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CME-BeitragBlutungsverringerung mit Tranexamsäure bei antikoagulatorischer Medikation
| Tranexamsäure minimiert Blutungskomplikationen effektiv und eignet sich als Mundspüllösung bei Risikopatienten nach zahnärztlich-operativen Eingriffen, insbesondere bei Patienten unter laufender Antikoagulantientherapie oder mit Blutgerinnungsstörungen |.
Möglichkeit zur Reduzierung von Blutungskomplikationen
Patienten, die sich unter Antikoagulanzientherapie einem operativen zahnärztlichen Eingriff unterziehen, sind während und nach der OP einem erhöhten Blutungsrisiko ausgesetzt. Da für diese Patienten ein Absetzen ihrer Medikation oder nur auch eine Reduzierung der Medikamentendosis zu einem erhöhten Risiko einer thrombembolischen Komplikation führen kann, wurden Möglichkeiten gesucht, kleinere zahnärztlich-chirurgische Eingriffe bzw. Zahnextraktionen unter Beibehaltung der Antikoagulanzieneinnahme durchführen zu können. Eine davon ist die Anwendung der Tranexamsäure (TXA), die indirekt den Abbau von Fibrin hemmt [1]. In verschiedenen Studien wird diese in lokaler Anwendung empfohlen.
Erfolgreiche Reduzierung verzögerter Blutungen nach Extraktionen
Eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte, multizentrische klinische Studie untersuchte die Wirkung einer Mundspüllösung mit 10%iger TXA auf die Blutungsneigung nach Extraktion bei Patienten unter oraler Antikoagulanzientherapie ohne Vitamin K [2]. Dabei zeigte sich zwar, dass die eingesetzte Mundspüllösung die Anzahl periprozeduraler oder früher Blutungen im Vergleich zum Placebo nicht senkte. Dagegen traten aber verzögerte Blutungen und Blutungen nach mehreren Extraktionen bei Patienten, die die Lösung anwendeten, weniger häufig auf.
Schon in einer früheren Studie wurde den beiden lokal angewendeten Antifibrinolytika TXA und Epsilon-Aminocapronsäure zur Vorbeugung von Blutungen bei Patienten unter laufender Einnahme von Vitamin-K-Antagonisten als Langzeitantikoagulation bei kleineren zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen oder Zahnextraktionen hohe Wirksamkeit zugesprochen, bei gleichzeitig fehlenden Nebenwirkungen unter topischer Anwendung [3].
Beim Vergleich verschiedener Hämostatika punktet TXA
Eine Metaanalyse verglich die Leistung zur Blutungskontrolle von Cyanoacrylat-Gewebekleber, TXA, Chitosan-Wundverband, oxidierter regenerierter Zellulose, Fibrinschwamm oder -kleber, Kollagenpfropfen, Bismut-Subgallat, Gelantineschwamm, Feracryl, Epsilon-Aminocapronsäure und Ankaferd®-Blutstopper nach Zahnextraktionen bei Patienten unter oraler antithrombotischer Therapie [4]. Unter diesen hämostatischen Mitteln wirkte die TXA mit einer bis zu 70%ig geringeren Wahrscheinlichkeit postoperativer Blutungen am besten, Bismut-Subgallat und Fibrin zeigten eine signifikant geringere Wahrscheinlichkeit für postoperative Blutungen als der Kollagenpfropfen; Chitosan-Wundverband und Kollagenpfropfen schnitten am schlechtesten ab. TXA zeigte im Vergleich zu konventionellen Maßnahmen ebenfalls eine signifikante Verringerung postoperativer Blutungen.
Bezug der nicht als Fertigarzneimittel erhältlichen Mundspüllösung über die Apotheke
Eine TXA-Mundspüllösung ist in Deutschland nicht erhältlich. Sie können aber stattdessen eine 5%ige TXA-Lösung durch Verdünnung einer 5 ml Ampulle Cyklokapron® mit Aqua ad injectabilia auf 10 ml herstellen oder als Sonderanfertigung für die Apotheke rezeptieren. Experten empfehlen die Mundspülung mit 5%iger TXA 4 x tgl. für 2 Min., bis zu fünf Tage postoperativ sowie direkt postoperativ mit 10 ml der Lösung, außerdem die Applikation eines absorbierbaren oxidierten Cellulose-Mesh im apikalen Drittel der Zahnhöhle, der zuvor in einer 5%igen TXA eingeweicht wurde sowie das Legen einer resorbierbaren Naht [5]. Wer Patienten einen Vorrat an Spüllösung direkt mitgeben möchte, muss an die Konservierung der Lösung denken.
Das Wichtigste in Kürze |
Tranexamsäure ist eine überlegenswerte Alternative Die Anwendung von Tranexamsäure als Mundspüllösung senkt Nachblutungen nach kleinen zahnmedizinischen operativen Eingriffen (z. B. Extraktionen) und wird von Wissenschaftlern empfohlen. Bei Patienten unter bestehender Antikoagulantientherapie ist Tranexamsäure konventionellen Maßnahmen und anderen Hämostatika bei der Reduzierung postoperativer Blutungen überlegen. |
- [1] Schwaiger M, Wallner J, Zemann W, Aichner S, Zrnc T, Metzler P. Die Anwendung von Tranexamsäure (Cyklokapron®) in der Zahnmedizin. October 2021. Swiss Dental Journal 131(10):-827-829. doi.org/10.61872/sdj-2021-10-03
- [2] Ockerman A, Miclotte I, Vanhaverbeke M, Vanassche T, Belmans A, Vanhove J, Meyns J, Nadjmi N, Van Hemelen G, Winderickx P, Jacobs R, Politis C, Verhamme P. Tranexamic acid and bleeding in patients treated with non-vitamin K oral anticoagulants undergoing dental extraction: The EXTRACT-NOAC randomized clinical trial. PLoS Med. 2021 May 3;18(5):e1003601. doi.org/10.1371/journal.pmed.1003601.
- [3] Engelen ET, Schutgens RE, Mauser-Bunschoten EP, van Es RJ, van Galen KP. Antifibrinolytic therapy for preventing oral bleeding in people on anticoagulants undergoing minor oral surgery or dental extractions. Cochrane Database Syst Rev. 2018 Jul 2;7(7):CD012293. doi.org/10.1002/14651858.CD012293.pub2.
- [4] Mahardawi B, Jiaranuchart S, Arunjaroensuk S, Tompkins KA, Somboonsavatdee A, Pimkhaokham A. The effect of different hemostatic agents following dental extraction in patients under oral antithrombotic therapy: a network meta-analysis. Sci Rep. 2023 Aug 2;13(1):12519. doi.org/10.1038/s41598-023-39023-7.
- [5] Schindler C, Kirch W. Tranexamsäure bei Patienten mit Antikoagulantientherapie. iww.de/s12043
AUSGABE: ZR 1/2025, S. 16 · ID: 50243815