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EinkommensteuerPrivates Wirtschaftsgut wird zerstört: In diesen Fällen ist ein Werbungskostenabzug zulässig
| Es ist steuerlicher Alltag, dass (auch) private Wirtschaftsgüter eingesetzt werden, um Einkünfte zu erzielen. Sei es der private Pkw, der für die Fahrt zur Arbeit genutzt wird, oder das Einfamilienhaus samt Inventar, das vermietet wird. Doch wie lassen sich für diese Wirtschaftsgüter Werbungskosten absetzen, wenn sie beschädigt oder zerstört werden? Z. B. durch einen Autounfall während der Fahrt zur Arbeit oder einen Brand am vermieteten Einfamilienhaus? SSP klärt auf. |
Grundsatz: Abzug nur über die Abschreibung
Aufwendungen für die Anschaffung beruflich veranlasster Arbeitsmittel, wie z. B. der Ausstattung eines häuslichen Arbeitszimmers oder einer vermieteten Ferienwohnung, können Sie meistens nicht in voller Höhe im Jahr der Anschaffung als Werbungskosten absetzen. Vielmehr müssen Sie die Aufwendungen über die Kalenderjahre der voraussichtlich gesamten Nutzungsdauer verteilen und in jedem dieser Jahre anteilig berücksichtigen („Abschreibung“). Erwerben Sie z. B. für ein Vermietungsobjekt eine Küche, dann sind die Aufwendungen bei Ihnen nicht sofort, sondern verteilt über die Nutzungsdauer von zehn Jahren, als Werbungskosten zu berücksichtigen (BFH, Urteil vom 03.08.2016, Az. IX R 14/15, Abruf-Nr. 190417).
Ausnahmefall GWG |
Wenn tatsächliche und geplante Nutzungsdauer abweichen
Das Problem an der Abschreibung über die voraussichtliche Nutzungsdauer ist, dass das Wirtschaftsgut eine tatsächliche Nutzungsdauer haben kann, die von der voraussichtlichen abweicht. Manchmal können Sie das Wirtschaftsgut länger als unterstellt nutzen. Dieser Umstand hat für die Besteuerung keine Relevanz. Und manchmal kommt es eben auch vor, dass Sie das Wirtschaftsgut nicht über die ganze voraussichtliche Nutzungsdauer nutzen können. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die häufigsten Fälle sind, dass das Wirtschaftsgut vor Ablauf der voraussichtlichen Nutzungsdauer zerstört, gestohlen oder verschrottet wird.
Beispiel 1 |
... kann Abschreibungspotenzial generieren |
Substanz-
einbuße kann zu Abschreibung für ... |
Verlust des Wirtschaftsguts durch Diebstahl oder Verschrottung
Scheidet das Wirtschaftsgut vor Ablauf der voraussichtlichen Nutzungsdauer aus, kommt ein Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG und § 7 EStG in Frage. § 7 Abs. 1 S. 7 EStG gestattet, dass Sie auch Abschreibungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung geltend machen können („AfaA“). Im Falle von Zerstörung, Diebstahl oder Verschrottung können Sie also den Schaden, konkret den noch nicht abgeschriebenen Restwert, über einen zusätzlichen Werbungskostenabzug absetzen. Denn es tritt ein unvorhergesehenes und außergewöhnliches Ereignis ein, das sich auf die Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts auswirkt und dessen Wert mindert.
Beispiel 2 |
... Abnutzung berechtigen Lösung: Durch die Verschrottung tritt eine Substanzeinbuße ein. Weil diese durch die Erzielung der Mieteinkünfte veranlasst ist, lässt sich der noch nicht abgeschriebene Restwert der Küche von 2.000 Euro als Werbungskosten absetzen. |
Wichtig | Abzugsfähig ist nur der noch nicht abgeschriebene Restwert. Welchen tatsächlichen Wert das gebrauchte Wirtschaftsgut zum Zeitpunkt der Zerstörung, des Diebstahls oder der Verschrottung hat, ist unbedeutend.
