Logo IWW Institut für Wissen in der Wirtschaft
Login
FeedbackAbschluss-Umfrage

ProvisionsweitergabeSo sind die verschiedenen Provisionsweitergaben und Eigenprovisionen zu versteuern

Top-BeitragAbo-Inhalt28.09.20228222 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Viele Versicherungsvermittler gewähren „Tippgebern“ für den Neuabschluss einer Versicherung einen Teil der Provision, die sie vom Versicherer erhalten haben. Manchmal wird sogar dem künftigen Versicherungsnehmer ein Teil der Provision gewährt. Für den Empfänger der (Teil-)Provision stellt sich dann die Frage, ob es sich um einkommen- und umsatzsteuerpflichtige Einkünfte handelt. VVP erläutert aus diesem Anlass die verschiedenen Besteuerungsmodalitäten. |

Die Tätigkeit eines „Tippgebers“

Tippgeber sind Personen, die sich darauf beschränken, Möglichkeiten zum Abschluss von Versicherungsverträgen namhaft zu machen bzw. Kontakte zwischen einem Versicherungsnehmer und einem Versicherungsvermittler bzw. einem Versicherungsunternehmen herzustellen. Dies geschieht regelmäßig durch die Aufnahme von allgemeinen Kontaktdaten des Kunden und Weitergabe dieser Kundendaten (z. B. Name, Anschrift, Handynummer, E-Mail usw.) an den Versicherungsvermittler.

Eine Beratungsleistung erbringt der Tippgeber nicht. Deshalb darf die Tätigkeit eines Tippgebers auch nie in seiner Person zu einem Vertragsschluss führen. Aus diesem Grund unterliegt die Tätigkeit des Tippgebers per se nicht dem Bereich des regulierten Versicherungsvertriebs. Echte Tippgeber sind zivilrechtlich weder als Versicherungsvermittler tätig noch erbringen sie eine Beratungsleistung. Es handelt sich bei der Tätigkeit als Tippgeber um ein freies Gewerbe i. S. v. § 376 GewO. Daher muss der Tippgeber ein Gewerbe anmelden, sofern er nachhaltig mit Gewinnerzielungsabsicht tätig wird.

Die Vergütung für den Tippgeber ist gesetzlich nicht definiert und kann frei vereinbart werden. Üblich sind erfolgsabhängige Vergütungen. Die Höhe bemisst sich deshalb regelmäßig nach dem Wert des vermittelten Vertrags oder der Provision, die der Versicherer an den Vermittler zahlt. Ein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB besteht für den Tippgeber nicht.

Vier Tippgeber-Varianten und die Einkommensteuer

Tippgeber kann jedermann sein, also ein Versicherungsvermittler genauso wie ein Nicht-Versicherungsvermittler. Für die Einkommensteuer sind daher folgende vier Tippgeber-Konstellationen zu unterscheiden:

  • 1. Tippgeber ist Versicherungsvermittler, der einen Kunden zu einem anderen (ggf. spezialisierteren) Vermittler vermittelt.
  • 2. Tippgeber ist eine Person, die regelmäßig und nachhaltig als Tippgeber tätig wird und daher einen Gewerbebetrieb führt.
  • 3. Tippgeber ist eine Person, die nur gelegentlich (ggf. einmalig) tätig wird.
  • 4. Empfänger der Tippgeber-Provision ist der Versicherungsnehmer (VN).
  • Wichtig | Nach § 48b VAG ist es dem Vermittler untersagt, dem VN, der versicherten Person oder Bezugsberechtigten aus einem Versicherungsvertrag im größeren Stil Sondervergütungen zu versprechen oder zu gewähren (BaFin-Merkblatt vom 21.10.2020, Abruf-Nr. 231050). Bei der Weitergabe eines Teils der Provision handelt es sich um eine mittelbare Zuwendung im Sinne dieser Vorschrift (§ 48b Abs. 2 Nr. 1 VAG). Die Praxis zeigt allerdings, dass gelegentlich dennoch entsprechend gehandelt wird.

Variante 1: Tippgeber ist Versicherungsvermittler

Vermittelt ein Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler einen Kunden an einen anderen Versicherungsvermittler und erhält er dafür vom anderen Vermittler eine Tippgeber-Provision, so ist diese innerhalb seines Gewerbebetriebs als Betriebseinnahme zu erfassen.

