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VereinsfinanzenÜberbrückungshilfe III Plus und IV: So wahren Gemeinnützige alle Kostenerstattungs-Chancen

Top-BeitragAbo-Inhalt20.01.20221875 Min. LesedauerVon Dipl.-Kauffrau und Steuerberaterin Sandra Oechler, Zertifizierte Beraterin für Gemeinnützigkeit, Büdingen

| Nachdem endlich klar ist, dass alle vier Tätigkeitsbereiche einer gemeinnützigen Organisation förderfähig sind, lohnt sich (nochmals) ein genauer Blick in die Förderrichtlinien der aktuellen Corona-Hilfsprogramme. Erfahren Sie nachfolgend, wofür Sie Hilfsanträge im Rahmen der Überbrückungshilfe III Plus sowie Überbrückungshilfe IV stellen können. |

Der Grundgedanke der Hilfsprogramme

Der Grundgedanke ist weiterhin unverändert: Eine gemeinnützige Organisation hat einerseits mindestens 30 Prozent weniger Einnahmen, aber andererseits Kosten, die sie nicht in gleicher Weise reduzieren kann, sodass eine finanzielle Mehrbelastung unausweichlich ist. Im Rahmen der Antragstellung werden diese unveränderbaren Kosten bezuschusst.

Die Förderphasen und -programme im Überblick

Die Phasen III+ und IV sind zu großen Teilen inhaltsgleich. Die wichtigsten Unterschiede ergeben sich in folgenden Punkten:

Phase III Plus

Phase IV

Förderzeitraum 07/2021 bis 12/2021

Antragstellung bis 31.03.2022.

Förderzeitraum 01/2022 bis 03/2022

Antragstellung bis 30.04.2022.

Voraussetzungen:

  • Auch Ehrenamtliche zählen als Beschäftigte
  • Mindestens 30 % Umsatzeinbruch im Vergleich zum jeweiligen Monat in 2019

Voraussetzungen:

  • Auch Ehrenamtliche zählen als Beschäftigte.
  • Mindestens 30 % Umsatzeinbruch im Vergleich zum jeweiligen Monat in 2019.

Keine Antragsberechtigung bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten per 31.12.2019.

Keine Antragsberechtigung bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten per 31.12.2019.

Keine Antragsberechtigung bei Neugründung nach dem 31.10.2020.

Keine Antragsberechtigung bei Neugründung nach dem 30.09.2021.

Grundsätzlich förderfähig sind vor dem 01.07.2021 begründete und in 07 bis 12/2021 fällige, betriebsnotwendige Fixkosten.

Grundsätzlich förderfähig sind vor dem 01.01.2022 begründete und in 01 bis 03/2022 fällige, betriebsnotwendige Fixkosten.

Erstattung der Fixkosten in Höhe von

  • 40 % bei Umsatzeinbruch > 30 %
  • 60 % bei Umsatzeinbruch > 50 %
  • 100 % bei Umsatzeinbruch > 70 %

Erstattung der Fixkosten in Höhe von

  • 40 % bei Umsatzeinbruch > 30 %
  • 60 % bei Umsatzeinbruch > 50 %
  • 90 % bei Umsatzeinbruch > 70 %

Phase III Plus

Phase IV

20 % Personalkostenpauschale; Alternativ kann für 07 bis 09/2021 die Restart-Prämie beansprucht werden.

20 % Personalkostenpauschale.

Grundsätzlich förderfähig sind Umbaumaßnahmen u. ä. zur Umsetzung eines Hygienekonzepts bis zu 20.000 Euro/mtl.

Entfällt

Grundsätzlich förderfähig sind Investitionen in Digitalisierung bis zu 10.000 Euro.

Entfällt

Sofern im Zeitraum 11/2020 bis 12/2021 ein Umsatzeinbruch von > 50 % vorliegt, ergibt sich ein gestaffelter Eigenkapitalzuschuss von

  • 25 % bei Umsatzrückgang > 50 % in 3 Monaten
  • 35 % bei Umsatzrückgang > 50 % in 4 Monaten
  • 40 % bei Umsatzrückgang > 50 % in 5+ Monaten

Sofern im Zeitraum 12/2021 bis 01/2022 ein Umsatzeinbruch von durchschnittlich 50 % vorliegt, ergibt sich ein Eigenkapitalzuschuss von 30 % für jeden Antragsmonat.

