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VereinsregisterVereinsregister: Weiterhin keine Eintragung für Vereine mit wirtschaftlichen Zwecken?

Abo-Inhalt01.02.20222453 Min. Lesedauer

| Mit seinen Kita-Beschlüssen hatte der BGH 2017 klargestellt, dass die wirtschaftliche Betätigung von gemeinnützigen Vereinen im Rahmen ihrer Satzungszwecke die Rechtsfähigkeit (Eintragung) nicht ausschließt. Nicht hinreichend geklärt blieb dabei die Frage, ob das in bestimmten Fällen auch für nicht gemeinnützige Vereine gelten kann – zumindest wenn ihre wirtschafte Betätigung nicht auf Gewinnausschüttung ausgerichtet ist. Das OLG Celle hat sich aktuell genau mit dieser Frage befasst. |

Ist „Dorfkneipe“-Verein eintragungsfähig?

Geklagt hatte ein Verein, der laut Satzung eine „Dorfkneipe“ betreiben wollte. Er verfolgte nach seiner Satzung „ausschließlich und unmittelbar ideelle Zwecke im Sinne des § 21 BGB“. Zweck des Vereins sollte „die Förderung des sozialen Miteinanders, der Kultur und politischen Debatte im ländlichen Raum sowie lokaler und demokratischer Selbstorganisation, der Begegnung von Menschen und der Gemeinschaftsstiftung“ sein. Auch bezüglich der Mittelverwendung unterwarf sich die Satzung den gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben – natürlich ohne Beantragung der Gemeinnützigkeit.

Die Entscheidung des OLG Celle

Das Registergericht hatte die Eintragung abgelehnt, weil der Betrieb einer Gaststätte keinen zulässigen (Haupt-)Zweck eines Idealvereins darstellen könne. Das OLG Celle hat diese Entscheidung bestätigt. Der Betrieb einer Gastwirtschaft, die hauptsächlich dem Konsum von (alkoholischen und nicht alkoholischen) Getränken dient, sei geradezu der Paradefall eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Sinne des § 22 BGB. Ein Verein mit einem solchen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sei nur eintragungsfähig, wenn er nicht Hauptzweck des Vereins ist, sondern lediglich ein untergeordneter Nebenzweck wie z. B. die Vereinsgaststätte eines Sportvereins (OLG Celle, Beschluss vom 06.10.2021, Az. 9 W 99/21, Abruf-Nr. 226490).

Idealverein kann nicht als (Haupt-)Zweck eine Gaststätte betreiben

Der BGH habe in seinen Kita-Beschlüssen eine entgeltliche wirtschaftliche Tätigkeit nur dann als zulässigen Nebenzweck angesehen, wenn der Verein gemeinnützig ist. Dabei war die Gemeinnützigkeit keineswegs ein unerhebliches Kriterium, sondern von entscheidender Bedeutung. Insoweit folgt das OLG der Argumentation des BGH.

Verbot der Gewinnausschüttung an Mitglieder hilft nicht

Es genüge für die Behandlung als Idealverein auch nicht – so das OLG –, dass die Satzung die Ausschüttung eines erwirtschafteten Gewinns an die Mitglieder ausschließt. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb liegt schon dann vor, wenn die Tätigkeit des Vereins auf die Erzielung vermögenswerter Vorteile gerichtet ist. Der Betrieb und Erhalt einer Dorfkneipe erfordert aber die Erwirtschaftung von Einnahmen, also vermögenswerter Vorteile. Hier bleibt das OLG deutlich hinter der Weiterentwicklung der Vereinsklassenabgrenzung des BGB zurück.

Intention des Gesetzgebers wird nicht erfüllt

In Summe bleibt die Rechtsprechung (immer noch) deutlich hinter dem zurück, was der Gesetzgeber im Auge hatte und hat. 2017 war eine Änderung des § 22 BGB geplant (Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement und zum Bürokratieabbau bei Genossenschaften). Vereine, die dem Zweck nach einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb von geringerem Umfang betreiben wollen, sollten danach unter bestimmten Bedingungen ebenfalls als Idelaverein eintragungsfähig sein (Bundestagsdrucksache 18/12998 vom 28.06.2017). Das sollte auch für Initiativen gelten, die nicht als gemeinnützig anerkannt werden können (z. B. Dorfläden). Voraussetzung war, dass sie einen ideellen Hauptzweck verfolgen und nicht gewinnorientiert und auf Ausschüttung von Gewinnen gerichtet sind. Mit Verweis auf die wenig später erfolgte BGH-Rechtsprechung hat die Bundesregierung das Änderungsvorhaben gekippt.

Wichtig | Damit ist gerade für kleinere Projekte ein Weg versperrt worden, sich zu organisieren. Alternative körperschaftliche Rechtformen wie GmbH (UG) und Genossenschaft sind wegen der hohen Gründungskosten und der umfänglichen Rechnungslegungspflichten für solche Projekte wenig attraktiv. Gleiches gilt für die Organisation als Personengesellschaft (BGB-Gesellschaft), weil diese persönliche Haftungsrisiken für die Gesellschafter birgt.

