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SonderausgabenKinderbetreuungskosten getrennter Eltern: Nach neuem BFH-Urteil sind kaum noch Fragen offen

Abo-Inhalt15.10.20243053 Min. Lesedauer

| Eltern können Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben geltend machen. Kompliziert wird es, wenn sich Eltern trennen und sie sich die Kosten für die Kinderbetreuung teilen. Wer hat dann wann und wie Anspruch auf den Sonderausgabenabzug? Dazu gibt es neue BFH-Rechtsprechung. |

Die Grundsätze zum Sonderausgabenabzug

Betreuen Sie Ihre Kinder nicht nur selbst, sondern beauftragen damit auch weitere Personen, können Sie die Aufwendungen als Kinderbetreuungskosten geltend machen. Das regelt § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Damit das Finanzamt Ihre Kinderbetreuungskosten anerkennt, müssen Sie folgende Voraussetzungen erfüllen (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG):

  • 1. Es muss sich um Dienstleistungen zur Betreuung handeln.
  • 2. Das Kind muss zu Ihrem Haushalt gehören.
  • 3. Das Kind darf das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
  • 4. Sie müssen eine Rechnung erhalten und diese unbar bezahlt haben.

Liegen die Voraussetzungen vor, können Sie die Kosten als Sonderausgaben absetzen. Jedoch nicht in voller Höhe, sondern nur zu 2/3 und mit max. 4.000 Euro pro Jahr und Kind (nicht pro Elternteil).

Praxistipp | Beim BFH ist unter dem Az. III R 8/23 ein Musterprozess zu der Frage anhängig, ob die in § 10 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 EStG geregelte Beschränkung der Betreuungskosten auf 2/3 und 4.000 Euro pro Jahr verfassungswidrig ist.

Der Abzug bei getrennten Eltern

Besonderheiten gelten bei getrennt lebenden Eltern, die keine Zusammenveranlagung beantragen können:

Streitfrage 1: „Kind-gehört-zum-Haushalt“-Kriterium verfassungsgemäß?

Bei Streitfrage 1 geht es darum, ob auch derjenige Elternteil Kinderbetreuungskosten geltend machen kann, der die Voraussetzung „Kind gehört zum Haushalt“ nicht erfüllt, aber effektiv Aufwendungen für die Betreuung des gemeinsamen Kindes trägt bzw. getragen hat. Hier sieht die Rechtsprechungslage wie folgt aus:

  • BFH, Urteil vom 11.05.2023, Az. III R 9/22, Abruf-Nr. 236246: In der Entscheidung hat der BFH die Auffassung vertreten, dass das Kriterium der Haushaltszugehörigkeit in § 10 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 EStG auf einer verfassungsrechtlich zulässigen Typisierung bzw. Förderung beruht. Er hat deshalb einem Vater, der mit 299 Euro die Hälfte der Kosten für den Besuch des Kindergartens und des Schulhorts getragen hatte, den Sonderausgabenabzug verwehrt, weil bei ihm die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 EStG nicht erfüllt waren. Dem Sonderausgabenabzug stand entgegen, dass die Tochter im Streitjahr allein zum Haushalt der Mutter gehörte.
  • Beim BFH anhängiges Revisionsverfahren mit dem Az. III R 8/23: Beim BFH ist noch das – oben schon erwähnte – Revisionsverfahren anhängig. Darin geht es nicht nur um die Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Abzugs. Zusätzlich steht auf der BFH-Agenda, ob die Haushaltszugehörigkeit des Kindes ein geeignetes Merkmal für den Abzug darstellt. Da der dritte Senat des BFH das in seinem Urteil vom 11.05.2023 schon bejaht hat, ist nicht ersichtlich, warum er hier anders entscheiden sollte.

Streitfrage 2: Abzug beim „paritätischen Wechselmodell“?

Vom „paritätischen Wechselmodell“ ist die Rede, wenn ein Kind gleichwertig in jedem Haushalt eines Elternpaars aufgenommen ist, das nicht miteinander verheiratet ist. Über den steuerlichen Abzug von Kinderbetreuungskosten in solchen Fällen musste jetzt der BFH entscheiden.

Im konkreten Fall klagte ein Vater, der bis zum 06.09.2015 mit seinem im Jahr X geborenen Kind und dessen Mutter einen gemeinsamen Hausstand unterhielt. Danach zog die Mutter aus der gemeinsamen Wohnung aus. Das Kind blieb beim Vater gemeldet und wurde zusätzlich mit Wohnsitz bei der Kindsmutter gemeldet. Es lebte in der Zeit von September bis Dezember 2015 wechselseitig eine Woche bei Mutter und Vater. In seiner Einkommensteuererklärung für 2015 beantragte der Vater

  • den Abzug von Kinderbetreuungskosten (Kindergarten- und Hortgebühren) in Höhe von 690 Euro (½ von 1.380 Euro) als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG und
  • den hälftigen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG) für vier Monate (September bis Dezember 2015) von 636 Euro (1.908 Euro : 12 x 4).

Der BFH hat beides abgelehnt (BFH, Urteil vom 10.07.2024, Az. III R 1/22, Abruf-Nr. 244198):

  • Beim Abzug von Kinderbetreuungskosten sei der Vater den Nachweis schuldig geblieben, dass er Kosten tatsächlich getragen habe. „Als Beleg für eine hälftige Kostentragung ist der Vortrag, der andere Elternteil habe das volle Kindergeld erhalten, für sich genommen nicht ausreichend.“ Wer sich auf eine Aufrechnung beruft, muss darlegen und ggf. beweisen, dass er zur Aufrechnung berechtigt war und diese erklärt hat.
  • Erfüllen bei annähernd gleichwertiger Haushaltsaufnahme des Kindes beide Elternteile die Voraussetzungen für den Abzug des Entlastungsbetrags nach § 24b EStG, ist für die Entscheidung, wem dieser zusteht, grundsätzlich vorrangig den Berechtigten die Bestimmung zu überlassen, wer von ihnen den Entlastungsbetrag erhalten soll. Treffen die Berechtigten keine Bestimmung untereinander, steht der Entlastungsbetrag demjenigen zu, an den das Kindergeld gezahlt wird. Das war hier die Mutter.

AUSGABE: SSP 11/2024, S. 5 · ID: 50198831

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