Rückzahlungsverpflichtung bei dauerhafter Einstellung der Geschäftstätigkeit vor dem 31.12.2021.

Rückzahlungsverpflichtung bei dauerhafter Einstellung der Geschäftstätigkeit vor dem 31.03.2022.

Schlussabrechnung bis zum 31.12.2022.

Schlussabrechnung bis zum 31.12.2022.

  • Die maximale Erstattung der Fixkosten reduziert sich von 100 Prozent auf 90 Prozent.
  • Kein gestaffelter, sondern gleichbleibender Eigenkapitalzuschuss.
  • Keine Förderung mehr von Umbauten und Digitalisierungskosten.
  • Sonderregelung für Advents- und Weihnachtsmärkte.

Was heißt „Umsatz“ im gemeinnützigen Bereich?

Der Begriff „Umsatz“ umfasst bei gemeinnützigen Organisationen sämtliche Einnahmen, ganz egal in welchem Tätigkeitsbereich diese angefallen sind. Abweichend hiervon können zweckgebundene Spenden und Zuwendungen der öffentlichen Hand bei der Berechnung der Einnahmen unberücksichtigt bleiben, wenn ausgeschlossen ist, dass sie der Deckung laufender betrieblicher Fixkosten dienen, also z. B. klassische Projektfördergelder. Aus vorherigen Hilfsprogrammen erhaltene Zahlungen sind bei den Einnahmen nicht zu berücksichtigen.

Erfolgt keine monatliche Abrechnung der Einnahmen (z. B. jährliche Mitgliedsbeiträge), ist es zulässig, von einer gleichmäßigen Verteilung dieser Einnahmen über das gesamte Jahr auszugehen.

Alle grundsätzlich förderfähigen Kosten müssen weiterhin vor dem Förderzeitraum vertraglich begründet worden und im Förderzeitraum fällig geworden sein; auf einen tatsächlichen Zahlungszeitpunkt kommt es nicht an.

Zusätzlich zu den allgemein förderfähigen Kosten werden für die Veranstaltungs- und Kulturbranche auch die Ausfall- und Vorbereitungskosten für geschäftliche Aktivitäten im Zeitraum von 01 bis 08/2021 erstattet (im Rahmen ÜBH III Plus) bzw. im Zeitraum 09 bis 12/2021 (im Rahmen ÜBH IV).

Weitere Informationen zu den betroffenen Wirtschaftszweigen u. ä. finden Sie in VB 4/2021, Seite 15 → Abruf-Nr. 47302903.

Sonderregelung: Advents- und Weihnachtsmärkte

Die Überbrückungshilfe IV enthält als Neuerung gegenüber vorherigen Hilfsprogrammen folgende Sonderregelung zu Advents- und Weihnachtsmärkten:

Sofern die grundsätzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, d. h. insbesondere der 30-prozentige Umsatzrückgang gegenüber dem Referenzmonat des Jahres 2019, sind auch private Betreiber von Weihnachtsmärkten antragsberechtigt. Bei einem Umsatzrückgang von mindestens 50 Prozent im Vergleich von 12/2021 zu 12/2019 ergibt sich ein erhöhter Eigenkapitalzuschuss von 50 Prozent für jeden Antragsmonat.

Praxistipp | Von den Absagen der Advents- und Weihnachtsmärkte betroffene Vereine können ferner die Sonderregeln für die Veranstaltungs- und Kulturbranche in Anspruch nehmen. Hierfür muss entweder ihr Wirtschaftszweig in den FAQ 2.7 explizit genannt sein, oder sie müssen mindestens 20 Prozent ihres (Gesamt-)Umsatzes mit Veranstaltungen erwirtschaften. D. h., auch wenn sich eine gemeinnützige Organisation nicht in den sog. WZ-Codes wiederfindet, ist die Inanspruchnahme der Sonderregelung möglich, sofern mindestens 20 Prozent des Gesamtumsatzes mit Veranstaltungen erwirtschaftet werden.

