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HaftungWo allenfalls die Vollkaskoversicherung greift: Der Kinderunfall ohne Schutz des Geschädigten

Abo-Inhalt12.06.20254 Min. Lesedauer

| Viele Besitzer haben keine Vollkaskoversicherung für ihr Fahrzeug abgeschlossen. Das bedeutet bei manchem von einem Kind verursachten Unfall: Hier müssen sie selbst zahlen. Und wenn sie das nicht können, schaut auch die Werkstatt in die Röhre. VK gibt einen Überblick über die typischen „Gibt nix“-Konstellationen. |

1. Wenn Kind einen Unfallschaden verursacht – und die Haftung

Die Haftung hängt davon ab, wie alt das Kind zum Unfallzeitpunkt ist.

Kinder bis zum vollendeten siebten Lebensjahr, also bis zum Alter von sechs Jahren (weil man am Ende des ersten Lebensjahres ein Jahr alt wird, ist das siebte Lebensjahr vollendet, wenn das Kind sieben Jahre alt wird), haften für gar nichts, § 828 Abs. 1 BGB.

In § 828 Abs. 2 BGB ist zusätzlich geregelt, dass Kinder bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres nicht für Unfälle im Straßenverkehr haften. Mit der Erwägung, dass noch nicht einmal Erwachsene immer mit der Unübersichtlichkeit des Straßenverkehrs klarkommen, will der Gesetzgeber Kinder bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres auch insoweit schützen.

Wichtig | Bei einem Unfall im fließenden Verkehr haftet das Kind also auch dann nicht, wenn es den Unfall eindeutig verursacht hat.

Beispiele aus der BGH-Rechtsprechung

  • Ein Kind, acht Jahre alt, fährt mit dem Fahrrad auf der Straße und biegt nach rechts in eine Seitenstraße ein. Weil es zu schnell ist, nimmt es die Biegung nicht eng genug und stößt gegen ein in der Seitenstraße zum Linksabbiegen wartendes Auto → Kind haftet nicht. Obwohl das Auto wartend stand, ist es Teil des fließenden Verkehrs (BGH 17.4.07, VI ZR 109/06, Abruf-Nr. 071809).
  • Ein Kind, ebenfalls acht Jahre alt, rennt mit dem Fahrrad auf dem Gehweg und lässt das Fahrrad dann alleine rollen, das kollidiert mit fahrendem Auto → Kind haftet nicht (BGH 16.10.07, VI ZR 42/07, Abruf-Nr. 073620).

Der BGH hat jedoch einschränkend entschieden, dass ein ordnungsgemäß geparktes Auto ein Kind in der Altersgruppe von sieben bis einschl. neun Jahren nicht überfordert. Entsteht daran ein Schaden, z. B. weil das Kind mit dem Kinderfahrrad dagegen fährt → Kind haftet (BGH 30.11.04, VI ZR 335/03, Abruf-Nr. 043097 und 30.11.04, VI ZR 365/03, Abruf-Nr. 043098).

2. Eltern haften nicht für ihre Kinder

Auch wenn das berühmte gelbe Baustellenschild mit der Aufschrift „Eltern haften für ihre Kinder“ im kollektiven Gedächtnis ist: Es ist inhaltlich unzutreffend. Eltern haften nämlich nach der Gesetzeslage nicht für ihre Kinder. Allerdings kann es sein, dass sie für eine Nichtbeachtung ihrer Aufsichtspflicht haften, also insoweit für ein eigenes Versäumnis.

Jedoch ist die Gleichung „Das Kind hat einen Unfall verursacht, also haben die Eltern nicht aufgepasst“ zu einfach. Denn ein Kind muss je nach Alter mehr und mehr lernen, auch mal ohne lückenlose Aufsicht auszukommen. Denn sonst wird es immer hilflos bleiben.

Beispiele aus der Rechtsprechung

  • So hat der BGH in einem etwas anderen Zusammenhang (Fünfjähriger zerkratzt geparkte Autos) gesagt, dass nach einem bis dahin unauffälligen Kind dieses Alters im Abstand von etwa 20 bis 30 Minuten gesehen werden muss. Passiert der Schaden innerhalb dieser Zeiträume, haften die Eltern nicht (24.3.09, VI ZR 51/08, Abruf-Nr. 091580).
  • Das Amtsgericht Prüm hat z. B. geurteilt, dass sich jedenfalls im dörflichen Bereich auch ein fünfeinhalb Jahre altes Kind in gewissen Grenzen unbeaufsichtigt bewegen darf (AG Prüm 13.9.06, 6 C 146/06). Das gilt auch für den Straßenverkehr. Und je älter die Kinder werden, desto kleiner werden die elterlichen Aufsichtspflichten.

Wenn ein normal entwickeltes Kind im Alter von sechs Jahren auf dem zum Haus gehörenden Hof und auf dem Gehweg vor dem Haus Fahrrad fährt, muss es nicht ununterbrochen beaufsichtigt werden. Kommt es vom Gehweg ab und auf den Radweg, wo es mit einem anderen Radfahrer kollidiert, haften die Eltern nicht wegen eines Verstoßes gegen deren Aufsichtspflicht (OLG Hamm 8.2.13, 9 U 202/12, Abruf-Nr. 131852). Nicht anders wäre das, wenn es auf die Straße gekommen wäre und dadurch einen Unfall verursacht hätte.

Ein acht Jahre altes Kind darf auf vertrauten Strecken (Schulweg) in verkehrsruhiger Umgebung alleine mit dem Fahrrad unterwegs sein, ohne dass den Eltern deshalb ein Verstoß gegen die elterliche Aufsichtspflicht vorgeworfen werden kann. Kommt es dabei zu einem Unfall, haften weder das Kind noch die Eltern (AG Lippstadt 8.11.07, 26 C 454/07, Abruf-Nr. 073556).

3. Privathaftpflichtversicherung kann Risiko abdecken

Ein verbreitetes Missverständnis ist: Die Eltern sind doch versichert, dafür gibt es doch die Privathaftpflichtversicherung. Die Versicherung haftet nie selbst. Sie muss immer nur für die Haftung des VN einstehen. Haftet der nicht, zahlt der VR auch nicht. Allerdings bieten einige VR gegen Aufpreis an, auch für von Kindern verursachte Schäden einzustehen. Das wäre dann der letzte Hoffnungsschimmer.

AUSGABE: VK 6/2025, S. 106 · ID: 50407634

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