Das gilt für zerstörte Gebäude
Auch vermietete Gebäude können durch unvorhergesehene Ereignisse ganz oder teilweise zerstört werden. Typische Fälle sind Brand oder Naturkatastrophen wie Überschwemmung oder Sturm. Auch in diesen Fällen können Sie eine AfaA geltend machen (§ 7 Abs. 4 S. 3 EStG). Wurde das komplette Gebäude zerstört, dann ist der noch nicht abgeschriebene Restwert abzugsfähig. Wurde nur ein Teil zerstört, dann ist nur anteilig abzuschreiben.
Beispiel 3 |
Für ein Vermietungsobjekt belaufen sich die Anschaffungskosten auf 300.000 Euro und die jährliche Abschreibung auf 6.000 Euro (zwei Prozent). Der noch nicht abgeschriebene Restwert beträgt 240.000 Euro. Durch einen Brand wird das Gebäude teilweise zerstört und erleidet eine Wertminderung von 50 Prozent. Lösung: Über eine AfaA sind 120.000 Euro abzugsfähig (240.000 x 50 Prozent). |
Wichtig | Wird das Gebäude nach § 7 Abs. 5a EStG degressiv abgeschrieben, ist keine AfaA zulässig (§ 7 Abs. 5a S. 6 EStG). Soll sie dennoch erfolgen, muss vorab zur linearen Abschreibung gewechselt werden (§ 7 Abs. 5a S. 7 EStG).
Bei einem nur teilweise zerstörten Gebäude stellt sich die Frage, wie in den folgenden Jahren bezüglich der weiteren Gebäudeabschreibung zu verfahren ist. Können Sie wie bisher abschreiben? Oder nur den Anteil, den Sie nicht über die AfaA geltend gemacht haben? Hier schreibt § 11c Abs. 2 S. 1 EStDV vor, dass sich nach Vornahme der AfaA die weitere Abschreibung ab dem nächsten Kalenderjahr nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes abzüglich der vorgenommenen AfaA bemisst. Die Abschreibung ist also neu zu berechnen.
Beispiel 4 |
Wie Beispiel 3. Wie hoch ist die Abschreibung ab dem nächsten Jahr? Lösung: Bisher betrug die Abschreibung jährlich 6.000 Euro (300.000 Euro x 2 %). Da in dem Vorjahr eine AfaA in Höhe von 120.000 Euro vorgenommen wurde, beträgt die weitere Abschreibung jährlich 3.600 Euro (300.000 Euro abzüglich 120.000 Euro AfaA = 180.000 Euro; 180.000 Euro x 2 Prozent = 3.600 Euro). |
Haben Sie vor dem Schaden eine Versicherung abgeschlossen, die den Schaden ganz oder teilweise ersetzt, ist die Versicherungsleistung steuerpflichtig. Das gilt aber nur bis zu der Höhe, in der der Schaden als Werbungskosten berücksichtigt wurde – und nicht darüber hinaus (BFH, Beschluss vom 13.07.2000, Az. VI B 184/99, Abruf-Nr. 001310). Das gilt auch dann, wenn Sie mit dem Geld einen Neubau errichten. In dem Fall schreiben Sie die dafür aufgewandten Herstellungskosten vollständig nach § 7 Abs. 4 bzw. 5a EStG ab. Die Versicherungsleistung mindert die Herstellungskosten nicht.
Beispiel 5 |
... den Werbungs-
kostenabzug wegen AfaA Lösung: Infolge der Zerstörung ist eine AfaA in Höhe von 400.000 Euro als Werbungskosten zu berücksichtigen. Die Versicherungsleistung stellt eine steuerpflichtige Einnahme dar – allerdings nur in Höhe von 400.000 Euro (Deckelung auf den Werbungskostenabzug). Die weiteren 50.000 Euro unterliegen nicht der Besteuerung. Der errichtete Neubau ist ab Fertigstellung ausgehend von den 500.000 Euro Herstellungskosten nach § 7 Abs. 4 bzw. 5a EStG abzuschreiben. |
Wichtig | Die Deckelung der Steuerpflicht der Versicherungsleistung auf die Höhe des Werbungskostenabzugs gilt nur für Vermögensschäden. Leistet die Versicherung zusätzlich für entgangene Einnahmen, also für die bis zur Fertigstellung des Neubaus normalerweise eingehende Miete, dann ist diese Leistung immer steuerpflichtig (§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG).