Wenn Ihr Verein von Absagen der Advents- und Weihnachtsmärkte 2021 betroffen war und die Sonderregelungen in Anspruch nehmen will, müssen Sie dies gegenüber dem prüfenden Dritten (Steuerberater) nachweisen. Private Weihnachtsmarktbetreiber müssen dafür ein Schreiben der Behörde oder einen anderen Nachweis vorlegen, aus dem die Absage des Advents- bzw. Weihnachtsmarkts hervorgeht. Bei allen anderen Unternehmen gilt als Nachweis ein Vertrag mit dem Weihnachtsmarktbetreiber in Kombination mit dessen Bestätigung, dass der Markt abgesagt wurde. Der prüfende Dritte prüft Ihre Angaben auf Nachvollziehbarkeit und Plausibilität und nimmt sie zu seinen Unterlagen, um sie der Bewilligungsstelle vorlegen zu können.

Beispiel

Ihr Verein betreibt traditionell einen Glühwein- und einen Bratwurststand auf dem Weihnachtsmarkt Ihrer Stadt oder Kommune. Das haben Sie auch für 2021 so geplant. Der Weihnachtsmarkt ist aber kurzfristig abgesagt worden. In der Folge hat Ihr Verein im Dezember 2021 einen corona-bedingten Umsatzeinbruch von mehr als 70 Prozent erlitten. In den Fördermonaten der Überbrückungshilfe IV verzeichnet Ihr Verein ebenfalls corona-bedingte Umsatzeinbrüche von jeweils mehr als 70 Prozent (z. B. keine Karnevalsveranstaltungen).

Aus diesem Beispiel wird zweierlei deutlich:

  • Aufgrund des „regulären“ Umsatzrückgangs im Förderzeitraum 01 bis 03/2022 in Höhe von mehr als 70 Prozent ergibt sich der „reguläre“ Erstattungssatz von 90 Prozent.
  • Aufgrund des Umsatzeinbruchs im Vormonat 12/2021 von mehr als 50 Prozent (nämlich > 70 Prozent), ergibt sich ein erhöhter EK-Zuschuss von 50 Prozent anstatt 30 Prozent.

Sollten zu den hier beispielhaft genannten „normalen“ Fixkosten noch spezielle Ausfall- und Vorbereitungskosten entstanden sein, könnten diese Kosten zusätzlich im Rahmen der Sonderregelung für die Veranstaltungsbranche gemäß FAQ 2.6 angesetzt werden.

Neu: Sonderfonds für Kulturveranstaltungen

Abschließend sei auf den außerhalb der Überbrückungshilfe IV geschaffenen Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen hingewiesen. Er gewährt einerseits eine Wirtschaftlichkeitshilfe für kleinere Veranstaltungen, die bei Beachtung corona-bedingter Hygienebestimmungen mit reduziertem Publikum stattfinden können.

Außerdem kommt eine Ausfallabsicherung für größere Kulturveranstaltungen hinzu, die für die Zeit ab dem 01.09.2021 geplant waren. Weitere Informationen finden Sie unter: https://sonderfondskulturveranstaltungen.de.

Fazit | Die Erfahrung der letzten Monate zeigt, dass gemeinnützige Organisationen jeglicher Größe und Branche durchaus die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Überbrückungshilfen erfüllen und somit Anspruch auf staatiche Hilfsgelder haben. Ein mindestens 30-prozentiger Einnahmenrückgang ist häufig (leider) an der Tagesordnung. Verbandsbeiträge, Versicherungen, Mieten, Erbpachtkosten, Steuerberatungskosten etc. sind dagegen unverändert zu schultern. Die Förderrichtlinien zu überblicken, ist zugegebenermaßen nicht ganz einfach, insbesondere wenn z. B. die Sonderregelungen für die Veranstaltungsbranche hinzu kommen. Jedoch lohnt es sich in den allermeisten Fällen, den Sachverhalt genauer zu überprüfen. Dazu ist eine enge Abstimmung von Verein und Steuerberater geboten und unverzichtbar.

Weiterführende Hinweise

AUSGABE: VB 2/2022, S. 3 · ID: 47922720

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