Arzneimittel-Abrechnung
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Hygiene in der Apotheke, Teil 1
Anforderungen an die Hygiene: Rechtliches
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BerufsrechtWiderruf der Betriebserlaubnis für eine Apotheke wegen fehlender Zuverlässigkeit
| Das Verwaltungsgericht (VG) Leipzig hat sich mit der Frage befasst, wann ein Apotheker nicht mehr die für den Betrieb einer Apotheke erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Diese fehlt, wenn ein Apotheker wiederholt Verstöße gegen apotheken- und arzneimittelrechtliche Vorschriften begeht, er zudem rechtskräftig verurteilt wurde und sich erneut wegen Betrugsvorwürfen verantworten muss (VG Leipzig, Beschluss vom 17.05.2024, Az. 5 L 218/24). |
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
Ein Apotheker hat insgesamt sieben Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Apotheker begangen. Für diese Ordnungswidrigkeiten wurden Bußgeldbescheide erlassen. Diese ergingen u. a. wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz, das Arzneimittelgesetz und die Apothekenbetriebsordnung. Außerdem wurde dem Apotheker aufgegeben, einen weiteren Apotheker vertraglich an seine Apotheke zu binden und dies durch die Vorlage von Dienstplänen nachzuweisen. Da er dieser Weisung nicht nachkam, mussten Zwangsgelder gegen ihn festgesetzt werden.
Er wurde im Jahr 2022 strafrechtlich verurteilt, weil er gefälschte Arzneimittel verkauft hatte. Im Jahr 2023 wurde er wegen Computerbetrugs verurteilt. In diesem Jahr wurde gegen ihn auch Anklage wegen Abrechnungsbetrugs zulasten der Krankenkassen erhoben, denn er hatte Leistungen abgerechnet, die er nicht hätte abrechnen dürfen.
Entzug der Apothekenbetriebserlaubnis durch die Aufsichtsbehörde
Die Landesdirektion Sachsen widerrief daraufhin die Apothekenbetriebserlaubnis. Sie stützte sich dabei auf § 4 Apothekengesetz (ApoG). Dieses Gesetz ist ein Bundesgesetz und gilt daher deutschlandweit für alle Apotheken:
- Nach § 4 ApoG ist die Betriebserlaubnis für Apotheken zu widerrufen, wenn ein Versagungsgrund des § 2 ApoG nachträglich eintritt.
- In § 2 ApoG ist u. a. aufgeführt, dass der Apotheker die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen muss.
Die Aufsichtsbehörde ging davon aus, dass die Zuverlässigkeit des Apothekers wegen der Vielzahl der Verstöße gegen berufsrechtliche Vorschriften nicht mehr vorlag.
Die Landesdirektion Sachsen ordnete die sofortige Vollziehung des Widerrufsbescheids an. Das bedeutet, dass ein Widerspruch oder eine Klage gegen diesen Bescheid keine aufschiebende Wirkung hat. Denn die Behörde wertete hier das Interesse der Allgemeinheit am ordnungsgemäßen Betrieb einer Apotheke höher als das Individualinteresse des Apothekers am Betrieb seiner Apotheke.
Apotheker beantragte Aussetzung der sofortigen Vollziehung
Der Apotheker legte gegen den Entzug der Betriebserlaubnis Widerspruch bei der Landesdirektion Sachsen ein. Gleichzeitig beantragte er beim VG Leipzig die Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Bescheids nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Apotheker begründete seine Beschwerde damit, dass es sich bei der Pharmazie um ein komplexes Handwerk handele und er während seines Studiums nicht ausreichend auf den Betrieb einer Apotheke vorbereitet worden sei. Er war der Ansicht, dass es sich bei den von der Landesdirektion Sachsen monierten Verstößen nur um einzelnes Fehlverhalten und Kleinigkeiten handle. Zu keinem Zeitpunkt seien Kunden gefährdet worden.
Entscheidungsgründe
Das VG Leipzig folgte dieser Argumentation nicht. Es wies den Antrag des Apothekers auf Aussetzung der Vollziehung zurück. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Aufsichtsbehörde sei zu Recht erfolgt, da sich aus der Gesamtschau ergebe, dass der Apotheker systematisch gegen wesentliche Vorschriften des Apothekenrechts verstoßen habe. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei auch zum Schutz der Patienten vor Gesundheitsgefahren und des Ansehens des Berufsstands der Apotheker erforderlich gewesen.
Relevanz für die Praxis
Eine apothekenrechtliche Unzuverlässigkeit liegt immer dann vor, wenn der Apotheker nicht die Gewähr dafür bietet, dass er seine Apotheke ordnungsgemäß und unter Einhaltung aller einschlägigen Rechtsvorschriften betreibt. Auch Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die sich im Privatleben des Apothekers ereignen, können eine Unzuverlässigkeit i. S. d. ApoG begründen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Apotheker eine Steuerhinterziehung begeht. Dabei muss es sich allerdings um eine Steuerhinterziehung in erheblichem Umfang handeln. Auch eine Trunkenheitsfahrt kann eine apothekenrechtliche Unzuverlässigkeit begründen.
Bei allen Straftaten erfolgen seitens der Staatsanwaltschaft auch Mitteilungen an die berufsrechtlichen Aufsichtsbehörden. Diese prüfen dann, ob ein Einschreiten erforderlich ist. Der Entzug der Apothekenbetriebserlaubnis ist jedoch die Ultima Ratio, da er erheblich in die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit des Apothekers eingreift. Dabei kommt es nicht einmal auf eine rechtskräftige Verurteilung an. Denn aus Gründen der Abwehr von Gesundheitsgefahren für die Allgemeinheit kann der Entzug der Betriebserlaubnis bereits bei bloßer Erhebung einer Anklage durch die Staatsanwaltschaft angeordnet werden.
- Es bleibt abzuwarten, ob das Hauptsacheverfahren gegen den behördlichen Bescheid über den Widerruf der Apothekenbetriebserlaubnis zu einem anderen Ergebnis kommt als dieses Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
AUSGABE: AH 9/2024, S. 13 · ID: 50084476