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CME-BeitragMedikamentenbedingte Hyposalivation
| Hyposalivation ist bei älteren Menschen ein weitverbreitetes Problem. Auslöser sind im Wesentlichen Medikamente und dabei besonders bestimmte pharmakologische Klassen, wie Studien herausgefunden haben. Experten raten in diesem Kontext zur Anwendung eines neuen einfachen Anticholinergika-Scores. |
Medikamente als Ursache für Hyposalivation
Erkrankungen und Medikamente sind eng mit der oralen Gesundheit verknüpft. So weisen Wissenschaftler immer wieder darauf hin, dass Medikamente direkt oder indirekt mit der Entwicklung von Karies, parodontalen Erkrankungen, Pathologien der Mundschleimhaut, Schwierigkeiten beim Kauen, Xerostomie, Aspirationspneumonie oder der Verträglichkeit von Zahnersatz in Zusammenhang stehen [1]. Das kann wiederum auch negative Folgen für die Nahrungsaufnahme und die Lebensqualität der Patienten haben. Bezüglich einer medikamentenbedingten Hyposalivation ist für den Praktiker deshalb wichtig zu wissen, welche pharmakologischen Klassen sich mit ihr am häufigsten in Verbindung bringen lassen.
Antidepressiva und Antihypertonika am häufigsten mit Hyposalivation verknüpft
Eine amerikanische Arbeit untersuchte über zwei Jahre das xerostomische Potenzial von Medikamenten bei Patienten einer Universitätszahnklinik [2]. Hier war die Mehrheit der Patienten, die mindestens ein xerostomiebedingtes Medikament erhielt, weiblich, etwas mehr als die Hälfte aller Patienten war über 65 Jahre alt. Zu den drei am weitest verbreiteten pharmakologischen Klassen, die eine Xerostomie bedingten, zählten Antidepressiva (35 %), Magenmedikamente (28 %) und Vitamin D (24 %).
Eine Schweizer Studie [1], die sich mit dem Zusammenhang von Mundgesundheitszustand, Polypharmazie und/oder Multimorbidität in drei Pflegeheimen mit integrierter zahnärztlicher Versorgung beschäftigte, zeichnete ein ähnliches Bild: Hier waren „die am häufigsten verschriebenen Medikamente, die mit Hyposalivation in Verbindung gebracht wurden, Blutdrucksenker (62 %), gefolgt von Psychopharmaka (54 %), Sedativa (51 %) und Opioiden (26 %). Der Anteil aller anderen Medikamente lag nicht über 10 Prozent“.
Herz-Kreislauf-Medikamente und Anticholinergika im Fokus
Die am häufigsten von älteren Erwachsenen im Alter von 65 Jahren und älter mit Polypharmazie eingenommenen Medikamente sind Herz-Kreislauf-Medikamente [3]. In den Fokus rücken zunehmend aber auch die Anticholinergika. Das sind Medikamente, die z. B. bei Asthma bronchiale, Harninkontinenz, Reizdarmsyndrom oder Parkinson verschrieben werden. Sie hemmen die Wirkung des körpereigenen Botenstoffs Acetylcholin, das im Nervensystem Nervenimpulse weiterleitet. In einer Studie konnte eine durch anticholinerge Medikamente ausgelöste Hyposalivation beobachtet werden, nachgewiesen durch einen Zusammenhang zwischen der anticholingeren Aktivität im Blutserum und der verminderten Sekretion der kleinen Lippendrüsen [4].
Experten empfehlen sogar die routinemäßige Ermittlung eines neuartigen Anticholinergika-Scores – den German Anticholinergic Burden Score (GACB) – bei Patienten ab 50 Jahren [5]. Mit dem Score wird ganz einfach die kumulative anticholinerge Wirkung der von Patienten eingenommenen Medikamente quantifiziert. Auf diese Weise können Risikopatienten ermittelt, über mögliche Folgen von Hyposalivation und Xerostomie aufgeklärt und präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Folgeerkrankungen vorgenommen werden.
Das Wichtigste in Kürze |
Medikamente, die am häufigsten Xerostomie verursachen, sind Psychopharmaka und Herz-Kreislauf-Medikamente. Auch Anticholinergika spielen in der Praxis eine große Rolle. Deshalb sollten gefährdete Patienten über 50 Jahre durch einen routinemäßig angewendeten Score ermittelt werden. |
- [1] Anliker N et al. Dental status and its correlation with polypharmacy and multimorbidity in a Swiss nursing home population: a cross-sectional study. Clin Oral Investig. 2023 Jun;27(6):3021-3028. doi.org/10.1007/s00784-023-04906-6.
- [2] Krajewski MP Jr, Mo Q, Lu CH, Cantos A, Feuerstein S, Brandt MJ, Wahler RG Jr. Medication Use Among Patients Reporting Xerostomia of an Academic Dental Clinic. J Pharm Technol. 2022 Oct;38(5):264-271. doi.org/10.1177/87551225221108599.
- [3] Hsu HF, Chen KM, Belcastro F, Chen YF. Polypharmacy and pattern of medication use in community-dwelling older adults: A systematic review. J Clin Nurs. 2021 Apr; 30(7-8):918-928. doi.org/10.1111/jocn.15595.
- [4] Michail A, Almirza M, Alwaely F, Arany S. Anticholinergic burden of medications is associated with dry mouth and reflected in minor labial gland secretion. Arch Oral Biol. 2023 Dec;156:105824. doi.org/10.1016/j.archoralbio.2023.105824.
- [5] Schoppmeier CM, Deeg I, Wicht MJ, Barbe AG. Anticholinergic Burden and Dry Mouth Problems Among Older Adults (≥ 50 Years) Receiving Dental Care-A Retrospective, Cross-Sectional Analysis. Clin Exp Dent Res. 2024 Dec;10(6):e70009. doi.org/10.1002/cre2.70009.
AUSGABE: ZR 1/2025, S. 13 · ID: 50243816