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ArzthaftungsrechtSchmerzensgeld für unterlassene Kontrolluntersuchung
| Ermittelt ein Arzt wenige Tage vor der Geburt bei einer Ultraschalluntersuchung der adipösen und an Gestionsdiabetes erkrankten Mutter ein Schätzgewicht des Kindes, welches unter dem vor drei Wochen in demselben Krankenhaus ermittelten Schätzgewicht liegt, so kann in dem Unterlassen der Vornahme oder Veranlassung einer Kontrolluntersuchung – vorbehaltlich abweichender sachverständiger Feststellungen im Einzelfall – ein (auch grober) Behandlungs- und Befunderhebungsfehler liegen. |
So entschied es das OLG Köln (10.2.25, 5 U 33/23, Abruf-Nr. 248289). Der Senat bestätigte, dass die Ultraschalluntersuchung nicht dem Facharztstandard entsprach. Sie war fehlerhaft vorgenommen worden. Das auf diese Weise falsch ermittelte Schätzgewicht von 3.299 Gramm lag unterhalb des früher geschätzten Werts von 3.475 Gramm. Das hätte die Ärztin dazu veranlassen müssen, eine erneute Fetometrie entweder selbst durchzuführen oder von einem anderen Arzt durchführen zu lassen.
Die in zweifacher Hinsicht technisch fehlerhafte Durchführung der Ultraschallmessung verbunden mit der Unterlassung einer weiteren Ultraschalluntersuchung, die den nicht mit einem zu erwartenden Wachstum des Kindes übereinstimmenden zweiten Messwert überprüfte, ist insgesamt als grober Befunderhebungsfehler zu qualifizieren. Wäre eine erneute technisch korrekt ausgeführte Ultraschalluntersuchung erfolgt, hätte sich ein reaktionspflichtiger Befund ergeben. Jedenfalls ist hiervon aufgrund der sich aus dem groben Behandlungsfehler ergebenden Beweislastumkehr prozessual auszugehen. Das OLG sprach daher letztlich ein Schmerzensgeld von 75.000 EUR zu.
AUSGABE: VK 6/2025, S. 92 · ID: 50407213