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ZweckbetriebeMittelweitergabe als Zweckbetrieb und Zweckbetriebe innerhalb von Kooperationen
| Mit der Änderung des AEAO zur Mittelweitergabe nach § 58 Nr. 1 AO hat die Finanzverwaltung das Konstrukt eines „Selbstkostenzweckbetriebs“ entwickelt. Eine neue Form des Zweckbetriebs hat auch der Gesetzgeber mit dem neuen § 57 Abs. 3 AO geschaffen (Stichwort: wirtschaftliche Tätigkeiten im Rahmen von Kooperationen mit anderen gemeinnützigen Organisationen). Diese beiden neuen Zweckbetriebsformen bieten gemeinnützigen Einrichtungen Vorteile, werfen aber auch einige Fragen auf, die VB anhand eines neuen BMF-AEAO-Änderungsschreibens zu beantworten versucht. |
„Selbstkostenzweckbetriebe“ als Konstrukt des BMF
Nach § 58 Nr. 1 AO kann eine gemeinnützige Einrichtung eigene Mittel in unbeschränkter Höhe an andere gemeinnützige und öffentlich-rechtliche Körperschaften weitergeben. Diese Mittelweitergabe kann nicht nur in Form von Geld- und Sachzuwendungen erfolgen. Möglich ist auch die leihweise Überlassung von Gegenständen und die Erbringung von Dienstleistungen.
Praxistipp | In der jüngsten Änderung des AEAO hat das BMF klargestellt, dass auch Nutzungsüberlassungen, Warenlieferungen und die Erbringung von Dienstleistungen unter den Begriff der „Mittel“ nach § 58 Nr. AO fallen (BMF, Schreiben vom 12.01.2022, Az. IV A 3 – S 0062/21/10007:001, Abruf-Nr. 227184). |
Nutzungsüberlassungen an andere steuerbegünstigte Einrichtungen
Erfolgen die Überlassungen und Leistungen entgeltlich, aber nur zu Eigenkosten, werden sie nach der neuen Auffassung der Finanzverwaltung bei der Geberkörperschaft dem Zweckbetrieb zugeordnet (AEAO, Ziffer 7 zu § 58). Das ist in zweierlei Hinsicht von Bedeutung:
Beispiel |
Im Rahmen einer Spielgemeinschaft überlässt der Handballverein A seine Halle stundenweise an den Handballverein B. Nach bisheriger Rechtsauffassung wäre ein Entgelt für die Überlassung in den steuerpflichtigen Bereich gefallen, auch wenn es höchstens kostendeckend war. Der Verein A hätte die Einnahmen also auf die Umsatzfreigrenze anrechnen müssen. Das muss er jetzt nicht mehr. |
- 1. Es können alle Mittel für diese Leistungen verwendet werden. D. h. weder die allgemeine Zweckbindung noch die zeitnahe Mittelverwendung beschränken die Aufbringung der entsprechenden Mittel. Ohne Bedeutung sind zudem die Satzungszwecke von Geber- und Empfängerorganisation.... fallen Entgelte in den Zweckbetrieb
- 2. Die Einnahmen werden nicht in die Umsatzfreigrenze des § 64 Abs. 3 AO eingerechnet (45.000 Euro).
Sind die Entgelte für die Nutzungsüberlassungen oder Dienstleistungen höher als die entstandenen Kosten, fallen sie grundsätzlich in den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bzw. die Vermögensverwaltung und können damit nicht aus zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert werden.
Wie werden die Eigenkosten ermittelt?
Die Finanzverwaltung spricht in diesem Zusammenhang von „Kostenübernahme“ bzw. „entstandenen Kosten“. Wie diese ermittelt werden, definiert sie nicht näher. Man darf aber davon ausgehen, dass hier alle Kosten angesetzt werden dürfen, wie sie auch in die üblichen Gewinnermittlungsverfahren eingehen. Neben den laufenden Kosten dürfen also auch Abschreibungen auf die überlassenen Wirtschaftsgüter berücksichtigt werden.
