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Ehrenamts- und ÜbungsleiterfreibetragEhrenamts- und Übungsleiterfreibetrag: BSG klärt Details zur Nichtanrechnung bei ALG II
| Immer wieder verweigern die Jobcenter Empfängern von Arbeitslosengeld, die ehrenamtlich tätig sind, die Anerkennung der erhöhten Nichtanrechnungsgrenze von 250 Euro. Das Bundessozialgericht (BSG) hat jetzt eine Grundsatzentscheidung gefällt, die für solche Personen das Ausüben von Ehrenämtern finanziell attraktiver macht. VB macht Sie mit den neuen Anrechnungsregeln vertraut, damit Sie diese Personen gezielt ansprechen und für Ihren Verein gewinnen können. |
Um diese Anrechnungsregeln im SGB geht es
Nach § 11b Abs. 2 S. 3 SGB II werden Einkünfte, die nach § 3 Nr. 26 oder 26a Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei sind, beim Arbeitslosengeld (ALG) II (Hartz IV) nicht als Einkommen angerechnet. Die Nichtanrechnungsgrenze von sonst 100 Euro erhöht sich dabei für Einkünfte, die unter den Übungsleiter- und Ehrenamtsfreibetrag fallen, auf 250 Euro.
Praxistipp | Diese erhöhte Nichtanrechnungsgrenze gilt auch für folgende Leistungen:
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Vor dem BSG ging es jetzt um eine Reihe von Einschränkungen, die von Seiten der Jobcenter bisher erhoben und vor verschiedenen Sozialgerichten verhandelt wurden (u. a. LSG Hessen, Urteil vom 05.02.2020, Az. L 6 AS 292/18, Abruf-Nr. 215356; SG Gießen, Beschluss vom 25.07.2016, Az. S 18 SO 93/16 ER, Abruf-Nr. 188271).
Die Entscheidung des BSG
Das BSG hat den meisten dieser Einschränkungen widersprochen (BSG, Urteil vom 21.07.2021, Az. B 14 AS 29/20 R, Abruf-Nr. 227013). Doch der Reihe nach:
Es gelten die steuerrechtlichen Regelungen
Das BSG hat klargestellt, dass die Regelung des § 11b Abs 2 S. 3 SGB II mit allen Rechtsfolgen auf das Steuerrecht – auf § 3 Nr. 26 und 26a EStG – verweist. Sozialversicherungsrechtlich gelten also die gleichen Vorgaben wie in der steuerrechtlichen Norm. Das bedeutet:
- Sowohl Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung wie aus selbstständiger Tätigkeit sind begünstigt.Alle Einkunftsarten ...
- Es spielt bei selbstständigen Einkünften keine Rolle, ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Es muss sich also nicht um bloße „Aufwandsentschädigungen“ handeln, und es kommt auch nicht darauf an, ob die Einkünfte steuerpflichtig sind.... sind begünstigt
- Auch die Nebenberuflichkeit wird nach den steuerrechtlichen Maßstäben beurteilt. Eine nebenberufliche Tätigkeit liegt danach vor, wenn sie nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeit-Erwerbstätigen umfasst.
- Der Ehrenamtler muss keinem Hauptberuf nachgehen.
Nur satzungsmäßige Tätigkeiten sind begünstigt
Auch wenn das in § 3 Nr. 26 EStG nicht ausdrücklich geregelt ist, setzt die Steuerbefreiung voraus, dass auch die ausgeübte Tätigkeit selbst der Förderung gemeinnütziger Zwecke dient. Es genügt also nicht, dass der Auftraggeber gemeinnützig ist.
Das BSG stellt dazu klar: Bewegt sich die Tätigkeit im Rahmen der Erfüllung der begünstigten Satzungszwecke, ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass die Tätigkeit selbst ebenfalls der Förderung dieser steuerbegünstigten Zwecke dient.
Wichtig | Nicht begünstigt sind also Tätigkeiten im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Das entspricht auch der Auffassung der Finanzverwaltung.
Nicht nur ehrenamtliche Tätigkeiten sind begünstigt
§ 11b Abs 2 S. 3 SGB II bzw. § 3 Nr. 26 S. 1 EStG – so das BSG – umfasst nicht nur ehrenamtliche Tätigkeiten. „Bezüge oder Einnahmen“ in § 11b Abs 2 S. 3 SGB II sind nämlich als Oberbegriff zu verstehen. Darunter fallen Aufwandsentschädigungen ebenso wie Überschusseinkünfte (aus selbstständiger oder gewerblicher Tätigkeit) oder Vergütungen aus abhängiger Beschäftigung.