Beispiel

Kunde K möchte bei Versicherungsvermittler V umfangreiche Pferdeversicherungen abschließen. Da V hierauf nicht spezialisiert ist, vermittelt er seinen Kunden an Versicherungsvermittler P. Bei diesem schließt der Kunde entsprechende Verträge ab. P zahlt an V als Tippgeber eine Provision von 250 Euro.

Lösung: V muss die 250 Euro gewinnerhöhend als Betriebseinnahme erfassen, während P den Betrag als Betriebsausgabe geltend macht.

Variante 2: Tippgeber wird mit der Tippgebertätigkeit gewerblich tätig

Die Tätigkeit des Tippgebers kann so umfangreich sein, dass er mit der Tätigkeit gewerblich tätig wird; er vermittelt also regelmäßig, nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht Kunden an einen oder mehrere Versicherungsvermittler. In dem Fall hat der Tippgeber die erhaltenen Provisionen innerhalb seines Gewerbebetriebs („Tippgeber-Gewerbe“) als Betriebseinnahme zu erfassen und zu versteuern.

Variante 3: Tippgeber wird nur gelegentlich tätig

Wird der Tippgeber nur gelegentlich tätig, so handelt es sich bei der Tätigkeit nicht um einen Gewerbebetrieb. Die Provision als Tippgeber unterliegt gleichwohl der Besteuerung, konkret als sonstige Einkünfte i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG. Denn der Tippgeber nimmt die Provision im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der von ihm erbrachten Tippgeber-Tätigkeit an (BFH, Urteil vom 21.09.2004, Az. IX R 13/02, Abruf-Nr. 042884). Das gilt selbst dann, wenn der Tippgeber nur einmalig vermittelnd tätig geworden ist (FG Niedersachsen, Urteil vom 25.01.2005, Az. 13 K 555/00, Abruf-Nr. 052758, BFH, Urteil vom 27.06.2006, Az. IX R 25/05, Abruf-Nr. 070421).

Von den Einnahmen als Tippgeber (Provisionen) sind die entstandenen Aufwendungen abzuziehen (typischerweise Fahrtkosten zum Vermittler bzw. Kunden). Im Saldo ergeben sich dann die Einkünfte. Für diese gilt:

Beispiel

Tippgeber T vermittelt einmalig einen Kunden an Versicherungsvermittler V. Im Gegenzug für den erfolgreichen Vertragsabschluss erhält T eine Provision von 400 Euro. Ihm sind in dem Zusammenhang Fahrtkosten mit 25 Euro entstanden.

Lösung: Auch aus der einmaligen Tätigkeit als Tippgeber erzielt T sonstige Einkünfte i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG. Die Einkünfte betragen nach Abzug der Aufwendungen 375 Euro. Da diese die Freigrenze von 255,99 Euro übersteigen, unterliegen sie bei T in voller Höhe dem individuellen Spitzensteuersatz.

Praxistipp | Ist der Tippgeber als Arbeitnehmer tätig und erzielt er neben dem Arbeitslohn weitere Einkünfte in Höhe von maximal 410 Euro jährlich (z. B. als Tippgeber), unterliegen diese nicht der Besteuerung (Härteausgleich, § 46 Abs. 3 EStG). Liegt das Nebeneinkommen zwischen 411 und 819 Euro, unterliegt zumindest ein Teil nicht der Besteuerung (§ 46 Abs. 5 EStG i. V. m. § 70 EStDV).

  • Betragen die Einkünfte
    • mindestens 256 Euro, unterliegen sie in voller Höhe der Besteuerung zum individuellen Spitzensteuersatz des Tippgebers.
    • zwischen null und maximal 255,99 Euro, sind sie nicht steuerpflichtig (Freigrenze bis 255,99 Euro, kein Freibetrag!). Die Freigrenze gilt bei Ehegatten für jeden Ehegatten gesondert (R 22.8 EStR).
  • Belaufen sich die Einkünfte auf einen negativen Betrag, so kann der Verlust nicht im selben Jahr mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden. Der Verlust kann aber in das Vorjahr zurückgetragen und dort mit positiven Einkünften aus der Tätigkeit als Tippgeber verrechnet werden. Alternativ wird der Verlust in künftige Jahre vorgetragen und wird mit künftigen positiven Einkünften als Tippgeber verrechnet (§ 10d EStG).