Das gilt für beschädigte, zerstörte oder gestohlene private Pkw
Es ist alltäglich, dass ein privates Fahrzeug zur Erzielung von Einkünften genutzt wird – z. B. durch die Fahrt zu Ihrem Arbeitgeber. Tritt auf dieser Fahrt ein Ereignis ein, das zum Wertverlust des Fahrzeugs führt (z. B. Unfall), können Sie über § 7 Abs. 1 S. 7 EStG eine AfaA als Werbungskosten geltend machen. Allerdings ist auch dieser Abzug begrenzt.
Denn wird ein Fahrzeug des Privatvermögens bei einer beruflich veranlassten Fahrt beschädigt, nicht repariert und dann beschädigt veräußert, ist für die Höhe des Werbungskostenabzugs auf die ursprünglichen Anschaffungskosten des Fahrzeugs abzustellen. Diese sind um den Verkaufserlös und die normale Abschreibung zu reduzieren, die Sie bei einer ausschließlich beruflichen Nutzung des Fahrzeugs hätten geltend machen können (H 7.4 „AfaA“ EStH und BFH, Urteil vom 21.08.2012, Az. VIII R 33/09, Abruf-Nr. 123623). Der Zeitwert des Fahrzeugs vor dem Unfall bleibt hingegen – wie bereits bei den Immobilien – unberücksichtigt (BFH, Urteil vom 30.06.1995, Az. VI R 26/95).
Beispiel |
So berechnen Sie die AfaA im konkreten Fall Lösung: Zwar beträgt der tatsächliche Schaden für Malte 8.000 Euro (Zeitwert 11.500 Euro ./. Veräußerungserlös von 3.500 Euro). Diesen Betrag kann Malte jedoch nicht geltend machen. Abzugsfähig sind lediglich 1.500 Euro. Dieser Betrag errechnet sich, indem die Anschaffungskosten von 30.000 Euro um die fiktive lineare Abschreibung von 25.000 Euro (30.000 : 6 Jahre Nutzungsdauer = 5.000; 5.000 Euro x 5 Jahre Nutzung = 25.000 Euro) und um den Veräußerungserlös (3.500 Euro) gemindert werden. Wäre das Fahrzeug bereits (fiktiv) voll abgeschrieben gewesen, wäre überhaupt kein Werbungskostenabzug möglich (BFH, Urteil vom 24.11.1994, Az. IV R 25/94). |
Wird der auf einer beruflichen Fahrt eingetretene Schaden repariert, können Sie die Reparaturkosten in voller Höhe absetzen. Sofern eine Versicherung Leistungen erbringt, mindern diese den Werbungskostenabzug. Der Umstand, dass es sich von nun an bei dem Pkw um ein Unfallfahrzeug handelt („merkantiler Minderwert“), kann nicht gesondert geltend gemacht werden (BFH, Urteil vom 31.01.1992, Az. VI R 57/88). Wird das Fahrzeug nicht repariert – aber auch nicht verkauft –, bestimmt sich der Werbungskostenabzug nach der infolge des Unfalls eingetretenen Wertminderung. Bei dieser ist allerdings ebenfalls auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem fiktiven Buchwert des Fahrzeugs vor dem Unfall (= Kaufpreis abzüglich Abschreibung; nicht Zeitwert) und dem Wert des Fahrzeugs nach dem Unfall abzustellen (BFH, Urteil vom 24.11.1994, Az. IV R 25/94). Die für die Reparatur voraussichtlich anfallenden Aufwendungen bleiben deshalb ebenso unberücksichtigt wie der Zeitwert des Fahrzeugs vor dem Unfall.
AUSGABE: SSP 1/2025, S. 5 · ID: 50239894