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SchwerbehinderungKündigung eines Schwerbehinderten in der Wartezeit
| Die Kündigung eines Schwerbehinderten in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses kann diskriminierend i. S. v. § 164 Abs. 2 SGB IX und damit unwirksam sein, wenn der ArbG das Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX nicht durchgeführt hat. |
Diese Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln (20.12.23, 18 Ca 3954/23, Abruf-Nr. 242713) steht im Kontext des EuGH (10.2.22, C-485/20). Der mit einem Grad der Behinderung von 80 schwerbehinderte Kläger ist seit dem 1.1.23 bei der beklagten Kommune als „Beschäftigter im Bauhof“ beschäftigt. Er wurde zwischen Anfang Januar und Mitte April in verschiedenen Kolonnen des Bauhofs eingesetzt und war ab Ende Mai arbeitsunfähig. Am 22.6.23 kündigte die ArbG das Arbeitsverhältnis zum 31.7.23.
Das Arbeitsgericht kam zum Ergebnis, dass die Kündigung gegen das Diskriminierungsverbot des § 164 Abs. 2 SGB IX verstoße. Sie sei daher unwirksam. Der ArbG sei – entgegen bisheriger BAG-Rechtsprechung – auch während der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG verpflichtet, ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX durchzuführen. Dies ergebe die unionsrechtskonforme Auslegung der Norm. § 167 Abs. 1 SGB IX regelt, dass möglichst frühzeitig als Präventionsmaßnahme die Schwerbehindertenvertretung sowie das Integrationsamt einzuschalten sind, wenn Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis eintreten, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können.
AUSGABE: AA 8/2024, S. 127 · ID: 50098633