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WerbungskostenWelche Aufwendungen Führungskräfte absetzen dürfen: Alles rund um die Bewirtung

Abo-Inhalt26.06.20247 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Mitarbeiter motivieren, das Unternehmen repräsentieren, Geschäftskontakte pflegen – die Aufgaben von Führungskräften unterscheiden sich von denen „normaler“ Arbeitnehmer. Darum haben Führungskräfte oft auch mehr Ausgaben im Job-Umfeld. Die Gretchenfrage, die sich dabei immer stellt: Handelt es sich um Werbungskosten? Und weiter: Was gilt speziell beim Eintritt in den Ruhestand? Oder für die teilweise Weitergabe einer Tantieme? SSP nimmt sich in einer zweiteiligen Serie eine Reihe typischer Ausgaben vor und prüft ihre Abzugsfähigkeit. In Teil 1 dreht sich alles um die Bewirtung. |

So lautet der Grundsatz zum Werbungskostenabzug

Werbungskosten sind Aufwendungen zum Erwerb, Sichern und Erhalt von Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. So steht es in § 9 Abs. 1 S. 1 und 2 EStG. Darauf aufbauend finden sich ab S. 3 der Vorschrift die typisierenden Beispiele für Werbungskosten wie z. B. Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte, Beiträge an Berufsverbände und Reisekosten. Diese Grunddefinition gilt für „normale“ Arbeitnehmer genauso wie für Führungskräfte. Eine Spezialvorschrift für Führungskräfte gibt es nicht.

Doch in § 9 Abs. 1 EStG und seinen Sätzen steckt – das sei schon mal vorweggenommen – jenseits der „allgemein bekannten Werbungskosten“ noch einiges an Steuersparpotenzial. Der Grund dafür: Zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen muss lediglich ein objektiver Veranlassungszusammenhang bestehen. Sprich: Die Aufwendungen müssen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen und subjektiv zu dessen Förderung erbracht werden (BFH, Urteil vom 01.02.2007, Az. VI R 25/03, Abruf-Nr. 071086).

Praxistipp | Zwar richten sich die nachfolgenden Aufwendungen und der damit verbundene Werbungskostenabzug an Führungskräfte. Wenn „normale“ Arbeitnehmer die jeweiligen Voraussetzungen erfüllen, können sie den Abzug aber ebenfalls vornehmen.

Das gilt für Bewirtungsaufwendungen einer Führungskraft

Bei der Frage, ob eine Führungskraft Bewirtungskosten für Geschäftspartner und Kunden sowie unterstellte Mitarbeiter und Arbeitnehmer desselben Arbeitgebers als Werbungskosten abziehen darf, ist dreistufig zu prüfen. Nämlich:

  • 1. Liegt eine berufliche oder private Veranlassung vor?
  • 2. Wie sind gemischt veranlasste Aufwendungen aufzuteilen?
  • 3. Besteht eine Abzugsbeschränkung?

Frage 1: Berufliche oder private Veranlassung?

Für den Abzug von Bewirtungskosten ist in erster Linie der Anlass der Bewirtung maßgebend. Er muss beruflicher Natur sein (BFH, Urteil vom 10.07.2008, Az. VI R 26/07, Abruf-Nr. 082984 und Urteil vom 20.01.2016, Az. VI R 24/15, Abruf-Nr. 187517). Weitere Kriterien können der Ort der Veranstaltung, der Veranstalter, die Teilnehmer und die Modalitäten der Durchführung sein. Ergo: Letztlich entscheidend für die steuerliche Einordnung sind die Gesamtumstände des Einzelfalls.

Diese Anlässe sprechen für abzugsfähige Bewirtungsaufwendungen

Bewirtet die Führungskraft einen Geschäftspartner (z. B. anlässlich eines Vertragsabschlusses), ist die erforderliche Veranlassung unstrittig gegeben. Es können aber auch herausgehobene persönliche Ereignisse beruflicher Natur sein. Das ist z. B. bei einem Dienstjubiläum der Fall, weil bei diesem die Führungskraft den eingeladenen Arbeitnehmern ihren Dank und ihre Anerkennung für die geleistete Treue ausspricht (BFH, Urteil vom 20.01.2016, Az. VI R 24/15, Abruf-Nr. 187517). Ebenso sind nach den Umständen des Einzelfalls abzugsfähig:

