FeedbackAbschluss-Umfrage

VersicherungsrechtAktuelles aus dem Versicherungsrecht von A bis Z

Abo-Inhalt12.07.2023731 Min. Lesedauer

| Jeden Monat entscheiden deutsche Gerichte Hunderte von Streitigkeiten zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern (VN). Hier finden Sie die Quintessenz der wichtigsten Urteile und Beschlüsse von A bis Z – sortiert nach Personen- und Sachversicherung. |

Übersicht / Aktuelle Entscheidungen zur Personenversicherung

Berufsunfähigkeitsversicherung

  • Nichtangabe von Lampenfieber unterhalb der Schwelle zur krankhaften Prüfungsangst

Fragt der Versicherer nach „Krankheiten oder Beschwerden“, muss ein bloßes Lampenfieber unterhalt der Schwelle zur krankhaften Prüfungsangst nicht angegeben werden, auch wenn es Anlass dafür war, einen Arzt aufzusuchen (OLG Dresden, Urteil vom 06.12.2022, Az. 4 U 1215/22, Abruf-Nr. 235857).

Leidensbedingte Reduzierung der Berufstätigkeit in der Berufsunfähigkeitsversicherung

Zunehmende Einschränkungen der Berufstätigkeit haben in der Berufsunfähigkeitsversicherung bei dem erforderlichen Vergleich der aktuellen Berufsfähigkeit mit derjenigen in gesunden Tagen auch dann unberücksichtigt zu bleiben, wenn sie nicht nachweislich ausschließlich leidensbedingt erfolgt sind (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18.11.2022, Az. 7 U 113/20, Abruf-Nr. 236044).

Krankenversicherung

Beitragsanpassung in der privaten Krankenversicherung bei abgesenktem Schwellenwert

Wirksam ist eine Regelung in allgemeinen Versicherungsbedingungen, die bei einer unterhalb von zehn Prozent liegenden Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen (abgesenkter Schwellenwert) lediglich eine Möglichkeit, nicht aber eine Verpflichtung des Versicherers zur Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Prämien vorsieht (OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.04.2023, Az. 12 U 277/21, Abruf-Nr. 234952).

Darlegungslast bei Herabsetzung eines Risikozuschlags in der Krankenversicherung

Die primäre Darlegungslast und Beweislast für den Wegfall gefahrerhöhender Umstände, die einen individuellen Risikozuschlag begründen, trifft gemäß § 41 VVG den VN; im Weiteren kann den Versicherer eine sekundäre Darlegungslast treffen. Legt der VN einer Krankheitskostenversicherung durch die Vorlage von Laborbefunden und eine Stellungnahme des ihn behandelnden Arztes Umstände dar, die in Ansehung eines Risikozuschlags die Herabsetzung der Prämie gem. § 41 VVG indizieren, obliegt es dem Versicherer im Rahmen einer sekundären Darlegungslast näher vorzutragen, da dem VN, der außerhalb der versicherungsinternen Kalkulation der Risikozuschlagsherabsetzung steht, ein weitergehender Vortrag nicht möglich ist (LG München I, Endurteil vom 07.03.2023, Az. 12 S 12059/22, Abruf-Nr. 235316).

Lebensversicherung

Keine Pflicht eines EU-Versicherers zur Angabe einer Nicht-Zugehörigkeit zum deutschen Sicherungsfonds

Ein Lebensversicherer mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat der EU oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum musste in der Verbraucherinformation gemäß Abschnitt I Nr. 1 Buchst. i der Anlage Teil D zum Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG a. F). nicht angeben, dass er dem deutschen Sicherungsfonds für die Lebensversicherung i. S. v. § 124 VAG a. F. nicht angehörte (BGH, Urteil vom 26.04.2023, Az. IV ZR 300/22, Abruf-Nr. 235650).

Lebensversicherung im Policenmodell: Anforderungen an die Widerspruchsbelehrung

Wird in einer Widerspruchsbelehrung zwar zutreffend auf die von Gesetzes wegen erforderliche Textform für den Widerspruch hingewiesen, an anderer Stelle des Versicherungsscheins aber für Willenserklärungen an die Konsortialführerin die Schriftform verlangt, fehlt es der Widerspruchsbelehrung an der gebotenen Klarheit. Die spätere Ausübung des Widerspruchsrechts verstößt jedoch gegen Treu und Glauben, da lediglich ein geringfügiger Belehrungsfehler vorliegt (OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.04.2023, Az. 12 U 335/21, Abruf-Nr. 235328).

