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RentenversicherungSchenkung einer Rentenversicherung mit Todesfallabsicherung: FG Münster bejaht zwei Erwerbe

Top-BeitragAbo-Inhalt13.06.20225799 Min. LesedauerVon WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

| Das Modell „Leibrentenversicherung gegen Einmalbetrag mit sofort beginnender Rentenzahlung und Beitragsrückgewähr bei Tod“ ist streitanfällig. Aktuell hat das FG Münster entschieden, dass es sich bei der Schenkung einer solchen Rentenversicherung mit Todesfallabsicherung um zwei Erwerbe handelt, nämlich einerseits den Erwerb des Rentenbezugs und andererseits den Erwerb der Todesfallleistung. Sie sollten das Urteil kennen, wenn Sie Rentenversicherungen vermitteln. |

Streit um Erbschaftsteuer bei Auszahlung der Todesfallleistung

Im konkreten Fall hatte die Erblasserin E 2017 eine Leibrentenversicherung gegen Einmalbetrag mit sofort beginnender Rentenzahlung und Beitragsrückgewähr bei Tod abgeschlossen. Im Todesfall der versicherten Person sollte der noch nicht durch die garantierte Rente aufgezehrte Rest des Einmalbetrags als Todesfallleistung ausgezahlt werden. Versicherungsnehmerin (VN) und versicherte Person war E. Am 22.12.2017 schenkte E ihrer Tochter T mit Wirkung vom 01.01.2018 die Rechte aus der Rentenversicherung und behielt sich ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht an der Versicherung vor.

Finanzamt sah zwei Erwerbe

Das Finanzamt setzte Schenkungsteuer auf den 22.12.2017 in Höhe von null Euro fest. Der Kapitalwert der Rentenzahlungen entsprach dem Kapitalwert des Nießbrauchs, sodass sich diese Werte aufhoben. Im Bescheid wies das Finanzamt darauf hin, dass die Todesfallleistung erst bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer zu erfassen sei.

Mit Schreiben vom 20.03.2019 teilte das Finanzamt unter Ankündigung des Erbschaftsteuerbescheids mit, dass der Erwerb der Todesfallleistung beim Erbfall zu erfassen sei. Es handle sich um eine Schenkung unter Lebenden nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die Schenkungsteuer sei mit dem Tod der E am 03.02.2018 entstanden (§ 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG). Am 29.03.2019 setzte das Amt dann Erbschaftsteuer fest. Die Auszahlung der Todesfallleistung wurde als Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) angesetzt.

T sieht nur einen relevanten Erwerb

T war hingegen der Ansicht, dass die Todesfallleistung erbschaftsteuerlich irrelevant sei. Sie sei bereits durch die Schenkung VN geworden. Im Zeitpunkt des Todes der E sei daher kein erneuter Wechsel des Begünstigten erfolgt.

FG Münster bejaht Besteuerung der Todesfallleistung

Das FG beschritt einen eigenen Weg: Der Anspruch auf die Todesfallleistung sei nicht bereits in der Bewertung des im Rahmen des Schenkungsteuerbescheids besteuerten Rentenzahlungsanspruchs aufgegangen (FG Münster, Urteil vom 27.10.2021, Az. 3 K 1409/20 Erb, Abruf-Nr. 228735).

Schenkung unter Lebenden

Der Erwerb der Todesfallleistung ist keine Schenkung auf den Todesfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Denn die Übertragung der Versicherung erfolgte am 22.12.2017 unbedingt mit Wirkung zum 01.01.2018. T erlangte die Stellung als VN sofort. Der Erwerb der Todesfallleistung erfolgte vielmehr durch Schenkung unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).

Zeitpunkt der Steuerentstehung hinausgeschoben

Die Schenkungsteuer entstand nach § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG erst mit dem Tod der E. Nach dieser Vorschrift, die auch für Schenkungen gilt, entsteht die Schenkungsteuer für zu einem (unbedingten) Erwerb gehörende aufschiebend bedingte, betagte oder befristete Ansprüche erst mit dem Eintritt der Bedingung oder des Ereignisses.

Die Todesfallleistung ist eine betagte Forderung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG. Die Fälligkeit derselben war an den Tod der E, also an ein unbestimmtes Ereignis geknüpft. Noch nicht fällige Forderungen sind gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 12 Abs. 3 BewG nur dann sofort mit ihrem abgezinsten Wert anzusetzen, wenn die Fälligkeit zu einem feststehenden Zeitpunkt eintritt. Bei Forderungen, bei denen der Zeitpunkt des Eintritts des zur Fälligkeit führenden Ereignisses unbestimmt ist, versagt § 12 Abs. 3 BewG, weil es an einem bestimmten Zeitpunkt für den Eintritt der Fälligkeit mangelt und damit die Berechnungsgrundlage für eine Abzinsung fehlt (BFH, Urteil vom 21.04.2009, Az. II R 57/07, Abruf-Nr. 091924).

Auszahlung der Todesfallleistung beruht auf selbstständigem Anspruch

Obwohl die Todesfallleistung von der Dauer der Rentenzahlung abhängt, handelt es sich nach Ansicht des FG um einen eigenständigen Anspruch, der auch an andere Personen hätte abgetreten werden können. Auch nach Ablauf der durchschnittlichen Lebenserwartung, auch noch über zehn Jahre später, hätte ein Anspruch auf die Todesfallleistung bestanden. Statistisch war von der Auszahlung der Todesfallleistung auszugehen.

Relevanz für die Praxis

Der Fall betrifft eine gängige Gestaltung einer Rentenversicherung: Die schenkweise Übertragung der Versicherungsnehmerstellung bei einer Leibrentenversicherung gegen Einmalbetrag mit sofort beginnender Rentenzahlung und Beitragsrückgewähr bei Tod. Leider ist das Urteil des FG Münster rechtskräftig geworden, sodass der BFH keine Gelegenheit erhält, darüber zu entscheiden. So bleibt offen, ob solche Gestaltungen als alternatives Gestaltungsinstrument taugen, um steuerliche Bewertungsvorteile zu nutzen. Aus anderen finanzgerichtlichen Verfahren lässt sich allerdings die Tendenz ablesen, Rentenzahlung und Beitragsrückgewähr bei Tod für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke nicht zwingend als Einheit zu behandeln (FG Köln, Urteil vom 05.06.2019, Az. 7 K 739/19, Abruf-Nr. 229702; FG Münster, Urteil vom 13.09.2018, Az. 3 K 2766/16 Erb, Abruf-Nr. 206751).

AUSGABE: VVP 9/2022, S. 11 · ID: 48324146

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