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CME-Beitrag Implantate: Weichgewebsmanagement in der ästhetischen Zone
| Implantate ragen von der Gingiva aus in die Mundhöhle, daher spielt die biologische Architektur des umgebenden Weichgewebes eine erhebliche Rolle. Es schützt den Knochen vor Entzündungen, die in der Gingiva ihren Ausgang nehmen. Knochen und Weichgewebe beeinflussen sich dabei gegenseitig, wie ein systematisches Review gezeigt hat [1]. |
Implantatplanung muss Weichgewebsarchitektur mit einbeziehen
Viele Erkrankungen, die für eine langfristige Implantatfunktion bedeutsam sind, wie Periimplantitis und periimplantäre Mukositis, nehmen ihren Ausgangspunkt in der das Implantat umgebenden Mukosa. Eine gewisse Dicke und Qualität der Weichgewebsmanschette in Form von keratinisierter Gingiva scheint ein präventiver Faktor zu sein, um den periimplantären Knochen zu schützen. Um günstige Voraussetzungen für diesen Schutz müsse man sich vor einer Implantation kümmern, führte Professor Dr. Stefan Fickl beim Winterfortbildungskongress der Zahnärztekammer Niedersachsen Anfang Februar 2024 aus [2]. Es reiche nicht aus, erst zu implantieren und dann abzuwarten, ob sich die Weichgewebe von selbst in ausreichender Dimension einstellen.
Was braucht es für Ästhetik und Entzündungsprophylaxe?
Für ein ästhetisch gelungenes und stabiles Ergebnis braucht es ein knöchernes und ein Weichgewebsfundament. Von ausreichend Hartgewebsvolumen zum Schutz vor Rezessionen kann ausgegangen werden, wenn bukkal eine Knochenstärke von ca. zwei Millimetern vorhanden ist. In einer Schweizer Studie waren an 20 Implantaten, die eine im DVT erkennbare durchschnittliche labiale Knochenwand von etwa 1,9 Millimeter aufwiesen, nach 6 Jahren keine Schleimhautrezession eines Millimeters oder mehr aufgetreten [3].
Es braucht immer ausreichend Hart- und Weichgewebe
Ein ausreichendes Weichgewebsvolumen verbessert nicht nur die Ästhetik, sondern reduziert auch Entzündungen [1].
Eine systematische Übersicht [1] hat gezeigt, dass eine Weichgewebeaugmentation im Vergleich zu keiner Weichgewebeaugmentation zwar nur inkonsistente, geringfügige Veränderungen des Knochenniveaus zur Folge hatte. Eine Weichgewebeaugmentation verbesserte jedoch durchweg die sekundären Ergebnisse wie u. a. die Implantatüberlebensrate, die Breite der keratinisierten Gingiva, die Inzidenz von Periimplantitis und Anzeichen einer Entzündung in Form von Blutungswerten. Die kombinierte Augmentation von Weich- und Hartgewebe zeigte im Vergleich zur Augmentation von Hartgewebe allein keinen statistisch signifikanten Unterschied in Bezug auf marginale Veränderungen des Knochenniveaus, führte jedoch zu einer geringeren Rezession des marginalen Weichgewebes, wie eine Metaanalyse innerhalb des Reviews zeigte. Periimplantäre Weich- und Hartgewebe scheinen demnach eine bidirektionale Beziehung zu haben. Der Knochen ist das harte Fundament, das das Weichgewebe stützt. Das Weichgewebe wiederum schützt den Knochen [1].
Ohne Kombination kein perfektes Ergebnis
Das hat auch eine belgische Studie gezeigt, in der die Zunahme an Volumen nach gesteuerter Knochenregeneration (GBR= guided bone regeneration) mit und ohne Bindegewebstransplantat (CTG= connective tissue graft) verglichen wurde. Es sollte damit die Konvexität an der bukkalen Seite einzelner Implantate wiederhergestellt werden [4].
Nach einem alleinigen weichgeweblichen Aufbau zeigten 38 Prozent der Fälle kein perfektes Ergebnis. Und: Nach alleinigem hartgeweblichem Aufbau zeigten 58 Prozent der Fälle kein perfektes Ergebnis. Diese Ergebnisse zeigen, dass das eine ohne das andere nicht ideal funktioniert. Es braucht Knochen als Fundament, um das Weichgewebe gut zu stützen.
Das Wichtigste in Kürze |
Implantate brauchen ausreichend Knochen und Weichgewebe Implantate – besonders in der ästhetischen Zone – brauchen ausreichend Knochen und Weichgewebe. Bestehen bei komplexen Fällen Hart- und Weichgewebsdefekte, muss auch hart- und weichgeweblich augmentiert werden. Grundsätzlich sollten Behandler:innen in der ästhetischen Zone immer auch den Aspekt des Zahnerhalts auf konservierendem, parodontalem, prothetischem oder kieferorthopädischem Weg bedenken und mit dem Patienten diskutieren, bevor man sich gleich für einen oft aufwendigen Weg der Implantation und Augmentation entscheidet. |
- [1] Fickl S, Therese Kröger A, Dietrich T, Kebschull M. Influence of soft tissue augmentation procedures around dental implants on marginal bone level changes-A systematic review. Clin Oral Implants Res. 2021 Oct;32 Suppl 21:108–137. doi.org/10.1111/clr.13829.
- [2] Prof. Dr. Stefan Fickl, Fürth, Vortrag „Implantate in der ästhetischen Zone – optimales Weichgewebsmanagement“, 71. Winterfortbildungskongress der Zahnärztekammer Niedersachsen, 03.02.2024.
- [3] Buser D, Chappuis V, Kuchler U, Bornstein MM, Wittneben JG, Buser R, Cavusoglu Y, Belser UC. Long-term stability of early implant placement with contour augmentation. J Dent Res. 2013 Dec;92(12 Suppl):176S-82S. doi.org/10.1177/0022034513504949.
- [4] De Bruyckere T, Cabeza RG, Eghbali A, Younes F, Cleymaet R, Cosyn J. A randomized controlled study comparing guided bone regeneration with connective tissue graft to reestablish buccal convexity at implant sites: A 1-year volumetric analysis. Clin Implant Dent Relat Res. 2020 Aug;22(4):468–476. doi.org/10.1111/cid.12934.
AUSGABE: ZR 5/2024, S. 13 · ID: 49989573