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Krankenversicherung/SonderausgabenPrämienzahlungen und Bonusleistungen in der GKV – die aktuellen steuerlichen Spielregeln
| Ob und inwieweit Prämienzahlungen und Bonusleistungen gesetzlicher Krankenversicherungen (GKV) als Beitragsrückerstattung den Sonderausgabenabzug reduzieren, beschäftigte in letzter Zeit öfter die Finanzgerichte und den BFH. Nun hat sich die Finanzverwaltung positioniert und ihr über 50 Seiten starkes BMF-Schreiben vom 24.05.2017 in entsprechenden Passagen überarbeitet. Neu enthalten ist auch eine steuerzahlerfreundliche Vereinfachung. VVP macht Sie mit den steuerlichen Neuerungen vertraut und zeigt, wo sich steuerunschädliche Prämien ergeben. |
Das System der steuerschädlichen Beitragsrückerstattung
Beitragszahlungen an die Krankenversicherung sind – soweit die Aufwendungen die Basisabsicherung betreffen – nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG als Sonderausgabe abzugsfähig. Großer Vorteil: Das Gesetz sieht keine Höchstbeträge vor. Jeder gezahlte Euro wird steuermindernd berücksichtigt (§ 10 Abs. 4 S. 4 EStG). Beitragsrückerstattungen der Versicherer reduzieren im Gegenzug die abziehbaren Aufwendungen – soweit sie auf die Basisabsicherung entfallen. Unerheblich ist dabei, wie die Erstattung bezeichnet wird und ob sich der erstattete Beitrag bei ursprünglicher Zahlung überhaupt steuerlich ausgewirkt hat (BFH, Urteil vom 06.07.2016, Az. X R 6/14, Abruf-Nr. 189231).
Das aktuelle BMF-Schreiben
Unter den Begriff der steuerschädlichen Beitragsrückerstattung fallen deshalb grundsätzlich auch Prämienzahlungen (§ 53 SGB V) und Bonusleistungen (§ 65a SGB V). Etwas anderes gilt nur, wenn es sich bei der Bonusleistung um eine Leistung der GKV handelt. Diese wäre steuerneutral. In der Praxis ist deshalb zu unterscheiden, wann (Zeitpunkt) der Vorteil zufließt und ob es sich um eine Leistung der Krankenversicherung handelt oder ob eine steuerschädliche Beitragsrückerstattung vorliegt. Hierzu nimmt die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 16.12.2021 (Az. IV C 3 – S 2221/20/10012 :002, Abruf-Nr. 226550) Stellung.
Zuflusszeitpunkt bei Vorteilen aus einem Bonusprogramm
Versicherte, die bei ihrer Krankenversicherung an einem Bonusprogramm teilnehmen, können meist zwischen Geld- und Sachprämien sowie Gutschriften auf dem Bonuskonto wählen. Die Versicherung hat den Vorteil aus dem Bonusprogramm zu dem Zeitpunkt elektronisch der Finanzverwaltung zu melden, zu dem der Vorteil dem Grunde nach verfügbar ist. Konkret heißt das:
- Geldprämien im Zeitpunkt der Auszahlung des Geldbetrags
- Sachprämien im Zeitpunkt der Ausgabe der Sachprämie
- Gutschriften auf dem Bonuskonto im Zeitpunkt der Gutschrift
Typischerweise werden bei den meisten Krankenversicherungen jedoch nicht sofort Prämien gewährt. Vielmehr müssen Versicherte zunächst Bonuspunkte sammeln und können diese in Prämien umtauschen. Theoretisch muss die Krankenversicherungen deshalb die Bonuspunkte in Euro umrechnen und im Zeitpunkt der jeweiligen Gutschrift der Finanzverwaltung elektronisch melden. Das dies zu einem erheblichen Aufwand führen kann, ist klar.
Deshalb gestattet die Finanzverwaltung den Versicherern eine Vereinfachung: Kann der Bonuskontoinhaber erst mit dem Erfüllen bestimmter Mindestvoraussetzungen – z. B. nach einem gewissen Zeitablauf oder nach Erreichen einer bestimmten Anzahl von Bonuspunkten – über gutgeschriebene Punkte verfügen, können diese erst in dem Jahr gemeldet werden, in dem die Punkte in Form einer Sach- oder Geldprämie an die Versicherten ausgezahlt bzw. ausgegeben werden. Gleiches gilt, wenn sie die Wahl zwischen einer Geld- oder Sachprämie haben. Auch hier hat die elektronische Meldung erst für das Jahr der Ausübung des Wahlrechts zu erfolgen.
Wichtig | Bei kostenfreien Familienversicherungen kann regelmäßig nicht nur der Stammversicherte Bonuspunkte sammeln und Prämien beanspruchen, sondern auch alle kostenlos mitversicherten Personen (z. B. Kinder). Die Bonusleistungen sind jedoch in voller Höhe dem Stammversicherten (z. B. Elternteil) zuzurechnen.