Die BGH-Rechtsprechung und die OLG-Entscheidung

Das Urteil des OLG Celle beschränkt sich leider auf den Aspekt der Gemeinnützigkeit. Eine wichtige Neuerung der BGH-Rechtsprechung lässt es außer Acht. Die bestand darin, dass im Zentrum nicht mehr der Umfang der wirtschaftlichen Betätigung steht, sondern der Zweck des Vereins (BGH, Beschlüsse vom 16.05.2017, Az. II ZB 7/16, Abruf-Nr. 194068; Az. II ZB 6/16, Abruf-Nr. 194898 und Az. II ZB 9/16, Abruf-Nr. 194899).

Dabei geht der BGH davon aus, dass eine wirtschaftliche Betätigung unschädlich sein soll, wenn sie sich im Rahmen der ideellen Satzungszwecke bewegt. Als ausschlaggebendes Merkmal der Gemeinnützigkeit sieht er dabei das Gewinnausschüttungsverbot (Vermögensbindung). Daraus ergibt sich seiner Auffassung nach eine Begrenzung der wirtschaftlichen Tätigkeit und damit ein Gläubigerschutz. Der Beweggrund: Organisationen, die nicht darauf ausgerichet sind, für ihre Mitglieder Gewinne zu erwirtschaften, operieren grundsätzlich weniger risikogeneigt.

Warum stellen die Gerichte den Gläubigerschutz in den Mittelpunkt?

OLG Celle und BGH eint, dass beide bei der Abgrenzung von Ideal- und Wirtschaftsverein den Gläubigerschutz in den Vordergrund stellen. Das ist aber nur schwer nachzuvollziehen, weil es mit der Unternehmergesellschaft („Mini-GmbH“) mittlerweile eine haftungsbeschränkte Rechtsform gibt, die faktisch ohne Eigenkapital gegründet werden kann. Letztlich ist ein eingetragener Verein hier nur bezüglich der Rechnungslegungs- und Publizitätspflichten beim Gläubigerschutz schlechter aufgestellt. Verfügt ein Verein über einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, kommt es auf Grundlage der BGH-Beschlüsse maßgeblich darauf an, ob er einen nichtwirtschaftlichen Zweck verfolgt, dem dieser Geschäftsbetrieb untergeordnet sein kann. Ist der Verein als gemeinnützig anerkannt, darf nach Auffassung des BGH davon ausgegangen werden, dass das der Fall ist.

Der BGH und die wirtschaftliche Betätigung nicht gemeinnütziger Vereine

Die Argumentation des BGH lautet im Kern: Darf ein Verein Mittel in der erforderlichen Höhe zur Verwirklichung seiner ideellen Zwecke einnehmen, dann kann ihm auch nicht verwehrt werden, den ideellen Zweck unmittelbar mit seinen wirtschaftlichen Aktivitäten zu erfüllen. Es entstehen daraus keine größeren Gefahren für den Rechtsverkehr (Gläubigerschutz).

Bei der Bewertung, ob der Wirtschaftsbetrieb in diesem Rahmen bleibt, kommt der Gemeinnützigkeit – so der BGH – eine „Indizwirkung“ zu. An anderer Stelle spricht er sogar davon, dass die Anerkennung als gemeinnützig im Sinne der §§ 51 ff. AO „von entscheidender Bedeutung“ ist. Eine Beschränkung auf gemeinnützige Vereine geht aus den Urteilen des BGH nicht zwingend hervor. Die Gemeinnützigkeit wertet er als sehr starkes Indiz, nicht aber als zwingende Voraussetzung für einen nichtwirtschaftlichen Charakter. Hier bleibt der BGH leider hinter den vom Gesetzgeber geplanten Vorgaben zurück. Das lässt sich aber mit den besonderen Fällen erklären, die er verhandelte – es waren allesamt gemeinnützige Kindergartenträger.

Die Folgen für die Gründungs- und Eintragungspraxis

Das OLG Celle hat sich ausschließlich auf den Aspekt der Gemeinnützigkeit beschränkt. Es hat nicht berücksichtigt, dass diese nach Auffassung des BGH zwar ein wichtiges Indiz, aber keine zwingende Voraussetzung für den „ideellen“ Charakter eines Vereins ist.

OLG Celle hat Chance zur Weiterentwicklung der Rechtsprechung vertan

Es hat damit die Chance auf eine Weiterentwicklung der Rechtsprechung zur Abgrenzung von wirtschaftlichem und ideellem Verein vertan. Die Frage, ob es einen Idealverein mit wirtschaftlichen Satzungszwecken geben kann, bleibt also weiter offen. Der BGH orientiert sich bei der Bewertung wirtschaftlicher Tätigkeiten von Vereinen am steuerlichen Begriff des Zweckbetriebs. Ein möglicher anderer Ansatzpunkt im Steuerrecht wäre der umsatzsteuerrechtliche Begriff der „Einrichtung ohne systematische Gewinnerzielung“ (§ 4 Nr. 18, Nr. 23a und Nr. 23b UStG und Art. 133 MWStSystRL). Nach Auffassung des EuGH setzt das ein satzungsmäßiges Gewinnausschüttungsverbot und eine Vermögenbindung voraus, die über das Ende der Einrichtung hinaus gilt (EuGH, Urteil vom 10.12.2020, Rs. C-488/18, Abruf-Nr. 219620).

Verein hat Verfassungsbeschwerde eingelegt

Der Verein will sich mit der Entscheidung des OLG Celle nicht zufriedengeben. Er hat das ihm hier einzig noch mögliche Rechtsmittel eingelegt; nämlich Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter. VB bleibt am Ball (bzw. „am Tresen“).

AUSGABE: VB 2/2022, S. 16 · ID: 47961422

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