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PV-AnlagenRückwirkende IAB-Auflösung bei steuerfreien PV- Anlagen: BFH hegt Zweifel an Verwaltungspraxis
| Viele SSP-Leser haben im Jahr 2021 – oder früher – für die Anschaffung einer PV-Anlage einen Investitionsabzugsbetrag (IAB) nach § 7g Abs. 1 EStG gebildet. Erfolgte die Anschaffung im Jahr 2022 – oder später – und unterlag die PV-Anlage der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG, versagte das Finanzamt regelmäßig rückwirkend den Abzug. Der BFH hat jetzt Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens angemeldet. |
Um diesen Fall ging es beim BFH
Im konkreten Fall wollte A seit 2021 auf seinem Einfamilienhaus eine PV-Anlage (zehn kWp) installieren. Angebote und Totalgewinnprognose lagen vor, sodass er für 2021 einen IAB in Höhe von 50 Prozent der geplanten Anschaffungskosten bildete (§ 7g Abs. 1 EStG). Die Installation der PV-Anlage erfolgte im Jahr 2022. Somit fällt die PV-Anlage unter die zwischenzeitlich eingeführte Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG; für sie ist folglich kein Gewinn zu ermitteln. Deshalb löste das Finanzamt den 2021 gebildeten IAB nicht 2022 – im Jahr der Anschaffung – auf, sondern versagte ihn rückwirkend im Jahr 2021. Dadurch fiel für A die geplante Steuerersparnis ins Wasser.
BFH stellt rückwirkende IAB-Auflösung in Frage und gewährt AdV
Ob das Finanzamt mit der rückwirkenden Auflösung des IAB richtig liegt, ist jedoch umstritten. Der BFH jedenfalls hegt Zweifel an der Auffassung der Finanzverwaltung. Er sah es in seinem AdV-Beschluss vom 15.10.2024 (Az. III B 24/24, Abruf-Nr. 244577) – im Gegensatz zur Vorinstanz, dem FG Köln (Urteil vom 14.03.2024, Az. 7 V 10/24, Abruf-Nr. 240797) – nämlich als ernstlich zweifelhaft an, dass ein im Jahr 2021 in Abzug gebrachter IAB für eine im Jahr 2022 tatsächlich erworbene und nach § 3 Nr. 72 EStG steuerbefreite PV-Anlage allein aufgrund der Steuerbefreiung im Jahr 2021 rückgängig zu machen ist. Folglich sei die beantragte AdV zu gewähren, bis eine Entscheidung über den Einspruch vorliegt.
Praxistipp | Zu der Rechtsfrage sind derzeit zwei Hauptsacheverfahren anhängig: Eines beim FG Rheinland-Pfalz (Az. 2 K 1110/24) und eines beim FG Hessen (Az. 10 K 162/24). Sind auch Sie von der Problematik betroffen, sollten Sie Einspruch einlegen, auf die Verfahren verweisen und der Verfahrensruhe zustimmen. Fordert das Finanzamt für 2021 infolge der rückwirkenden IAB-Auflösung Zinsen, sollten Sie für diese zudem einen Antrag auf Erlass aus Billigkeitsgründen stellen (§ 227 AO). |
Wichtig | Jüngst hat ein SSP-Leser nachgefragt, ob für eine PV-Anlage, bei der der Strom zu mehr als zehn Prozent privat genutzt wird, überhaupt ein IAB gebildet werden kann. Schließlich fordere § 7g Abs. 1 EStG ja die (fast) ausschließliche betriebliche Nutzung des Wirtschaftsguts. Die Antwort lautet: Ja. Weil der private Verbrauch des Stroms eine Sachentnahme nach erfolgter Verwendung der PV-Anlage ist, liegt durch den privaten Stromverbrauch keine schädliche außerbetriebliche Nutzung der PV-Anlage vor (BMF, Schreiben vom 15.06.2022, Az. IV C 6 – S 2139-b/21/10001 :001, Abruf-Nr. 229836, Rz. 44).
AUSGABE: SSP 1/2025, S. 21 · ID: 50232614