Praxistipp | Zwar würde der Sportverein A aus dem o. g. Beispiel keine Überschüsse erzielen. Weil er die (anteiligen) Abschreibungen auf Halle und Sportgeräte ansetzen darf, kann er mit der Überlassung aber immerhin die Bau- und Anschaffungskosten und andere Fixkosten mitfinanzieren. |
Die Folge: Kooperationen werden vereinfacht
Durch die Möglichkeit, die Leistungserbringung an andere steuerbegünstigte Einrichtungen als Zweckbetrieb zu behandeln, werden insbesondere Kooperationen zwischen gemeinnützigen Einrichtungen vereinfacht. Vielfach werden hier ja Leistungen ausgetauscht oder gemeinsam erbracht, ohne dass das unentgeltlich erfolgen kann oder soll.
Beispiel |
Zwei Vereine führen ein gemeinsames Projekt durch, bei dem die Fördermittel an einen der beteiligten Vereine gehen und dieser Leistungen (Personal) von der anderen „einkauft“. Folge: Die Mittelweitergabe aus dem Zuschuss führt zu keinem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb "Personalüberlassung", wenn sie nur die tatsächlichen Kosten deckt. |
Leistungen und Lieferungen zwischen steuerbegünstigten Körperschaften, die zu Selbstkosten erfolgen, bleiben also unabhängig von der Gesamthöhe ertragsteuerlich neutral. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie punktuell an wechselnde Empfänger oder im Rahmen fester Kooperationen erfolgen.
Darum ist diese Zweckbetriebsdefinition problematisch
Das Konstrukt der Finanzverwaltung ist problematisch, weil dieser Selbstkostenzweckbetrieb keinen ertragsteuerlichen Bezug hat, sondern sich in Hinsicht auf die Mittelverwendung definiert. Die Logik ist offensichtlich folgende: Die Mittelweitergabe an andere gemeinnützige Einrichtungen soll nach Möglichkeit dem steuerbegünstigten Bereich zugeordnet werden, damit es keine Beschränkungen bezüglich der Mittelverwendung (Mittelbindungsgrundsatz) gibt und keine steuerlichen Folgen entstehen. Werden Lieferungen oder Leistungen entgeltlich – wenn auch zu Selbstkosten – erbracht, liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nach § 14 AO vor. Soll dieser steuerbegünstigt sein, kommt nur ein Zweckbetrieb in Frage.
Die Finanzverwaltung stellt deswegen auch klar: Bei der Mittelzuwendung handelt es sich um eine Art der Zweckverwirklichung und nicht um einen eigenständigen steuerbegünstigten Zweck (AEAO, Nr. 3 zu § 58). Sie hebt bei der Definition des Selbstkostenzweckbetriebs insbesondere auf die zeitnahe Mittelverwendung ab (AEAO, Nr. 7 zu § 58).
Rechtlich ist das problematisch, weil für Zweckbetriebe im Übrigen die Vorschriften der §§ 65 bis 68 AO gelten und hier die Frage einer Kostendeckung keine Rolle spielt. Es ist deshalb fraglich, ob diese Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung vor Finanzgerichten Bestand hat. Das ist umso problematischer, als bei diesen Zweckbetriebsdefinitionen eine Reihe von Fragen offen bleiben und die Finanzämter deswegen im Einzelfall zu unterschiedlichen Bewertungen kommen dürften.
Zweckbetriebseigenschaft bei Kooperationen (§ 57 Nr. 3a AO)
Auch die zweite neue Form von Zweckbetrieben, die der Gesetzgeber mit § 57 Abs. 3 AO geschafften hat, hat im Kern keinen ertragsteuerlichen Ursprung. Bei dieser Vorschrift geht es nämlich zunächst um das Gebot der Unmittelbarkeit.
Leistungen im Rahmen von Kooperationen
Leistungen und Lieferungen im Rahmen von Kooperationen werden dabei so behandelt, als habe eine gemeinnützige Einrichtung sie allein und für den Eigenbedarf erbracht. Auf diese Weise können Tätigkeiten steuerbegünstigt sein, die es für sich genommen mangels entsprechender Zuordnung zu den steuerbegünstigten Zwecken der §§ 52 bis 54 AO nicht wären.
