus dem Fokus geraten. Dabei werden „Zahlungen unbekannter oder nicht verbundener Dritter“ unter Ziff. 2 Buchst. d in Anlage 2 zum GwG ausdrücklich als Faktor für ein „potentiell höheres Risiko“ genannt. Auch in den Typologiepapieren der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) nehmen Drittzahlungen mittlerweile mehr Umfang ein. Und nicht zuletzt wies ein Hersteller seine Kfz-Händler im Agenturmodell an, einen „Drittzahlerantrag“ zu stellen. Das ist zwar insoweit unsinnig, weil Kfz-Händler auf das Zahlverhalten ihrer Kunden keinen Einfluss haben, zeigt aber die geldwäscherechtliche Brisanz von Drittzahlungen.
Problematisch wird es vor allem bei Überweisungen: Weil der Transaktionsbegriff des GwG nicht zwischen baren und unbaren Zahlungen unterscheidet, glauben viele Kfz-Händler, dass sie bei Überweisung des Kaufpreises nichts prüfen müssen. Das ist ein Irrtum.
Praxistipp | Drittzahlungen lassen sich nur in der Buchhaltung feststellen. Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter deshalb dahingehend, nicht „nur“ den Eingang des Kaufpreises zu einer Vertrags-/Auftragsnummer zu verbuchen, sondern |
auch zu prüfen, ob Zahlender und Kaufvertragspartner übereinstimmen. Weichen die voneinander ab, ist darüber der Geldwäschebeauftragte Ihres Autohauses zu informieren und der zuständige Verkäufer zu bitten, beim Kunden für Sachverhaltsaufklärung zu sorgen. |
Unmöglich ist die Identifizierung des Zahlenden allerdings bei Zahlungseingängen über Zahlungsverkehrsdienstleister wie z. B. Paypal oder Stripe. Bei entsprechenden Zahlungseingängen wird als Absenderkonto nämlich immer dasjenige des Zahlungsverkehrsdienstleisters angegeben.
Falle 3: Anwendung verstärkter Sorgfaltspflichten
Liegen sog. ungewöhnliche Sachverhalte nach dem GwG vor, sind Kfz-Händler verpflichtet, eine Verdachtsmeldung bei der FIU abzugeben. Viele Kfz-Händler unterlassen die erforderliche Meldung jedoch – sei es aus Provisionsinteresse, aus der (falschen) Befürchtung einer Geschäftsuntersagung durch die FIU oder einfach aus schlichter Unkenntnis. Auffällig wird ein solches Fehlverhalten insbesondere bei polizeilichen Maßnahmen, in dessen Folge sich ein Kfz-Händler fragen lassen muss, warum ihm der Sachverhalt nicht aufgefallen ist und er eben keine Meldung abgegeben hat.
Praxistipp | Orientierungspunkte dafür, wann solche ungewöhnlichen Sachverhalte vorliegen, ergeben sich
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Wichtig | Eine Verdachtsmeldung ist auch abzugeben, wenn ein Geschäft abgelehnt wird. Nach absolut herrschender Meinung in der Rechtsprechung stellt die Kenntnis – und damit auch die Anwendung – der Typologiepapiere der FIU nämlich das Mindestwissen für Verpflichteten dar.
Falle 4: Nicht-Präsenz-Geschäfte
Klar, die Bedeutung des internetbasierten Handels steigt. Doch auf keinem anderen Geschäftsweg lässt sich die Identität leichter verschleiern. Darauf weist auch die Anlage 2 zum GwG hin. Die Folge: Gibt sich ein Kfz-Händler allein mit der Zusendung einer Ausweiskopie zufrieden und nimmt nicht sachgerecht Einsicht in das Dokument, verstößt er gegen das Gesetz.
Wichtig | Die sachgerechte Einsichtnahme in den Ausweis muss schon vor Begründung der Geschäftsbeziehung erfolgen. Und zwar, weil sich der Kfz-Händler nicht darauf verlassen kann, dass sein Kaufvertragspartner das Fahrzeug auch persönlich abholt und dann das Originaldokument vorlegt. Die Aufsichtsbehörden können dies anhand von Datumstempeln leicht kontrollieren.