Variante 4: Provisionsempfänger ist der VN

Anders sieht es aus, wenn der Versicherungsvermittler einen Teil seiner Provision/Courtage an den VN weiterleitet. Denn in diesem Fall hat der VN keine unter § 22 Nr. 3 EStG fallende Vermittlungstätigkeit erbracht. Er wurde nicht als Tippgeber tätig, weil er sich nicht selbst an den Versicherungsvermittler vermittelt hat. Vielmehr nimmt alleine der Versicherungsvermittler Tätigkeiten vor. Der VN erhält durch die Weitergabe eines Teils der Provision/Courtage des Vermittlers lediglich einen Teil des Geldes zurück, das er über die zu leistenden Versicherungsprämien wirtschaftlich trägt.

Alleine die Verschaffung der Möglichkeit, einen Provisionsanspruch zu erwerben, ist steuerlich kein bedeutsamer Vorgang i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG, sondern Folge der auf die Vermittlungsleistung des Versicherungsvermittlers gerichteten Vereinbarung. Die Auszahlung der Provision an den VN mindert damit lediglich den Preis der Versicherung (ähnlich wie ein Provi-sionsnachlass). Entsprechend urteilte auch der BFH (Urteil vom 02.03.2004, Az. IX R 68/02, Abruf-Nr. 041012).

Beispiel

Kunde K schließt mit Versicherungsvermittler V einen privaten Versicherungsvertrag ab. Dafür stehen V Provisions-Courtageansprüche gegen den Versicherer zu. V verpflichtete sich in einer gesonderten Vereinbarung mit K dazu, diesem die Provision teilweise auszuzahlen.

Lösung: K erhält die Provision nicht als Tippgeber. Vermittlungstätigkeiten, die unter § 22 Nr. 3 EStG fallen, hat er nicht erbracht. Eine Besteuerung nach § 22 Nr. 3 EStG scheidet aus, und für K fällt keine Steuer an. Parallel kann der V die weitergegebene Provision als Betriebsausgabe abziehen.

Wird eine Provision bei kreuzweiser Vermittlung von Verträgen und wechselseitiger Weitergabe der dafür erhaltenen Provision gezahlt, unterliegt die Provision nach § 22 Nr. 3 EStG der Besteuerung (BFH, Urteil vom 27.06.2006, Az. IX R 25/05, Abruf-Nr. 070421). Gleiches gilt bei ringweiser Vermittlung von Versicherungen (BFH, Urteil vom 20.01.2009, Az. IX R 34/07, Abruf-Nr. 090838).

Ebenso unterliegt die Provision der Besteuerung, wenn der Kunde zwar VN ist, jedoch das Leben einer anderen Person versichert wird (BFH, Urteil vom 27.05.1998, Az. X R 94/96, Abruf-Nr. 98760).

Zwei Tippgeber-Varianten bei der Umsatzsteuer beachten

In umsatzsteuerlicher Hinsicht sind zwei Varianten zu unterscheiden:

  • 1. Tippgeber ist Versicherungsvermittler
  • 2. Tippgeber ist kein Versicherungsvermittler

Variante 1: Tippgeber ist Versicherungsvermittler

Ein Versicherungsvermittler ist ein Unternehmer i. S. v. § 2 Abs. 1 UStG. Zu seiner Tätigkeit gehört es, Kunden mit konkretem Versicherungsbedarf zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen. Die von ihm getätigten Umsätze können deshalb gemäß § 4 Nr. 11 UStG steuerfrei sein. Unter die Steuerbefreiung fallen zwar nur die Umsätze „aus der Tätigkeit als Versicherungsvermittler usw.“. Steuerfrei ist also nur die Vermittlung von Versicherungen sowie die damit in Zusammenhang stehenden Nebentätigkeiten (Betreuung der Kunden, Bestandspflege, Beratung, … sog. berufstypische Tätigkeiten eines Versicherungsvermittlers).