Übersicht / Aktuelle Entscheidungen zur Sachversicherung

Betriebshaftpflichtversicherung

Deckungsschutz in der Betriebshaftpflichtversicherung

Knüpfen die Versicherungsbedingungen in einer Betriebshaftpflichtversicherung den Versicherungsfall an den Eintritt eines Schadenereignisses, „als dessen Folge die Schädigung eines Dritten unmittelbar entstanden ist“, ist das im Zeitpunkt der Geltendmachung des Haftpflichtanspruchs geltende intertemporale Recht anzuwenden, wenn unklar ist, wann dieses Ereignis (hier: Feuchteschäden in einer Tiefgarage) genau eingetreten ist (OLG Dresden, Urteil vom 20.12.2022, Az. 4 U 492/22, Abruf-Nr. 234816).

Hausratversicherung

Haftungsgrenze für Diebstahl aus einem verschlossenen Kraftfahrzeug

Verspricht ein Hausratversicherer zusätzlich Versicherungsschutz für Diebstähle aus einem verschlossenen Kfz, kann dafür eine Haftungsgrenze in Höhe von 1.000 Euro wirksam vereinbart werden (OLG Hamm, Urteil vom 08.11.2022, Az. 20 U 287/22, Abruf-Nr. 235474).

Kfz-Versicherung

Nutzungsausfall statt Mietwagenkosten möglich – zwei Urteile

Dass der Geschädigte einen Mietwagen für die Dauer der Reparatur hatte, hindert ihn nicht daran, statt der Erstattung der Mietwagenkosten die pauschalierte Nutzungsausfallentschädigung zu verlangen (AG Frankfurt, Urteil vom 16.06.2023, Az. 30 C 3121/21 (87), Abruf-Nr. 235849, AG München, Urteil vom 31.05.2023, Az. 322 C 18445/22, Abruf-Nr. 235902).

Kein Neu-für-Alt bei Brillengläsern

Müssen durch einen Verkehrsunfall beschädigte Brillengläser durch neue ersetzt werden, ist kein Raum für einen Abzug Neu-für-Alt (AG Schwandorf, Urteil vom 19.04.2023, Az. 2 C 263/22, Abruf-Nr. 235031).

Restwert: Restwertangebot aus Polen muss nicht akzeptiert werden

Ein vom Versicherer präsentiertes, den im Gutachten ermittelten Restwert übersteigendes Angebot aus Polen muss der Geschädigte nicht akzeptieren (AG Bergisch-Gladbach, Urteil vom 29.03.2023, Az. 61 C 183/22, Abruf-Nr. 235262, eingesandt von Rechtsanwalt Volker Klein, Rösrath).

Reiseversicherung

ABRV § 1 Nr. 1 Buchst. a: Ersatz von Bonusmeilen bei Reiserücktritt

Die vom Versicherer gemäß § 1 Nr. 1 Buchst. a ABRV im Versicherungsfall zu leistende Entschädigung für die einem Reiseunternehmen oder einem anderen vertraglich geschuldeten Rücktrittskosten umfasst auch den Ersatz für Bonusmeilen, die eine versicherte Person zur Begleichung angefallener Reisekosten eingesetzt hat und die sie gemäß den Bedingungen des Bonusmeilenprogramms nach Stornierung der Reise nicht erstattet erhält (BGH, Urteil vom 01.03.2023, Az. IV ZR 112/22, Abruf-Nr. 234449).

Wohngebäudeversicherung

Nach Ende des Gebäudeleerstands ist das Leitungswasserrisiko nicht automatisch versichert

Eine automatisch einsetzende Versicherung des Risikos „Leitungswasser“ nach Beendigung des Leerstands besteht nicht, wenn das Gebäude bisher nur gegen die Risiken Feuer/Sturm versichert ist (OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2023, Az. 20 U 94/21, Abruf-Nr. 234996).

  • Überraschende Klausel betreffend Versichererwechsel durch „Verwalter“

Eine Klausel in einem Versicherungsvertrag, nach der ein vom Versicherer eingesetzter „Verwalter“ berechtigt sein soll, dass auf der Grundlage des Vertrags versicherte Risiko jederzeit durch Kündigung und Neuabschluss des Versicherungsvertrags bei einem anderen VN in Deckung zu geben, insbesondere ohne Zustimmung des VN, ist evident überraschend. Die insoweit vorgesehene Einschränkung, dass dies nur gelten solle bei gleich bleibendem oder besseren Versicherungsschutz, macht die Klausel nicht weniger überraschend (AG Neumünster, Urteil vom 06.10.2022, Az. 31 C 88/22, Abruf-Nr. 235852).

Weiterführender Hinweis
  • Wer nach diesem ersten Überblick tiefer einsteigen möchte, findet alle Urteile im Volltext auf vvp.iww.de. Geben Sie dazu in den Suchschlitz (oben rechts auf der Website) die genannte sechsstellige Abruf-Nr. ein.

AUSGABE: VVP 8/2023, S. 27 · ID: 49475381

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2023

Bildrechte