Beispiel |
Eine GmbH ist als Verwaltungs- und Buchhaltungsstelle für eine Reihe von Kindertagesstätten tätig. Da das kein steuerbegünstigter Zweck ist, kann sie nicht gemeinnützig werden. Im Rahmen einer Kooperation nach § 57 Abs. 3 AO kann sie aber steuerbegünstigt sein, wenn in diesem Verbund alle Einrichtungen gemeinnützig sind und die GmbH ihre Leistungen zum überwiegenden Teil an diese Einrichtungen erbringt. |
Die gesetzgeberische Intention dabei: Auf Servicegesellschaften ausgelagerte Leistungen sollen zu keiner anderen steuerlichen Behandlung führen, als wenn die Leistungen von der gemeinnützigen Einrichtung selbst für Eigenzwecke erbracht würden. Die Auslagerung erlaubt – insbesondere im Verbund mit weiteren Einrichtungen, die die Leistungen beziehen – eine Effizienzsteigerung und Kostenersparnis für betriebliche Teilleistungen. Ein Organisationsmodell, das in der gewerblichen Wirtschaft aus diesem Grund weit verbreitet ist, kann so auch im gemeinnützigen Sektor genutzt werden.
Eigene Zweckbetriebszuordnung
Der Gesetzgeber hat diesen besonderen Fall der Gemeinnützigkeit um ein eigenes Zweckbetriebskonstrukt ergänzt. Nach § 57 Abs. 3 S. 2 AO können die im Verbund erbrachten Leistungen als Zweckbetrieb behandelt werden, wenn die Voraussetzung der §§ 65 bis 68 AO erfüllt sind. Leistungen, die den gemeinsamen Zweck im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs verwirklichen, fallen dann in den Zweckbetrieb. Für die Prüfung der Zweckbetriebseigenschaft – so die Erläuterung im Gesetzentwurf – wird die Gesamtleistung der beteiligten Organisationen betrachtet. Sind dabei die Anforderungen an einen Zweckbetrieb erfüllt, werden die Teilleistungen bei allen Beteiligten als Zweckbetrieb behandelt. Dem Wortlaut der Vorschrift nach gilt das zunächst für gemeinsam erbrachte Leistungen an Dritte.
Die Finanzverwaltung behandelt aber auch den Leistungstausch zwischen den Kooperationspartnern als Zweckbetrieb. Wörtlich heißt im neuen AEAO: „Tätigkeiten werden damit dann noch in Verwirklichung des gemeinsamen steuerbegünstigten Zwecks erbracht, wenn diese auch dem steuerbegünstigten Bereich (Zweckbetrieb oder ideelle Tätigkeit) zugeordnet werden könnten, wenn sie alle von einer Körperschaft ausgeübt worden wären. Begünstigt können z. B. gemeinschaftliche Serviceleistungen, wie Buchhaltung oder Beschaffungsstellen sowie Nutzungsüberlassungen und Vermietungen sein.“ (AEAO; Ziffer 10 § 57 Abs. 3)
Das bedeutet: Wirtschaftliche Tätigkeiten, die an Dritte erbracht dem steuerpflichtigen Bereich zuzuordnen wären, werden zu Zweckbetrieben, wenn sie im Rahmen der Kooperation an die Partner erbracht werden. Hier haben Gesetzgeber und Finanzverwaltung keine „Selbstkostenklausel“ eingezogen. Die Innenumsätze fallen also in den Zweckbetrieb, auch wenn der einzelne Kooperationspartner (z. B. die Servicegesellschaft) damit Überschüsse erzielt. Voraussetzung ist lediglich, dass die erbrachten wirtschaftlichen Leistungen den Satzungszwecken eines Kooperationspartner dienen. Es muss sich also um Leistungen handeln, die er sonst selbst erbringen würde.
Da damit für Innen- und Außenumsätze der Kooperationsgemeinschaft unterschiedliche steuerliche Folgen entstehen, verlangt die Finanzverwaltung, dass unzweifelhaft feststeht, wer Kooperationspartner ist: „Bei mehreren Kooperationspartnern genügt es, wenn diese anhand der Satzung konkret nachvollziehbar sind, beispielsweise bei einer Kooperation innerhalb eines Konzern- oder Unternehmensverbundes durch Bezeichnung des Konzerns oder des Unternehmensverbundes. Eine namentliche Benennung der einzelnen Kooperationspartner muss sich dann aus einer Aufstellung ergeben, die der Finanzverwaltung bei Beginn der Kooperation und bei Änderung der Kooperationspartner zusätzlich zur Satzung vorzulegen ist.“ (neuer Abs. 2 zu § 58 AEAO; BMF, Schreiben vom 12.01.2022, Az. IV A 3 – S 0062/21/10007 :001, Abruf-Nr. 227184).