Es kommt also nicht darauf an, ob eine Tätigkeit zu Erwerbszwecken oder in der Erwartung einer finanziellen Gegenleistung (Erwerbsabsicht) ausgeübt wird oder aus rein ideellen Motiven. Die entsprechenden Zahlungen müssen also nicht – als Aufwendungsersatz – tatsächliche, konkrete oder pauschal berechnete Aufwendungen abdecken.
Sinn der Regelung ist nach Auffassung des BSG, dass zusätzliche Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ausübung der privilegierten Tätigkeit nicht im Einzelnen nachgewiesen werden müssen. Darüber hinaus soll die Befreiung als arbeitsmarktpolitisches Instrument das gesellschaftlich erwünschte Engagement gerade auch leistungsberechtigter Personen fördern. Dafür wird aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung pauschal ein erhöhter Grundfreibetrag abgesetzt.
Vergütung plus Aufwandsersatz möglich Praxistipp | Bei Vergütungen, die nach § 3 Nr. 26 und 26a EStG steuerfrei sind, können Sie dem Ehrenamtler also zusätzlich echten Aufwandsersatz (mit Einzelnachweisen) zahlen. Damit das Jobcenter diesen Aufwandsersatz nicht anrechnet, sollten Sie das in Ihren Abrechnungen entsprechend dokumentieren. |
Bei selbstständiger Tätigkeit wird Durchschnittseinkommen angesetzt
Einen wichtigen Punkt hat das BSG ebenfalls klargestellt: Die Freibeträge des § 3 Nr. 26 und 26a EStG sind Jahresfreibeträge. Es kommt also nicht darauf, ob die Zahlungen en bloc oder per rata (monatlich) erfolgen. Die Anrechnung beim ALG II erfolgt dagegen grundsätzlich nach dem Zuflussprinzip. Ist eine Zahlung also höher als 250 Euro, wird sie teilweise als Einkommen angerechnet.
Die monatliche Anrechnung darf aber nur erfolgen, wenn es sich um eine abhängige Beschäftigung handelt. Ist die Tätigkeit selbstständig, müssen die Vergütungen auf den Tätigkeitszeitraum – also den Monatsdurchschnitt – umgerechnet werden. Bei Einnahmen aus abhängiger Beschäftigung wird der Bedarfsberechnung dagegen das Monatsprinzip zugrunde gelegt.
Praxistipp | Unterlegt wird immer der Beschäftigungszeitraum. Als gemeinnütziger Auftraggeber sollten Sie die Vertragsdauer deshalb nicht unnötig kurz halten. Für den Ehrenamtler ist die Darstellung der Einkünfte gegenüber dem Jobcenter einfacher, wenn
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Konsequenz für die Vereinspraxis
Das Urteil des BSG schafft Rechtsicherheit für die Bezieher von Grundsicherung und ALG I, die Einkünfte aus ehrenamtlichen Tätigkeiten haben. In der Praxis zeigt sich leider immer wieder, dass die Jobcenter bzw. Kommunen mit der Anrechnung von Vergütungen aus ehrenamtlicher Tätigkeit sehr restriktiv umgehen bzw. die einschlägigen rechtlichen Regelungen nicht im Detail kennen.
Instruieren Sie Mitarbeiter, die ALG II beziehen, deshalb entsprechend und gestalten Sie Ihre Abrechnungen nach den o. g. Maßgaben.
Praxistipp | Menschen, die Sozialtransfers wie z. B. ALG II beziehen können für gemeinnützige Einrichtungen eine wertvolle personelle Ressource sein. Der finanzielle Anreiz durch Zahlungen im Rahmen des Ehrenamts- und Übungsleiterfreibetrags ist für sie meist wichtiger als für Ehrenamtliche mit Arbeitseinkommen. Das BSG-Urteil hat letztinstanzlich klargestellt, dass diese Zahlungen anrechnungsfrei sind und wichtige Einzelfragen geklärt. Das können Sie als Auftraggeber den Ehrenamtlern an die Hand geben, wenn die Jobcenter und Kommunen die Regelungen ungerechtfertigt eng auslegen. |
AUSGABE: VB 2/2022, S. 7 · ID: 47949162