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HaftpflichtversicherungVoraussetzungen einer Direktklage des Geschädigten gegen den Versicherer des Haftenden

Abo-Inhalt15.07.202511 Min. Lesedauer

| Im Transportgewerbe kann die Regulierung von Haftungsfällen angesichts von Subunternehmerverträgen und ausländischen Frachtführern oft schwierig und unübersichtlich sein. Der BGH hat in dem Zusammenhang entschieden, wann eine Direktklage des Geschädigten gegen den Versicherer des Haftenden möglich ist. |

1. Was war geschehen?

Die Klägerin ist alleiniger Verkehrshaftungsversicherer der N. S. GmbH (nachfolgend: VN). Die VN wurde von dem Spediteur R. beauftragt, eine Partie Pulvermischungen zu befördern. Der Spediteur R. hatte seinerseits einen entsprechenden Auftrag von der Versenderin des Transportguts erhalten. Die VN gab den Auftrag an den in Polen wohnhaften Frachtführer (Beklagter zu 1) weiter. Dessen Haftungsversicherung ist die Beklagte zu 2, die ihren Geschäftssitz ebenfalls in Polen hat.

Der Beklagte zu 1 nahm die Sendung in einwandfreiem Zustand auf sein Fahrzeug. Bei Ankunft bei der Empfängerin war die Ware massiv durchnässt. Die Empfängerin verweigerte die Annahme. Der Schaden lag bei ca. 92.000 EUR.

Der Spediteur R. wurde rechtskräftig verurteilt, Schadenersatz an den VR der Versenderin zu leisten. In diesem Rechtsstreit hatte die VN beiden Beklagten den Streit verkündet, nachdem ihr selbst von dem Spediteur R. der Streit verkündet worden war. Der VR des Spediteurs R. erwirkte sodann ein Urteil, mit dem die VN verurteilt wurde, den Schadensbetrag zu erstatten.

Die Klägerin beglich die Summe, die die VN zu zahlen hatte. Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt sie von den Beklagten gesamtschuldnerisch Ersatz von ihr gezahlter Beträge.

2. Das Problem: Die Klage gegen den polnischen Versicherer

Das LG hat der Klage stattgegeben (LG Mannheim 20.4.23, 25 O 40/22). Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert. Es hat die landgerichtliche Verurteilung des Beklagten zu 1 zur Zahlung bestätigt und die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Klage abgewiesen (OLG Karlsruhe 7.2.24,15 U 54/23).

Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des der Klage gegen die Beklagte zu 2 stattgebenden landgerichtlichen Urteils.

3. BGH klärt Voraussetzungen der Direktklage

Der BGH hat in seiner Entscheidung klargestellt, wann ein Direktanspruch des Geschädigten gegen den Versicherer des Haftenden möglich ist (20.2.25, I ZR 39/24, Abruf-Nr. 247788).

Er führte aus: Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 lässt eine Direktklage des Geschädigten gegen den VR des Haftenden zu, falls sie entweder nach dem auf das außervertragliche Schuldverhältnis oder nach dem auf den Versicherungsvertrag anzuwendenden Recht vorgesehen ist. Die Anwendbarkeit der Regelung setzt voraus, dass der Geschädigte gegen den Haftenden einen Anspruch aus einem außervertraglichen Schuldverhältnis hat. Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 ist nicht anwendbar, wenn dem Geschädigten aufgrund eines mit dem Haftenden geschlossenen Vertrags über die Beförderung von Gütern ein Schadenersatzanspruch zusteht.

Im Ergebnis ist die Direktklage vorliegend nicht möglich, da Art. 18 Rom-II -VO im Streitfall nicht anwendbar ist. Die Regelung setzt voraus, dass der Geschädigte gegen den Haftenden einen Anspruch aus einem außervertraglichen Schuldverhältnis hat. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, weil der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch der VN gegen den Beklagten zu 1 auf einem Frachtvertrag beruht. Es liegt also ein vertragliches und kein außervertragliches Schuldverhältnis vor.

4. BGH klärt das anwendbare Recht

Schließlich arbeitet der BGH auch heraus, welches Recht in diesen Fällen anwendbar ist. Ist nach Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 für das Verhältnis zwischen dem Geschädigten und seinem VR deutsches Recht maßgeblich, geht nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG nicht nur der frachtvertragliche Anspruch des Geschädigten, sondern auch dessen etwaiger Direktanspruch gegen den VR des Haftenden auf den VR über, soweit der VR den Schaden ersetzt hat.

Da die Haftpflichtversicherung gemäß § 7a Abs. 1 GüKG, mit der die gesetzliche Haftung während der Beförderung wegen Güter- und Verspätungsschäden bei Be- und Entladeort im Inland versichert wird, eine Pflichtversicherung ist, untersteht der Versicherungsvertrag nach Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 593/2008, Art. 46d Abs. 2 EGBGB insoweit dem deutschen Recht, auch wenn sowohl der Haftende als auch seine Versicherung ihren Sitz nicht im Inland haben.

AUSGABE: VK 7/2025, S. 119 · ID: 50417856

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