  • Die Aufwendungen eines GmbH-Geschäftsführers anlässlich seines 60. Geburtstags (BFH, Urteil vom 10.11.2016, Az. VI R 7/16, Abruf-Nr. 190987).
  • Die Feier eines angestellten Steuerberaters, auf der einerseits sein runder Geburtstag und andererseits seine Bestellung zum Steuerberater gefeiert wird (BFH, Urteil vom 21.10.2015, Az. VI R 46/14, Abruf-Nr. 180249).
  • Die Abschiedsfeier eines Oberarztes (BFH, Urteil vom 26.01.2010, Az. VI B 95/09, Abruf-Nr. 230087), eines leitenden Beamten (FG München, Urteil vom 21.07.2009, Az. 6 K 2907/08, Abruf-Nr. 093839) oder eines Finanzbeamten, der in die freie Wirtschaft wechselt (FG Hessen, Urteil vom 23.04.2013, Az. 3 K 11/10, Abruf-Nr. 133225).

Ort der Bewirtung ist ein weiteres Indiz für die berufliche Veranlassung

Für eine berufliche Veranlassung muss auch der Ort der Bewirtung sprechen:

  • Findet die Bewirtung in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers statt und idealerweise während der gewöhnlichen Arbeitszeit, spricht das generell für eine berufliche Veranlassung.
  • Findet die Bewirtung in einer exklusiven Umgebung (z. B. Yacht, Schlosssaal) statt, spricht das eher für eine private Motivation. Das gilt insbesondere, wenn die Aufwendungen für die Bewirtung in einem krassen Missverhältnis zu den Einnahmen der bewirtenden Führungskraft stehen. Schließlich würde diese regelmäßig Bewirtungskosten nicht tragen, die ihre Einnahmen übersteigen, und sie keine entsprechende erfolgsabhängige Vergütung erhielte.

Das Finanzamt schaut sich auch die Teilnehmerliste an

Neben Anlass und Ort ist auch auf den Teilnehmerkreis abzustellen:

  • Handelt es sich bei den bewirteten Personen um Geschäftspartner der Führungskraft, Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse oder Arbeitskollegen, spricht das für eine berufliche Veranlassung der Bewirtung.
  • Nehmen an der Bewirtung nur ganz bestimmte, von der bewirtenden Führungskraft ausgesuchte, Arbeitskollegen teil, kann es sich – weil die Führungskraft zu diesen möglicherweise freundschaftliche Beziehungen pflegt – um eine privat motivierte Bewirtung handeln (BFH, Urteil vom 08.07.2015, Az. VI R 46/14, Abruf-Nr. 180249).
  • Lädt die Führungskraft die komplette Abteilung oder einen bestimmten Bereich aller Arbeitnehmer (z. B. alle Außendienstleiter) ein, spricht das erheblich für die berufliche Veranlassung. Das gilt selbst dann, wenn die Führungskraft zu einigen Kollegen freundschaftliche Kontakte pflegt.

Auch die Orga hat Einfluss auf die steuerliche Bewertung

Zudem ist bei der Würdigung sämtlicher Umstände zu berücksichtigen, wer die Einladung zu der Bewirtung ausgesprochen hat:

  • Organisiert und veranstaltet der Arbeitgeber ohne Mitspracherecht der Führungskraft die Veranstaltung, sprich tritt der Arbeitgeber als Gastgeber auf und bestimmt die Gästeliste, handelt es sich um ein Fest des Arbeitsgebers. Trägt die Führungskraft dafür Aufwendungen oder bezuschusst das Fest, sind die Kosten als Werbungskosten abzugsfähig.
  • Organisiert die Führungskraft parallel dazu eine weitere Veranstaltung mit demselbem Anlass, spricht – aus Sicht der Finanzverwaltung – einiges dafür, dass die privaten Gründe für das zweite Fest überwiegen. Somit sind die Aufwendungen nicht abzugsfähig.

Frage 2: Und was ist nun genau abzugsfähig?

Ist die Bewirtung beruflich veranlasst, ist zu prüfen, welche Aufwendungen abzugsfähig sind. Die Abzugsfähigkeit ist nämlich nicht automatisch für sämtliche Aufwendungen gegeben. Nehmen an der beruflich veranlassten Bewirtung Personen aus privatem Anlass teil (z. B. Familienangehörige, Freunde und Nachbarn), sind die auf diese Personen entfallenden Aufwendungen – trotz beruflicher Veranlassung der Bewirtung – nicht abzugsfähig. In dem Fall sind die Gesamtkosten der Bewirtung auf die Teilnehmer nach Köpfen aufzuteilen (BFH, Urteil vom 08.07.2015, Az. VI R 46/14, Abruf-Nr. 180249).

