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Außergewöhnliche BelastungZivilprozesskosten: Es gibt neue Urteile zum Abzug als außergewöhnliche Belastung
| Der Abzug von Kosten für Zivilprozesse als außergewöhnliche Belastung beschäftigt wieder die Gerichte – aktuell das FG Niedersachsen und das FG Münster. Ein FG hat den Abzug bejaht, das andere verneint. In beiden Fällen ist jetzt noch der BFH am Zug. SSP bringt Sie auf den Stand der Dinge. |
Der steuerrechtliche Hintergrund zum Prozesskosten-Abzug
Der Gesetzgeber hat im Jahr 2013 die Abzugsregeln erheblich verschärft. Seitdem sind Zivilprozesskosten nur ausnahmsweise als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Nämlich dann, wenn der Steuerzahler ohne den Prozess – und dessen Kosten – Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse im üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können (§ 33 Abs. 2 S. 4 EStG).
Ob diese Voraussetzungen in den konkreten Fällen erfüllt waren, mussten die zuständigen FG entscheiden.
Um diesen Fall ging es vor dem FG Niedersachsen
Im Fall vor dem FG Niedersachsen hatte ein Steuerzahler im Jahr 2015 u. a. einen Forstbetrieb gegen Altenteilleistungen übertragen bekommen. Zuvor war er dort angestellt. Noch im selben Jahr forderte die Übergeberin gerichtlich die Rückübertragung des Betriebs. Sie trug vor, bei der Übertragung demenzbedingt geschäftsunfähig gewesen zu sein. Dagegen klagte der neue Inhaber vor den Zivilgerichten. Die Prozesskosten machte er als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Darum hat das FG Niedersachen den Abzug bejaht
Das FG hat der Klage aus folgenden Gründen stattgegeben (FG Niedersachsen, Urteil vom 15.04.2024, Az. 9 K 28/23, Abruf-Nr. 243968):
- Der Kläger hat seine Bedürfnisse überwiegend aus den Erträgen des Forstbetriebs bestritten. Wäre das Rückübertragungsverlangen erfolgreich gewesen, wären ihm nur Einkünfte unterhalb des Grundfreibetrags verblieben.Ohne Forstbetrieb lägen Einkünfte unter Grundfreibetrag
- Die Berührung des steuerlichen Existenzminimums erfüllt den Tatbestand der Gefahr für die Existenzgrundlage und die Bedürfnisbefriedigung im üblichen Rahmen. Dem stand auch nicht entgegen, dass der Steuerzahler bei einer Niederlage vor Gericht seine Angestelltentätigkeit hätte wieder aufnehmen können.Wiederaufnahme der Angestelltentätigkeit schließt ...
- Der Verlust der Existenzgrundlage erfordert keinen dauerhaften Verlust der materiellen Lebensgrundlage.... Abzugsfähigkeit nicht aus
Was sagt der BFH?
Letztlich entscheiden muss der BFH. Bei ihm ist unter dem Az. VI R 22/24 die Revision anhängig.
Um diesen Fall ging es vor dem FG Münster
Im Fall vor dem FG Münster ging es um Kosten für einen Prozess zur Erlangung nachehelichen Unterhalts. Zwei Ex-Eheleuten war es bei der Trennung nicht gelungen, eine einvernehmliche Regelung über den nachehelichen Unterhalt für die Frau zu treffen.
Finanzamt lehnt Berücksichtigung der Scheidungsprozesskosten ab
Folglich klagte diese ihn im Scheidungsverfahren in Höhe von ca. 1.500 Euro monatlich ein. Der Mann war der Ansicht, keinen nachehelichen Unterhalt zahlen zu müssen, weil er die Frau anderweitig abgefunden habe. Im Beschwerdeverfahren vor dem OLG schlossen die Parteien dann einen Vergleich, wonach sich der nacheheliche Unterhalt auf 900 Euro mit einer längeren Befristung belief. Die Frau wollte zumindest den Teil der Prozesskosten, der auf den Antrag auf Unterhalt entfiel, als außergewöhnliche Belastungen anerkannt bekommen. Das Finanzamt lehnte das ab. Es ging vor Gericht.
Darum schloss sich FG Münster dem Votum des Finanzamts an
Das FG Münster schloss sich dem Votum des Finanzamts an. Die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Kosten als außergewöhnliche Belastungen hätten nicht vorgelegen, weil die Regelung in § 33 Abs. 2 S. 4 EStG, wonach Prozesskosten ausnahmsweise abzugsfähig sind, wenn ohne den geführten Prozess die Gefahr des Verlusts der Existenzgrundlage bestanden hätte, nicht eingreife (FG Münster, Urteil vom 18.09.2024, Az. 1 K 494/18 E, Abruf-Nr. 244277).
Nach der Rechtsprechung des BFH sei für die Beurteilung der Existenzgefährdung das sozialhilferechtliche Existenzminimum maßgeblich. Bei der Prüfung sei das frei verfügbare Einkommen der Steuerzahlerin zu berücksichtigen. Dieses habe zum maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung im Jahr 2013 deutlich über dem Existenzminimum gelegen. Dabei sei die Arbeitskraft der Frau einzubeziehen, obwohl sie lediglich über befristete Arbeitsstellen verfügt habe. Denn es sei ihr aufgrund ihrer hohen Qualifikation und ihrer Berufserfahrung gelungen, nahtlos eine neue Anstellung zu finden.
Im Klartext: Prozesskosten sind jedenfalls dann nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind, wenn die unterhaltsberechtigte Person eigene Einkünfte oberhalb des Existenzminimums erzielt.
Lässt der BFH auf die Nichtzulassungsbeschwerde die Revision zu?
Das FG hatte die Revision zum BFH nicht zugelassen. Dagegen wehrt sich die Steuerzahlerin. Sie hat beim BFH Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Diese trägt das Az. VI B 56/24. SSP bleibt für Sie am Ball.
AUSGABE: SSP 1/2025, S. 9 · ID: 50205093