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VereinsrechtNeu: Vorstand darf wesentliche Geschäftsführungsaufgaben nicht ohne Erlaubnis auslagern
| Überträgt der Vereinsvorstand einen wesentlichen Teil seiner Geschäftsführungsaufgaben entgeltlich an Dritte, müssen Satzung bzw. Mitgliederversammlung das ausdrücklich erlauben. Andernfalls können nicht nur die entsprechenden Verträge unwirksam sein, sondern es liegt auch ein Verstoß gegen das Ehrenamtlichkeitsgebot vor. Dass das Folgen für die Gemeinnützigkeit haben kann, lehrt eine Entscheidung des OLG Brandenburg. |
Der OLG-Fall: Gestaltungskonzept für Reha-Sportvereine
Im konkreten Fall ging es um ein Gestaltungskonzept für Reha-Sportvereine. Dabei wurde eine größere Zahl gemeinnütziger Sportvereine gegründet. Eine zusätzlich gegründete Gesellschaft erbrachte für die Vereine auf vertraglicher Grundlage entgeltlich Verwaltungsaufgaben. Die Vergütung richtete sich nach dem jeweiligen Vereinsumsatz.
Die Entscheidung des OLG Brandenburg
Das OLG hielt das Konstrukt in mehrfacher Hinsicht für problematisch (OLG Brandenburg, Urteil vom 17.03.2022, Az. 10 U 16/21, Abruf-Nr. 228803).
Vorstand verletzt seine Geschäftsbesorgungspflicht
Nach § 27 Abs. 3 S. 1 BGB gelten für die Geschäftsführung des Vereinsvorstands die Vorschriften der §§ 664–670 BGB über den Auftrag (unentgeltliche Geschäftsbesorgung). Aus § 664 Abs. 1 S. 1 BGB folgt dabei ein grundsätzliches Verbot der Übertragung der Ausführung des Auftrags auf einen Dritten. Ohne ausdrückliche Erlaubnis in der Satzung darf der Vorstand die Geschäftsführung daher keiner anderen Person oder Stelle übertragen.
Das gilt auch, wenn nicht alle Geschäftsführungsaufgaben übertragen werden. Selbst wenn dem Vorstand noch ein eigenständiger Aufgabenbereich bleibt, darf er nicht den wesentlichen Teil der Aufgaben übertragen, die zu seinem Wirkungskreis gehören. Dazu zählen insbesondere die Mitgliederverwaltung, der Beitragseinzug sowie die Buchführung und das Vorbereiten und Erstellen von Jahresabschlüssen. Eine Delegation solcher Geschäftsführungsaufgaben zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung an einen Dritten erfordert eine Grundlage in der Satzung.
Vorstand haftet für Verstoß gegen Vergütungsverbot
Erfolgt diese Übertragung entgeltlich, verstößt sie gegen das Vergütungsverbot des § 27 Abs. 3 BGB. Auch hier muss eine Satzungserlaubnis vorliegen, die dieses Vergütungsverbot aufhebt. Ein Beschluss der Mitgliederversammlung ist nicht ausreichend.
Wichtig | Der Vorstand macht sich damit haftbar. D. h. der Verein kann von ihm den Ersatz für die entstandenen Kosten verlangen.
Verstoß gegen das Vergütungsverbot gefährdet die Gemeinnützigkeit
Ohne Satzungserlaubnis bezahlte Vergütungen für Geschäftsführungstätigkeit des Vorstands verstoßen auch gegen Gemeinnützigkeitsrecht. Lt. Finanzverwaltung stellt das Vergütungsverbot des § 27 Abs. 3 BGB eine Vermögensbindung dar, die nur per Satzung aufgehoben werden kann.
Praxistipp | Lässt der Vorstand einen wesentlichen Teil seiner Geschäftsführungsaufgaben gegen Entgelt von einem Dienstleister erbringen, muss die Satzung eine Vergütungserlaubnis für den Vorstand enthalten. Außerdem muss die Mitgliederversammlung zustimmen. Eine solche Zustimmung ist nicht nur wegen der genannten rechtlichen Vorgaben wichtig. In der Regel wird der Vorstand nämlich mit der entgeltlichen Delegation seiner Geschäftsführungsaufgaben auch seinen „gewöhnlichen Geschäftskreis“ überschreiten. Nach allgemeiner Rechtsauffassung macht sich der Vorstand dabei haftbar, wenn er Geschäfte tätigt, die bisher nach Art und Umfang nicht allein in seine Zuständigkeit fielen. |
Übertragbarkeit auf hauptamtliche Geschäftsführer?
Das Urteil ist auch auf hauptamtliche Geschäftsführer übertragbar. Denn auch hier delegiert ein ehrenamtlicher Vorstand seine Geschäftsführungsaufgaben entgeltlich an andere Personen. Dass das vereinsintern – im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses – erfolgt, ändert nichts.
Praxistipp | In der Regel findet sich dafür aber in der Satzung eine rechtliche Grundlage. Vereine sollten prüfen, ob diese die Voraussetzungen erfüllt, die das OLG Brandenburg nennt. Das bedeutet: Die Satzung sollte klar regeln, dass
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Diese Anforderungen gelten zumindest dann, wenn der Vorstand wesentliche Teile seiner Geschäftsführungsaufgaben delegiert. In größeren Vereinen ist das aber nicht unüblich. Hier hat dann ein ehrenamtlicher Vorstand vor allem die Aufgabe, die strategischen Vorgaben für die Vereinsarbeit zu machen und den Verein zu repräsentieren. Alle laufenden Geschäftsführungsaufgaben liegen dagegen bei einer hauptamtlichen Geschäftsführung. Zu diesen Aufgaben gehören dann auch Tätigkeiten, die nach Auffassung des OLG den Kernbereich der Vorstandstätigkeiten betreffen, wie z. B. der Beitragseinzug, die Buchhaltung und das Erstellen der Jahresabschlüsse.
Im Einzelfall kann strittig sein, ob die Tätigkeiten eines solchen Geschäftsführers Kernaufgaben des Vorstands betreffen – etwa für einen Geschäftsstellenleiter. Auch dann sollte aber sicherheitshalber eine entsprechende Satzungsermächtigung bestehen. Das gilt grundsätzlich auch, wenn es sich bei dem „Geschäftsführer“ um einen besonderen Vertreter nach § 33 BGB handelt. Hier ist nach der Gesetzesvorschrift aber ohnehin eine Satzungsregelung erforderlich, die zudem den Zuständigkeitsbereich benennen muss. Auch dabei sollte aber klargestellt sein, dass der besondere Vertreter für seine Tätigkeit vergütet wird.
AUSGABE: VB 5/2022, S. 18 · ID: 48236330