Frage 3: Besteht eine Abzugsbeschränkung?

Bei einer Bewirtung durch einen Arbeitnehmer, also auch durch eine Führungskraft, wird die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG über § 9 Abs. 5 S. 1 EStG sinngemäß angewendet. Das hat zur Folge, dass zu unterscheiden ist, wer bewirtet wird und ob die Bewirtung geschäftlich veranlasst ist.

Das gilt bei Bewirtungen aus nicht-geschäftlichem Anlass

Findet die Bewirtung nicht aus geschäftlichem Anlass statt, kann die bewirtende Führungskraft die Aufwendungen vollständig als Werbungskosten geltend machen. Das ist immer dann der Fall, wenn die Führungskraft

  • nicht selbst als bewirtende Person auftritt, weil es sich um ein komplett vom Arbeitgeber ausgerichtetes Fest handelt (BFH, Urteil vom 11.01.2007, Az. VI R 52/03, Abruf-Nr. 070563 und 19.06.2008, Az. VI R 48/07, Abruf-Nr. 082532),
  • erfolgsabhängige Bezüge erhält und eigene Mitarbeiter bewirtet, um sie zu einer Leistungssteigerung zu motivieren (BFH, Urteil vom 19.06.2008 Az. VI R 33/07, Abruf-Nr. 083033),
  • aus beruflichem Anlass Aufwendungen für die Bewirtung von Kollegen trägt (BFH, Urteil vom 10.07.2008 Az. VI R 26/07, Abruf-Nr. 082984).

Außerdem kann die Feier eines runden Geburtstags nicht geschäftlich veranlasst und somit vollständig abzugsfähig sein. Das ist der Fall, wenn die Feier nicht in erster Linie der Ehrung des Jubilars, sondern dem kollegialen Miteinander und daher der Pflege des Betriebsklimas dient, der Jubilar mit der Einladung der Belegschaft Dank und Anerkennung zollt oder gefestigten betrieblichen Gepflogenheiten Rechnung trägt (BFH, Urteil vom 10.11.2016, Az. VI R 7/16, Abruf-Nr. 190987). Entsprechend lassen sich auch die Aufwendungen für eine betriebsinterne Feier anlässlich eines Dienstjubiläums vollständig absetzen, wenn die Führungskraft die Gäste nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien einlädt (BFH, Urteil vom 20.01.2016, Az. VI R 24/15, Abruf-Nr. 187517).

Beispiel

Der Arbeitgeber der Führungskraft richtet anlässlich dessen Ausscheidens aus dem Unternehmen im Betrieb eine Abschiedsfeier aus, die die Führungskraft mit 2.500 Euro bezuschusst. An der Feier nehmen 100 Personen teil, davon auch fünf aus dem privaten Umfeld der Führungskraft.
Lösung: Die Abschiedsfeier ist beruflich veranlasst; die Aufwendungen sind daher als Werbungskosten abzugsfähig. Aber: Die Abzugsfähigkeit gilt aufgrund der privaten Teilnehmer nur für 2.375 Euro (2.500 Euro : 100 Personen x 95 Personen).

Das gilt bei Bewirtungen aus geschäftlichem Anlass

In allen anderen Fällen liegt eine berufliche Bewirtung aus geschäftlichem Anlass vor, klassischerweise also die Bewirtung von Geschäftspartnern und Kunden des Arbeitgebers. Deshalb sind die Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG nur zu 70 Prozent als Werbungskosten abzugsfähig. Um diesen verringerten Abzugsbetrag zu erhalten, muss die bewirtende Führungskraft zudem die Nachweispflichten des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG erfüllen. Das bedeutet: Neben dem Nachweis der beruflichen Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen sind der Ort, der Tag, die Teilnehmer und der Anlass der Bewirtung sowie die Höhe der Aufwendungen aufzuzeichnen.

Praxistipp | Nice to know: Eine beruflich veranlasste und zu 70 Prozent abzugsfähige Bewirtung kann auch in einem „Katerfrühstück“ mit einem Geschäftspartner nach einer durchzechten Nacht bestehen (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08.11.2021, Az. 16 K 11381/18, Abruf-Nr. 228670).
Weiterführender Hinweis
  • In Teil 2 des Beitrags erfahren Sie, welche Aufwendungen Führungskräfte – angefangen vom Geschenk bis zur Abschiedsfeier – sonst noch absetzen dürfen.

AUSGABE: SSP 7/2024, S. 14 · ID: 50053432

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