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VereinsstrafrechtBGH: Vereinsstrafen können auch ohne Verschulden verhängt werden

Abo-Inhalt01.02.20222245 Min. Lesedauer

| Für Vereinsstrafen gilt der Rechtsgrundsatz „Keine Strafe ohne Schuld“ nicht. Erfahren Sie, was diese BGH-Entscheidung für die Praxis bedeutet. |

Haftet Verein für von ihm unverschuldete Fan-Ausschreitungen?

Im konkreten Fall ging es um einen Fußballverein, gegen den das Sportgericht des DFB nach Fan-Ausschreitungen eine Geldstrafe verhängt hatte. Der Verein klagte gegen diese Entscheidung mit der Begründung, den Verein treffe an den Ausschreitungen keine Schuld. Die Strafe verstoße deswegen gegen Rechtsgrundsätze der öffentlichen Ordnung.

BFH bestätigt Vereinshaftung

Der BGH hat die Klage abgelehnt. Der Grundsatz, dass nur eigenes Verschulden die Verhängung strafrechtsähnlicher Sanktionen begründen kann und eine Zurechnung des Verschuldens Dritter nicht zulässig ist, gelte für Vereinsstrafen nicht. Vereinsgerichte ahndeten kein kriminelles Unrecht, sondern verhängten nur wirtschaftliche Nachteile – also privatrechtliche Sanktionen. Eine Verbandsstrafe ähnele damit eher einer Vertragsstrafe. Es stehe den Parteien dabei frei, Strafen auch ohne Verschulden festzusetzen. Der Sinn solcher Verbandsstrafen liegt auch weniger in einer Sanktion von Verstößen, sondern in der Vorbeugung. Ähnliches – so der BGH – gilt auch bei der sog. Gefährdungshaftung (z. B. für Tierhalter). Hier kann eine Schadenersatzpflicht auch ohne Verschulden entstehen. Auch das zeigt, dass die Verbandsstrafenhaftung des DFB den Rechtsgrundsätzen der öffentlichen Ordnung (ordre public) nicht widerspricht (BGH, Beschluss vom 04.11.2021, Az. I ZB 54/20, Abruf-Nr. 226224).

Auch Schiedssprüche unterliegen Kontrolle staatlicher Gerichte

Das bedeutet nicht, dass Vereinsstrafen (z. B. von Schiedsgericht ausgesprochener Schiedsspruch) der staatlichen Kontrolle – und öffentlichen Ordnung – entzogen sind. Ein Schiedsspruch kann nämlich – so der BGH – nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2b Zivilprozessordnung (ZPO) aufgehoben werden, wenn seine Anerkennung oder Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung widerspricht. Das ist der Fall, wenn

  • der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt, oder
  • er zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht.

Der Schiedsspruch muss also die elementaren Grundlagen der Rechtsordnung verletzen. Dabei muss es sich um eine nicht abdingbare Norm handeln, die Ausdruck einer für die Rechtsordnung grundlegenden Wertentscheidung des Gesetzgebers ist.

Wichtig | Die Vereinsstrafe ändert nichts am tatsächlichen Verschulden. Der Verein kann den randalierenden Fan für die Strafe in Haftung nehmen.

AUSGABE: VB 2/2022, S. 19 · ID: 47949251

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