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VertragsarztrechtCodierung: Mehr Honorar und weniger Ärger durch exakte ICD-Schlüssel

Abo-Inhalt21.12.20211167 Min. LesedauerVon RAin, FAin MedizinR Sabine Warnebier, Voß.Partner, Münster

| Bereits seit vielen Jahren müssen die Ärztinnen und Ärzte die von ihnen ermittelten Diagnosen codieren. Mittels der ICD-Schlüssel (ICD-10-GM) werden so verschiedenste Krankheitsbilder erfasst und gekennzeichnet. Der hiermit verbundene Arbeitsaufwand in den Arztpraxen ist enorm, wird jedoch durch die Vorteile einer korrekten Codierung gerechtfertigt. |

Vom ICD-Code zur morbiditätsbedingten Gesamtvergütung

Über den morbiditätsbedingten Risikostrukturausgleich und über den Gesundheitsfonds werden Gelder im Gesundheitssystem (um)verteilt. Krankenkassen erhalten unterschiedliche Zuschläge für die mit den Codes definierten Krankheitsbilder. Hierbei gilt: Je größer der Behandlungsbedarf bei den Patienten einer Krankenkasse ist, desto höhere Ausgleichszahlungen erhält diese Krankenkasse. Die Vorteile verbleiben aber nicht nur bei den begünstigten Kassen, sondern wirken sich auch auf die Honorarverteilung in der ambulanten Versorgung aus. Auf der Grundlage der so ermittelten Morbidität z. B. kann ein erhöhter Bedarf an Finanzmitteln auf regionaler Ebene dargestellt werden. Insofern bieten die entsprechenden Auswertungen den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) wichtige Argumente in den Verhandlungen über die durch die Kassen zur Verfügung zu stellende Gesamtvergütung.

Merke | Steigt die Morbidität im Bereich einer KV an, verbessert sich deren Verhandlungsposition gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen in Bezug auf die zu zahlende Gesamtvergütung.

Aus diesem Grunde halten die KVen entsprechende Beratungsangebote vor und bemühen sich, ihre Mitglieder umfassend zu informieren. Es werden zudem vielfach Morbiditätsstatistiken veröffentlicht, mit deren Hilfe eine Praxis die Morbidität des eigenen Patientenklientels mit der durchschnittlichen Morbidität des Patientenklientels der jeweiligen Fachgruppe vergleichen kann.

Merke | Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wurde mittels des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) beauftragt, für die Abrechnung und Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen verbindliche Regelungen zur Vergabe und Übermittlung der ICD-Codes sowie entsprechende Prüfmaßstäbe zu erstellen. Sie hat daraufhin in Absprache mit den KVen eine digitale Kodierunterstützung entwickelt, welche den Praxen helfen soll, noch exakter zu codieren. Diese wird als Praxissoftware bereitgestellt und in das Praxisverwaltungssystem implementiert. So wird das Codieren z. B. durch eine Codesuche, eine Verschlüsselungsanleitung und einen Codiercheck erleichtert (weitere Informationen hierzu bei der KBV online unter iww.de/s5830).

Verteilung des Honorarkuchens unter den Facharztgruppen

Die Codierung bzw. die hierüber ermittelte Morbidität leistet aber nicht nur im Rahmen der Verhandlungen über die Gesamtvergütung Hilfestellung, sondern ebenso bei der nachfolgenden Verteilung der Honorare zwischen den Fachgruppen. Aus der Morbidität wird der Behandlungsbedarf eines Patientenklientels abgeleitet und mit Punktwerten abgebildet.

Insofern gilt: Je genauer und umfangreicher eine Facharztgruppe codiert und damit den Behandlungsbedarf des eigenen Patientenklientels nachweist, desto höher sind ihre Chancen, ein größeres Stück vom Honorarkuchen abzubekommen.

Über eine zutreffende Codierung können Hausärzte daher zumindest mittelbar Einfluss auf die Vergütungsmöglichkeiten im vertragsärztlichen System und auch auf die Verteilung zwischen den einzelnen Facharztgruppen nehmen.

Unnötige Prüfungen vermeiden

Darüber hinaus hilft die korrekte Codierung den Hausärzten, unnötige Prüfverfahren bzw. überhöhte Regressforderungen zu vermeiden.

Beispiel: Prüfungen zu Arzneimittelverordnungen

Können die Prüfgremien im Rahmen von Prüfverfahren betreffend Arzneimittelverordnungen einzelne Verschreibungen nicht anhand passender ICD-Schlüssel nachvollziehen, ziehen sie häufig den Schluss, dass die Verordnung nicht notwendig und damit unwirtschaftlich war oder ein sog. „Off-Label-Use“ vorliegt. Diesen Vorwürfen kann zwar im Rahmen der eigenen Stellungnahme entgegengetreten werden. Jedoch erfordert dies einen entsprechenden Zeit- und Arbeitsaufwand.

Wesentlich einfacher ist es, die Prüfgremien durch eine korrekte und vollständige Codierung in die Lage zu versetzen, Verordnungen richtig zuzuordnen oder auch eine erhöhte Morbidität des eigenen Praxisklientels zu erkennen und entsprechend zu berücksichtigen.

Dies erfordert einen entsprechenden Arbeitsaufwand bei der Codierung. So tritt in der Praxis häufig das Problem auf, dass den Hausärzten beim Erstkontakt mit Neupatienten noch keine vollständigen Informationen vorliegen bzw. Diagnosen erst ermittelt werden müssen und sich die zutreffenden Codes aus diesem Grunde im Laufe einer Behandlung verändern bzw. erweitern. Insoweit erschöpft sich die Codierpflicht nicht in der einmaligen Eingabe bei Erhebung der Anamnese, sondern erfordert eine stetige Kontrolle und ggf. Aktualisierung. Findet diese nicht statt, bilden die vorhandenen Codes nicht die tatsächliche Morbidität des behandelten Patientenklientels ab.

Merke | Achten Sie in Ihrer Praxis dringend darauf, dass bei Vorliegen neuer Erkenntnisse über die Erkrankung eines Patienten die Codes ggf. angepasst werden. Nur so können Honorarvorteile (mittelbar) gesichert und die eigene Position in Prüfverfahren verbessert werden.

AUSGABE: AAA 1/2022, S. 14 · ID: 47873198

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