Jedoch fallen auch Leistungen eines Versicherungsvermittlers unter die Steuerbefreiung, wenn dieser zugleich zum Versicherer als auch zum VN in Beziehung steht (BFH, Urteil vom 06.09.2007, Az. V R 50/05, Abruf-Nr. 073881). Diese Beziehung kann auch mittelbarer Natur sein, indem z. B. Unterverträge mit einem Versicherungsvermittler geschlossen werden, der wiederum in unmittelbarer Verbindung zu einem Versicherer steht. Daher ist eine Zuführungsprovision, die ein Versicherungsvermittler nach erfolgtem Vertragsabschluss an einen Untervermittler zahlt, der den Kontakt zu dem Kunden hergestellt hat, nach § 4 Nr. 11 UStG umsatzsteuerfrei (BFH, Urteil vom 28.05.2009, Az. V R 7/08, Abruf-Nr. 092809 und Abschnitt 4.8.1 UStAE).

Beispiel

(Unter-)vermittler U schließt mit Spezialmakler S einen Vertrag, wonach U bei Benennung eines Interessenten und Abschluss eines Versicherungsvertrags eine Zuführungsprovision erhält. U führt dem S daraufhin verschiedene potenziell interessierte VN unter Hinweis auf deren konkreten Versicherungsbedarf zu und erhält von S insgesamt 5.000 Euro.

Lösung: Die Provision von 5.000 Euro ist nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfrei, da U mit seinen Leistungen im Kern jene erbringt, die unter die Steuerbefreiung fallen (konkret: Ausfindigmachen von den an einer Versicherung interessierten Personen und Zusammenbringen dieser über V mit dem Versicherer). S muss keine Umsatzsteuer zahlen (s. a. BFH, Urteil vom 28.05.2009, Az. V R 7/08, Abruf-Nr. 092809).

Variante 2: Tippgeber ist kein Versicherungsvermittler

Ist der Tippgeber kein Versicherungsvermittler, gelten die Grundsätze für Werbeagenten. Denn in diesem Fall holt der Tippgeber lediglich Kundendaten zur Vorbereitung eines Versicherungsabschlusses ein. Es werden in diesem Fall keine Leistungen erbracht, die einen spezifischen und wesentlichen Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften aufweisen. Die Leistungen dienen allenfalls dazu, als Subunternehmer den Versicherer oder den Vermittler bei den ihm selbst obliegenden Aufgaben zu unterstützen. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 11 UStG greift deshalb nicht. Die erbrachten Leistungen unterliegen der Umsatzsteuer (BFH, Urteil vom 06.09.2007, Az. V R 50/05, Abruf-Nr. 073881 und Urteil vom 28.05.2009, Az. V R 7/08, Abruf-Nr. 092809).

Beispiel

Ein Beamter nennt einem Versicherungsvermittler jährlich die Namen und Kontaktdaten neuer Beamtenanwärter, sodass dieser den Beamtenanwärtern Versicherungen vermitteln kann. Im Erfolgsfall erhält der Beamte eine Provision. Im letzten Jahr hat er 1.500 Euro erhalten.

Lösung: Der Beamte wird nicht als Versicherungsvermittler tätig, sodass die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 11 UStG nicht gilt. Die Provision unterliegt daher der Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz. Die vom Beamten zu zahlende Steuer beträgt 239,49 Euro (1.500 : 119 x 19). Parallel kann der Versicherungsvermittler keinen Vorsteuerabzug geltend machen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Die Umsatzsteuer führt damit zu einer effektiven Belastung.

Praxistipp | Findet allerdings die Kleinunternehmerregelung Anwendung (§ 19 Abs. 1 UStG), hat der Tippgeber mit der Umsatzsteuer doch nichts zu tun. Denn bei Anwendung der Kleinunternehmerregelung muss weder Umsatzsteuer an das Finanzamt gezahlt werden noch ist die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen erforderlich. Da die Kleinunternehmerregelung immer dann gilt, wenn aus allen unternehmerischen Tätigkeiten ein Jahresumsatz von maximal 22.000 Euro erzielt wird, greift diese Sonderregelung bei den meisten Tippgebern. Durch Anwendung der Kleinunternehmerregelung lässt sich die Umsatzsteuerbelastung vermeiden.

AUSGABE: VVP 10/2022, S. 11 · ID: 48534673

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2022

Bildrechte