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ArbeitgeberleistungenObstkorb für die Mitarbeiter – hält gesund, macht zufrieden und ist steuer- und beitragsfrei

Abo-Inhalt28.09.20225526 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Wer zufrieden ist, erbringt eine bessere Arbeitsleistung, und wer sich gesund ernährt, wird seltener krank. Beides können Sie steuer- und beitragsfrei fördern, indem sie Ihren Beschäftigten einen kostenlosen Obstkorb zur Verfügung stellen. Neben der Zufriedenheit steigt im Team auch das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung. VVP nennt die Details. |

Der Obstkorb als steuerfreie Aufmerksamkeit

Wenden Sie Ihren Mitarbeitern Geld oder andere Vorteile wie Sachbezüge zu, handelt es sich grundsätzlich um steuer- und beitragspflichtigen Arbeitslohn. Anders sieht es aus, wenn die Mitarbeiter lediglich eine Aufmerksamkeit erhalten. In diesem Fall sieht der Fiskus von der Besteuerung ab (R 19.6 Abs. 2 S. 1 LStR). Seine Begründung: Aufmerksamkeiten dienen lediglich der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes sowie der Schaffung günstiger betrieblicher Arbeitsbedingungen. Sie haben keinen Entlohnungscharakter. Arbeitslohn liegt deshalb nicht vor.

Aufmerksamkeiten

Zu den Aufmerksamkeiten gehören Getränke und Genussmittel, die Sie Ihren Mitarbeitern zum Verzehr im Betrieb unentgeltlich oder teilentgeltlich überlassen. Klassischerweise zählen Kaffee, Tee oder Wasser im Vermittlerbetrieb und kleinere Leckereien wie Süßigkeiten oder Gebäck hierzu.

Praxistipp | Auch ein Obstkorb, aus dem sich die Mitarbeiter frei und kostenlos bedienen können, ist als Aufmerksamkeit einzuordnen. Während Sie die Kosten für den Obstkorb als Betriebsausgabe geltend machen können, ergibt sich bei den Mitarbeitern kein steuerpflichtiger Arbeitslohn. Das gilt auch für das Obst, das Sie selbst verzehren.

Wichtig | Die Grenze der steuerfreien Aufmerksamkeiten wird überschritten, wenn Sie Ihren Mitarbeitern eine komplette Mahlzeit stellen (Frühstück, Mittag- oder Abendessen). Wenden Sie diesen jedoch als „Frühstück“ lediglich Getränke und Brötchen zu und müssen sich die Mitarbeiter selbst um den Belag kümmern, handelt es sich nach Ansicht des BFH noch um eine steuerfreie Aufmerksamkeit (BFH, Urteil vom 03.07.2019, Az. VI R 36/17, Abruf-Nr. 211195).

Aus Steuerfreiheit folgt Beitragsfreiheit

Positiver Nebeneffekt der Steuerbefreiung ist, dass der Vorteil durch den Obstkorb bei Ihrem Mitarbeiter auch sozialabgabenfrei ist (§ 1 Abs. 1 SvEV). Damit fallen weder Arbeitgeber- noch Arbeitnehmeranteile zu den Sozialversicherungen an.

Verzehr innerhalb und außerhalb des Betriebs

Aufmerksamkeiten unterliegen beim Mitarbeiter nur dann nicht der Besteuerung und lösen eine Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung aus, wenn der Verzehr innerhalb des Vermittlerbetriebs erfolgt. Nehmen die Mitarbeiter Obst, Getränke oder andere Genussmittel aber mit nach Hause und verzehren sie dort, handelt es sich nicht mehr um eine Aufmerksamkeit, sondern um einen geldwerten Vorteil. Dieser Vorteil ist grundsätzlich steuerpflichtig. Er ist nur dann steuerfrei, wenn er für den jeweiligen Mitarbeiter im Kalendermonat maximal 50 Euro beträgt (§ 8 Abs. 2 S. 11 EStG). Das Besondere: Für die 50-Euro-Grenze sind alle von § 8 Abs. 2 S. 1 EStG erfassten geldwerten Vorteile des Mitarbeiters zu addieren.

Beispiel

Versicherungsvermittler A gewährt seinen Mitarbeitern monatlich einen Tankgutschein im Wert von 50 Euro. Die Angestellte B nimmt zudem aus dem Obstkorb arbeitstäglich ein Stück Obst mit nach Hause (Wert: zehn Euro im Monat).

Lösung: Das mitgenommene Obst erfüllt nicht mehr die Voraussetzung einer Aufmerksamkeit. Damit beträgt der geldwerte Vorteil aus Sachbezügen insgesamt 60 Euro im Monat. Die ungünstige Folge ist: Die Freigrenze von 50 Euro wird überschritten, sodass in voller Höhe eine Steuer- und Beitragspflicht eintritt. A muss also überwachen, wo der Mitarbeiter den Vorteil genießt.

