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PraxisfallKann der Vorstand Auskünfte verweigern?

Abo-Inhalt01.06.20226095 Min. Lesedauer

| Das Auskunftsrecht der Mitglieder gegenüber dem Vorstand ist ein persönliches und kann deswegen nicht durch Beschluss der Mitgliederversammlung eingeschränkt werden. |

Frage: In unserem Verein ist es zu einem erbitterten Streit über die künftige Ausrichtung gekommen. Der Vorstand hat die Mehrheit der Mitglieder hinter sich. In der Mitgliederversammlung hat er Mitgliedern der „Gegenpartei“ auf deren Nachfragen hin Auskünfte zu Geschäftszahlen verweigert und sich das durch einen Beschluss absegnen lassen. Kann er das? Unsere Satzung sagt dazu nichts.

Antwort: Das Informationsrecht der Mitglieder ist grundsätzlich ein individuelles. Nur im Sonderfall darf der Vorstand Auskünfte verweigern.

Auskunftsrecht ist gesetzlich verankert

Nach § 27 Abs. 3 BGB finden auf die Geschäftsführung des Vorstands die für den Auftrag geltenden Vorschriften (§§ 664 bis 670 BGB) Anwendung. § 666 BGB gibt dem Auftraggeber (der Mitgliederversammlung) ein umfassendes Auskunftsrecht, das sich sowohl auf zurückliegende Jahre (Rechenschaftspflicht) als auch auf laufende Geschäfte bezieht. Es spielt also keine Rolle, wenn die Satzung dazu keine Regelungen trifft. Das Informationsrecht der Mitglieder ist umfassend und muss nicht erst durch die Satzung geschaffen werden.

Umfassende Informationsrechte der Mitglieder

Das Informationsrecht der Mitglieder muss regelmäßig in der Mitgliederversammlung wahrgenommen werden. Dort ist es aber umfassend und persönlich. Es gilt der Grundsatz: Ein Mitglied muss alle Informationen bekommen, die es benötigt, um seine Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte sinnvoll und sachgerecht ausüben zu können.

Das betrifft alle Geschäftsführungsangelegenheiten des Vorstands, wozu insbesondere die Vermögensverwaltung gehört. Auskünfte zu einzelnen Ausgaben oder Einnahmen kann der Vorstand also grundsätzlich nicht verweigern. Selbst die Persönlichkeitsrechte von Mitarbeitern des Vereins stehen hinter diesem Informationsrecht zurück. In der Regel ist also auch der Datenschutz kein ausreichender Grund, Auskünfte zu verweigern.

Weil das Auskunftsrecht individuell ist, kann es auch nicht per Beschluss der Mitgliederversammlung eingeschränkt oder ausgehebelt werden.

Informationsverweigerung nur im Sonderfall

Der Vorstand hat nur in einem Fall das Recht, Informationen zu verweigern: Wenn die Gefahr besteht, dass diese Informationen zu vereinsfremden Zwecken verwendet werden und dem Verein dadurch ein erheblicher Schaden entstehen könnte. Das wird aber die seltene Ausnahme sein. Selbst in diesem Fall muss aber die Mitgliederversammlung über die Auskunftsverweigerung entscheiden.

AUSGABE: VB 6/2022, S. 20 · ID: 48380619

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