Umsatzsteuerliche Behandlung der Zweckbetriebe
Eine Zuordnung von Entgelten zum Zweckbetrieb kann nicht nur ertragsteuerliche, sondern auch umsatzsteuerliche Folgen haben.
Einnahmen sind steuerbar
Leistungen und Lieferungen sind grundsätzlich steuerbar, auch wenn sie zu Selbstkosten (oder sogar darunter) erbracht werden. Nach § 1 UStG kommt es auf eine Gewinnerzielung nicht an, sondern ausschließlich auf den Leistungstausch. Auch eine Gegenleistung, die nur die Eigenkosten deckt, ist ein Entgelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.
Sowohl Umsätze eines Selbstkostenzweckbetriebs im Rahmen einer Mittelweitergabe wie eines Zweckbetriebs im Rahmen der mittelbaren Zweckverwirklichung durch Kooperationen nach § 57 Abs. 3 AO sind also steuerbar. Selbst wenn kein Leistungstausch besteht, wäre eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG. Sie ist steuerbar, wenn die Entnahme aus dem „Unternehmen“ erfolgt, also wenn sie aus dem umsatzsteuerpflichtigen Teil des Betriebs stammt und damit die Anschaffungs- oder Herstellungskosten zum Vorsteuerabzug berechtigten. Das ist bei gemeinnützigen Vereinen außerhalb des ideellen Bereichs grundsätzlich der Fall. Eine Steuerbefreiung kommt dann nur nach den Einzelregelungen des § 4 bis 8 UStG in Betracht.
Praxistipp | Bei Kooperationen in einem Unternehmensverbund (Konzernstruktur) sollte geprüft werden, ob eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt. Dann sind Leistungen der Tochter- an die Muttergesellschaft nicht steuerbar. |
Ermäßigter Steuersatz?
Die Steuermäßigung für Zweckbetriebsumsätze ist in § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG geregelt und entsprechend beschränkt. Aus der ertragsteuerlichen Behandlung als Zweckbetrieb folgt nicht automatisch die Steuerermäßigung. Rechtsprechung und Finanzverwaltung gehen davon aus, dass für die Umsatzsteuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG die Zweckbetriebsvoraussetzungen der §§ 65 bis 68 AO erfüllt sein müssen (AEAO, Abschn. 12.9, Abs. 3). Das bedeutet: Der ermäßigte Steuersatz kommt nur in Frage, wenn die übrigen Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb erfüllt sind.
Der ermäßigte Steuersatz gilt also für bloße Selbstkostenzweckbetriebe grundsätzlich nicht. Es müssen die Voraussetzungen der §§ 65 bis 68 AO und zusätzlich die Einschränkungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG erfüllt sein. Das gleiche gilt für Zweckbetriebe im Rahmen der mittelbaren Zweckverwirklichung durch Kooperationen.
Beispiel |
Eine Krankenhauswäscherei, die in eine eigenständige Servicegesellschaft ausgelagert Leistungen an ein gemeinnütziges Krankenhaus erbringt, unterliegt mit ihren Leistungen ebensowenig dem ermäßigten Steuersatz wie eine Servicegesellschaft, die Buchhaltungs- und Verwaltungsleistungen an feste steuerbegünstigte Kooperationspartner erbringt. |
Beide Leistungen erfüllen nämlich nicht die Anforderungen der §§ 65 bis 68. Die genannten Leistungen sind kein besonderer Zweckbetrieb nach § 66 bis 68 AO. Die Anforderungen an einen besonderen Zweckbetrieb (§ 65) sind ebenfalls nicht erfüllt. Schon der Zweckbezug muss in Zweifel stehen. Die Zwecknotwendigkeit lässt sich nicht begründen, weil die gleichen Leistungen auch durch einen nicht begünstigten Dritten erbracht werden können.
AUSGABE: VB 2/2022, S. 11 · ID: 47948846