Schädliche Beitragsrückerstattung oder unschädliche Leistung?
Schwierigkeiten bei der steuerlichen Einordnung treten insbesondere bei dem Bonus nach § 65a SGB V für gesundheitsbewusstes Verhalten auf. Hier ist zu unterscheiden:
Beispiele für unschädliche Leistung oder schädliche Rückerstattung | |
Unschädliche Leistung der GK | Steuerschädliche Rückerstattung |
Bonuszahlung für:
| Bonuszahlung für:
|
- Eine den Sonderausgabenabzug reduzierende Beitragsrückerstattung liegt vor, wenn sich der Bonus auf eine Maßnahme bezieht, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst ist (insbesondere gesundheitliche Vorsorge- oder Schutzmaßnahmen, z. B. zur Früherkennung bestimmter Krankheiten) oder für aufwandsunabhängiges Verhalten (z. B. Nichtraucherstatus, gesundes Körpergewicht) gezahlt wird.... im Rahmen des Basiskrankenversicherungs- schutzes schädlich ...
- Werden im Rahmen des § 65a SGB V hingegen Kosten für Gesundheitsmaßnahmen erstattet bzw. bonifiziert, die... und außerhalb des Basiskrankenversicherungsschutzes unschädlich
- nicht im regulären Versicherungsumfang des Basiskrankenversicherungsschutzes enthalten sind (z. B. Osteopathie-Behandlung) bzw. die der Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens dienen (z. B. Mitgliedschaft in einem Sportverein/Fitnessstudio) und
- von den Versicherten privat finanziert worden sind,
- handelt es sich um eine nicht steuerbare Leistung der Krankenkasse und nicht um eine Beitragsrückerstattung (BFH, Urteil vom 06.05.2020, Az. X R 30/18, Abruf-Nr. 217588). Die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge sind daher nicht um den Betrag der Kostenerstattung bzw. des darauf entfallenden Bonus zu mindern. Auf den Zeitpunkt des Abflusses der Kosten kommt es nicht an. Eine pauschale Bonusleistung muss die tatsächlich entstandenen bzw. entstehenden Kosten auch nicht exakt abdecken.
Praxistaugliche Vereinfachung der Finanzverwaltung
Damit müsste jeder Versicherer bei Bonusleistungen nach § 65a SGB V unterscheiden, für welche Leistungen der Bonus konkret gezahlt wird. Das ist schwer händelbar. Die Finanzverwaltung gestattet es deshalb – zunächst bis zum 31.12.2023 –, dass Bonuszahlungen auf Grundlage des § 65a SGB V bis zur Höhe von 150 Euro steuerunschädliche Leistungen der GKV darstellen. Nur darüber hinausgehende Zahlungen sind als Beitragsrückerstattung anzusehen und reduzieren den Sonderausgabenabzug.
Beispiel |
G ist gesetzlich versichert. Sie nimmt an einem Bonusprogramm nach § 65a SGB V teil und erhält für unterschiedlichste Maßnahmen Bonuspunkte. Ab erreichen eines bestimmten Punktestands kann G die Punkte in Geld- oder Sachprämien eintauschen. Die in den Jahren 2021 und 2022 gesammelten Punkte löst sie im Jahr 2022 gegen eine Geldprämie (200 Euro) ein. Lösung: Die im Jahr 2022 in eine Geldprämie eingelösten Punkte hat die Krankenversicherung der Finanzverwaltung zu melden, soweit es sich um eine Beitragsrückerstattung handelt. Der Versicherer muss prüfen, für welche Maßnahmen konkret die Punkte gewährt wurden und ob diese in die Kategorie „Beitragsrückerstattung“ oder „Leistung der Versicherung“ fallen. Er kann aber auch pauschal lediglich 50 Euro als Beitragsrückerstattung melden. |
... oder individuell auch mehr Praxistipp | Versicherte sind nicht an die pauschale Verteilung gebunden. Können sie nachweisen, dass Bonuszahlungen von mehr als 150 Euro auf unschädliche Leistungen der Krankenversicherung beruhen, hat das Finanzamt die gemeldete Beitragsrückerstattung zu reduzieren. |
Rückwirkende Anwendung des BMF-Schreibens
Die Finanzverwaltung wird das neu gefasste Schreiben nicht nur für künftige Prämienzahlungen und Bonusleistungen anwenden. Vielmehr gilt es auch für alle noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen. Haben Versicherte in den vergangenen Jahren Bonusleistungen nach § 65a SGB V als Beitragsrückerstattung erhalten und gegen die Steuerfestsetzung Einspruch eingelegt, können sie von den neuen Regeln profitieren.
AUSGABE: VVP 2/2022, S. 18 · ID: 47911431