Praxistipp | Lassen Sie sich die „Echtheit“ des Käufers durch eine Identitätsprüfung bestätigen. Post-Ident-Verfahren sind sehr fehleranfällig; Video-Ident-Verfahren teuer. Eine preiswerte Alternative stellen sog. Self-Ident-Verfahren (SID) |
dar (z. B. www.gwg24.de). Diese sollen künftig auch gesetzlich zugelassen werden. Dann sind Sie nicht mehr auf die – bis dato – stillschweigende Duldung der Behörden angewiesen. Der Bonus-Vorteil solcher technisch unterstützten Verfahren: Sie prüfen Ausweisdokumente auf ihre Echtheit – und das wirkt sich für Sie hinsichtlich des gutgläubigen Erwerbs von Fahrzeugen präventiv positiv aus. |
Falle 5: Risikoanalyse
Kfz-Händler müssen eine Risikoanalyse vorhalten und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden übersenden. Dabei kommt es immer wieder zu Zurückweisungen. Die typischen Fehler: Formale Unrichtigkeiten, die Risikoanalyse wurde nicht regelmäßig aktualisiert, die Ergebnisse der nationalen Risikoanalyse Deutschland wurden nicht berücksichtigt oder ein verantwortliches Mitglied der Geschäftsführung wurde nicht benannt. Dann sind mündliche Verwarnungen und Nachbesserungsaufforderungen die Folge.
Gravierender sind jedoch inhaltliche Mängel wie z. B. der Download vorgefertigter Risikoanalysen oder die unreflektierte Übernahme von Hersteller- oder Händlerverbandsmustern. Oft fehlt es dann auch noch an den o. g. formalen Vorgaben. Das wird dem Erfordernis der Individualisierung für den eigenen Betrieb nicht gerecht und führt – abgesehen von der peinlichen Außenwirkung – meist auch zu regelmäßigen Nachkontrollen durch die Aufsichtsbehörden.
Falle 6: Schulungs-/Qualifizierungspflicht
Kfz-Händler müssen ihre Mitarbeiter in den sog. transaktionsrelevanten Tätigkeitsbereichen – das sind in der Regel Verkauf, Kasse/Buchhaltung, Dispo und Geschäftsführung – regelmäßig schulen und das auch gegenüber den Aufsichtsbehörden nachweisen können. Das „Wie“ der Durchführung dieser Schulungen ist dem Kfz-Händler überlassen. Hier beißt sich die Katze dann in den Schwanz. Denn wie soll ein Verkäufer einen ungewöhnlichen Sachverhalt erkennen und sein Provisionsinteresse zunächst hintanstellen, wenn er nicht konsequent geschult wird?
Deswegen gilt, auch wenn die Umsetzung jedweder Complianceanforderung nachvollziehbarerweise manchmal nervt: Schulen Sie Ihre Mitarbeiter! Ihre Mitarbeiter haben nämlich dann auf der anderen Seite auch die Pflicht, Sie vor Schaden zu bewahren. Gerade die Unkenntnis über problematische und meldepflichtige Sachverhalte führt nämlich immer wieder zu Bußgeldern.
Halten Sie die Unterlagen stets aktuell! Praxistipp | Die Täter der Geldwäsche passen ihr Verhalten immer wieder an. Umso wichtiger ist es, Ihre Schulungsunterlagen stets auf dem neuesten Stand zu halten. Weder sind selbstgebastelte Schulungsunterlagen eine geeignete Methode noch die Übernahme bzw. der Download von Schulungsunterlagen aus dem Finanzsektor; denn die gehen am Kfz-Handel völlig vorbei. Geeignet sind z. B. E-Learning-Schulungen, die jährlich aktualisiert werden, die Typologiepapiere der FIU berücksichtigen sowie einfach und unkompliziert zu absolvieren sind. Bei derartigen Schulungen erhält der Kfz-Händler dann auch den erforderlichen Nachweis für die Aufsichtsbehörden, qualifizierte Schulungen durchgeführt zu haben. |
- Was inhaltlich in die eigene Risikoanalyse gehört, können Sie z. B. bei der TAK lernen. Mehr Infos zum Seminar gibt es hier: www.iww.de/s11299
- Eine Reihe von E-Learning-Schulungen speziell für den Kfz-Handel bietet die Deutsche Gesellschaft für Geldwäscheprävention an. Sie finden diese unter: www.iww.de/s11300
AUSGABE: ASR 8/2024, S. 22 · ID: 50081400