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UmsatzsteuerNeues vom BFH: Wann ist Reitunterricht nach § 4 Nr. 21 UStG steuerbefreit?

Abo-Inhalt22.07.20257688 Min. Lesedauer

| Reitunterricht kann nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG umsatzsteuerbefreit sein, wenn er – auch nur durch wenige Teilnehmer – für die berufliche Aus- und Weiterbildung genutzt wird. Erfahren Sie, was diese BFH-Entscheidung für Reitvereine bedeutet. |

Dieser Fall lag dem BFH zur Entscheidung vor

Im konkreten Fall ging es um eine GmbH, die Reitkurse durchführte. Neben einer Ponygruppe bot die GmbH auch Kurse an, die auf das Ablegen von Leistungsabzeichen ausgerichtet waren. Diese waren Voraussetzung, um in den Pferdeturniersport einzusteigen. Teilweise werden Leistungsabzeichen auch gefordert, um die Ausbildung zum Pferdefachwirt in der Fachrichtung „Schwerpunkt Reiten“ zu absolvieren.

Die GmbH verfügte über die nach § 4 Nr. 21 UStG erforderliche Bescheinigung des Landesministeriums, dass sie durch Reitunterricht an Klassen öffent- licher Schulen sowie anlässlich von Klassenfahrten, Ponykursen, Lehrgängen für Reiterabzeichen, Lehrgängen für Spring- und Dressurreiten sowie Aus- und Fortbildung für Reitlehrer Leistungen erbringt, die auf einen Beruf oder eine Prüfung vorbereiten, die vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegen ist. Das Finanzamt bewertete alle Kurse als umsatzsteuerpflichtig. Dagegen wehrte sich die GmbH. Es ging bis zum BFH.

So hat der BFH entschieden

Der BFH hat dem Finanzamt nur in Teilen recht gegeben. Er entschied und begründete wie folgt (BFH, Urteil vom 22.01.2025, Az. XI R 9/22, Abruf-Nr. 248388):

Behördliche Bescheinigung hat nur Indizwirkung

§ 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG sieht eine Steuerfreiheit für unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen privater Schulen und anderer Einrichtungen vor, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass

  • sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
  • bzw. in der neuen Fassung (seit 01.01.2025), dass sie Schul- bzw. Hochschulunterricht, Aus- bzw. Fortbildung oder berufliche Umschulung erbringen.

Das Finanzamt ist an die Bescheinigung der Landesbehörde nicht gebunden. Die Bescheinigung kann aber ein Indiz dafür sein, dass die Leistungen, soweit sie dem tatsächlichen Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen und keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben.

Reitunterricht ist kein Schul- oder Hochschulunterricht

Befreit sind nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG

  • die Erziehung von Kindern und Jugendlichen,
  • Schul- und Hochschulunterricht,
  • Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung.

Dabei verlangt Schul- und Hochschulunterricht die Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen. Als Aus- und Fortbildung im beruf- lichen Bereich ist dagegen auch ein punktueller Unterricht begünstigt. Pferdesport ist aber – so der BFH – kein Schul- oder Hochschulunterricht, weil er grundsätzlich der Freizeitgestaltung dient und als Freizeitsport betrieben wird. Daran ändert nichts, dass sich der (professionelle) Berufssport, den es zweifelsfrei auch im Pferdesport gibt, aus dem Amateur- und Hobbysport speist und er dort seine Anfänge nehmen mag. Er ist deswegen nicht als Schul- oder Hochschulunterricht von der Umsatzsteuer befreit.

Der BFH verweist hier auf die Rechtsprechung zu Segelkursen (EuGH, Beschluss 19.12.2019, Rs. C 715/18, Abruf-Nr. 248737), Fahrschulen (EuGH, Urteil vom 14.03.2019, Rs. C 449/17, Abruf-Nr. 248738), Schwimmschulen (EuGH, Urteil vom 21.10.2021, Rs. C 373/19, Abruf-Nr. 248739), Jagdschulen (BFH, Urteil vom 18.12.2003, Az. V R 62/02, Abruf-Nr. 040390) oder Tanzschulen (BFH, Urteil vom 27.04.2006, Az. V R 53/04, Abruf-Nr. 062056).

Allein der Erwerb bestimmter Fähigkeiten ist noch keine Vorbereitung auf einen Beruf. Sonst wäre der Umfang der Steuerbefreiung grenzenlos, weil (nahezu) jede Tätigkeit auch beruflich ausgeübt werden kann.

Reitunterricht kann aber der beruflichen Ausbildung dienen

Der BFH folgte aber der Vorinstanz dahingehend, dass der Reitunterricht als Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung steuerbefreit sein kann. Nämlich dann, wenn – wie hier der Fall – die Kurse darauf ausgerichtet sind, Fähigkeiten zu vermitteln, die es ermöglichen, einen konkreten Beruf – hier Turniersportreiter – zu ergreifen. Mit dem Unterricht war auf das (erfolgreiche) Ablegen von Leistungsabzeichen vorbereitet worden, mit denen wiederum eine Jahresturnierlizenz zur Teilnahme an Turniersportprüfungen erworben werden konnte. Ohne eine solche Jahresturnierlizenz sei der Einstieg in den Beruf des Turniersportreiters nicht möglich. Aufgrund der Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde bestehe außerdem eine Indizwirkung, dass die Leistungen nicht der bloßen Freizeitgestaltung dienten.

Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung können auch dann vorliegen, wenn nur wenige Teilnehmer eines Kurses die Absicht haben oder gar davon Gebrauch machen, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten später durch Vertiefung und Fortentwicklung beruflich zu nutzen.

Sport ist nur nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG befreit

Leistungen, bei denen die Möglichkeit im Vordergrund steht, gemeinsam mit anderen Sport zu treiben, sind – so der BFH – nicht als Unterricht anzusehen. Sie können aber unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG steuerfrei sein. Das setzt aber voraus, dass die Anbieter gemeinnützig sind.

AUSGABE: SSP 8/2025, S. 20 · ID: 50490831

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