Praxistipp | Die Bereitstellung von Obst für Ihre Beschäftigten kann zusätzlich dem Bereich der Förderung der Gesundheit im Betrieb (§ 3 Nr. 34 EStG) zugeordnet werden. Gewähren Sie hier keine anderen Vorteile, haben Sie für die Gestellung von Obst einen Freibetrag von jährlich 600 Euro.

Fortführung Beispiel

Die zehn Euro monatlich für Obst sind nach § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei. Für die verbleibenden 50 Euro (Tankgutschein) gilt die Freigrenze von 50 Euro. Daher bleiben die Vorteile insgesamt steuer- und beitragsfrei.

Betriebsausgaben: Finanzamt verlangt Nachweise

Auch wenn es sich bei den Aufmerksamkeiten wie Kaffee, Tee, Gebäck, Keksen oder Obst nur um kleine Beträge handelt, müssen Sie diese gegenüber dem Finanzamt nachweisen. Andernfalls erkennt das die Betriebsausgaben bei Ihnen nicht an. Ein pauschaler Ansatz oder ein geschätzter repräsentativer Durchschnittswert aufgrund der Aufwendungen der vergangenen Jahre wird ebenfalls nicht akzeptiert. Sie müssen deshalb für getätigte Aufmerksamkeiten gegenüber dem Finanzamt einen entsprechenden Nachweis erbringen – und z. B. den Kassenbon aufbewahren.

Praxistipp | Es empfiehlt sich, Großbestellungen zu tätigen oder mit einem anderen Unternehmen einen Dauervertrag über die wöchentliche Lieferung eines Obstkorbs zu schließen, um den bürokratischen Aufwand zu reduzieren.

Ist der Obstkorb für Untervermittler problematisch?

Bei vielen Vermittlern könnten sich dennoch Probleme mit dem Obstkorb ergeben. Konkret immer dann, wenn neben eigenen Mitarbeitern auch selbstständige Untervermittler im Vermittlerbetrieb das Obst verzehren.

100 Prozent Betriebsausgabenabzug oder nur 70 Prozent (Bewirtung)?

Zunächst stellt sich die Frage, ob die Kosten für den Obstkorb in voller Höhe als Betriebsausgabe zu berücksichtigen sind. Denn gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG sind die Aufwendungen aus der Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass (also z. B. die Bewirtung des Untervermittlers) nur zu 70 Prozent abzugsfähig. Zudem müssen weitreichende Aufzeichnungs- und Nachweispflichten erfüllt werden (siehe insbesondere BMF, Schreiben vom 30.06.2021, Az. IV C 6 – S 2145/19/10003 :003, Abruf-Nr. 223336). Dies würde einen nahezu unmöglich erfüllbaren Arbeitsaufwand für Sie bedeuten.

Obst ist keine Bewirtung

Vor diesem Abzugsproblem stehen Sie glücklicherweise nicht. Denn eine Bewirtung liegt vor, wenn die Darreichung von Speisen und Getränken im Vordergrund steht.

Werden hingegen Aufmerksamkeiten in geringem Umfang (wie Kaffee, Tee, Gebäck oder Obst), z. B. anlässlich einer betrieblichen Besprechung gewährt, handelt es sich nicht um eine Bewirtung. Es handelt sich vielmehr um eine übliche Geste der Höflichkeit (R 4.10 Abs. 5 S. 1 Nr. 9 EStR). Die Kosten sind damit voll und nicht nur zu 70 Prozent als Betriebsausgabe abzugsfähig.

Steuerpflicht beim Untervermittler?

Ein weiteres Problem stellt sich für den Untervermittler. Da dieser zu Ihnen als Betriebsinhaber nicht in einem Dienst- od er Arbeitsverhältnis steht, sind die Regelungen für Aufmerksamkeiten (R 19.6 Abs. 2 S. 1 LStR) und die Steuerbefreiung für Gesundheitsleistungen (§ 3 Nr. 34 EStG) nicht anwendbar. Damit müsste der Untervermittler den Vorteil grundsätzlich als Einnahme innerhalb seines eigenen Betriebs erfassen und versteuern.

Wichtig | Der Untervermittler sollte sich auf R 4.7 Abs. 3 EStR berufen. Danach ist bereits der Vorteil aus einer richtigen Bewirtung i. S. v. § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG nicht als Betriebseinnahme zu erfassen. Konsequenterweise muss auch das im Vermittlerbetrieb verzehrte Obst und der getrunkene Kaffee (Aufmerksamkeit) nicht erfasst und versteuert werden.

Fazit | Der Obstkorb bietet für einen Vermittlerbetrieb viele Vorteile und ist auch in der Praxis einfach zu handhaben. Selbst wenn sich Untervermittler oder Kunden und Geschäftspartner an diesem bedienen sollten, ergeben sich für den Vermittler keine weitergehenden Aufzeichnungspflichten. Er kann die Kosten des Obstkorbs in voller Höhe als Betriebsausgabe geltend machen, während sich keine der das Obst verzehrenden Personen Gedanken um eine Versteuerung machen muss.

AUSGABE: VVP 10/2022, S. 20 · ID: 48296557

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