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DrogenfahrtAnfangsverdacht für Anordnung einer Blutprobe

Abo-Inhalt21.02.2024322 Min. Lesedauer

| Bei der Anordnung der Entnahme einer Blutprobe (§ 81a StPO) kann sich die Frage des sog. Richtervorbehalts stellen. Das AG Ratzeburg hatte zu entscheiden, wann eine Blutprobe durch einen Polizeibeamten angeordnet werden kann. |

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

In dem Fall hatte der Fahrer eines Pkw bei einer Standkontrolle auf einem BAB-Rastplatz sehr nervös gewirkt. Er konnte nicht stillstehen und hatte deutlich zitternde Hände. Ebenso führte er häufig seine Hände an verschiedene Körperstellen, einmal zum Kratzen am Hals, einmal um in seine Hosentaschen zu greifen. Zudem war er redselig und aus Sicht des kontrollierenden Polizeibeamten unangepasst euphorisch. Aus diesen Beobachtungen leitete der den Verdacht ab, dass der Betroffene eine Drogenfahrt gemäß § 24a StVG begangen haben könnte. Da der Pkw-Fahrer einen Urintest verweigerte, wurde eine Blutprobe angeordnet. Nach deren Ergebnis befanden sich im Blut des Betroffenen 3,9 ng/ml THC.

Der Verteidiger war mit seinem Rechtsmittel beim AG Ratzeburg erfolglos (22.12.23, 31a OWi 46/23 jug., Abruf-Nr. 239089). Zwar sei die Anordnung einer Blutprobe im Bußgeldverfahren eine Maßnahme nach § 62 OWiG. Als solche sei sie grundsätzlich mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung anfechtbar. Es hätten aber die Voraussetzungen des § 81a Abs. 2 S. 1 StPO vorgelegen. Die Blutentnahme habe nicht durch einen Richter angeordnet werden müssen. Der Gesetzeswortlaut fordert einen „einfachen“ Verdacht, also keinen hinreichenden oder gar dringenden Tatverdacht. Ein solcher Anfangsverdacht setzt nur voraus, dass zureichende, über bloße Vermutungen hinausreichende, tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat (hier: Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG) vorliegen.

Das AG hat dem Verteidiger zwar konzediert, dass die von dem Polizeibeamten geschilderten Umstände isoliert betrachtet den Verdacht einer Tat gemäß § 24a StVG nicht begründen könnten. Entscheidend sei indessen, dass eine Vielzahl von Besonderheiten beim Betroffenen gelegen habe, die ebendiesen Verdacht begründen. Mag man durch die Situation der polizeilichen Kontrolle noch die Nervosität des Betroffenen erklären können, so gilt dies nicht für das Hinzutreten zitternder Hände sowie einer in der Situation unangemessenen Euphorie. Derartige kumulative, situationsuntypische Reaktionen sind gerade durch die Einnahme von Betäubungsmittel zu erklären.

Relevanz für die Praxis

Die Entscheidung weicht damit – zumindest teilweise – ab von bisher vorliegender Rechtsprechung. Dem AG München hat nämlich vor einiger Zeit „Nervosität“ in Zusammenhang mit einer nächtlichen Verkehrskontrolle und der Aufforderung von Polizeibeamten, zur Vernehmung auf die Polizeidienststelle mitzukommen, nicht für die Anordnung einer Blutentnahme ausgereicht (AG München 12.7.07, 1122 Gs 50/07, NJW-Spezial 08, 121).

AUSGABE: VA 4/2024, S. 67 · ID: 49877374

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