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EinkommensteuerMitarbeiterkapitalbeteiligungen: BMF legt Spielregeln ab 2024 fest
| Mit dem „Zukunftsfinanzierungsgesetz“ hatte der Gesetzgeber Mitarbeiterkapitalbeteiligungen ab 2024 erheblich attraktiver gemacht. Seither beträgt der steuerliche Freibetrag nicht mehr 1.440 Euro sondern 2.000 Euro und auch die in § 19a EStG geregelte aufgeschobene Besteuerung wurde erheblich verbessert. Jetzt hat das BMF in einem 20-seitigen Schreiben die Anwendungsregeln konkretisiert. |
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen ab 2024
Der Gesetzgeber will fördern, dass sich Arbeitnehmer am Unternehmen ihres Arbeitgebers beteiligen. Deshalb hat er
- den Vorteil eines Arbeitnehmers aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung bestimmter Vermögensbeteiligungen durch den Arbeitgeber steuerfrei gestellt, soweit dieser Vorteil insgesamt 2.000 Euro nicht übersteigt (Freibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG). Dafür muss
- die Überlassung des Vermögens im Rahmen des gegenwärtigen Dienstverhältnisses erfolgen und
- die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern offenstehen, die im Zeitpunkt des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.
- besteuert er den – nicht nach § 3 Nr. 39 EStG steuerfreien – Teil des geldwerten Vorteils aus der Übertragung einer Vermögensbeteiligung nicht schon im Zuflusszeitpunkt, sondern schiebt die Besteuerung auf einen späteren Zeitpunkt hinaus (§ 19a EStG). Diese Regelung greift allerdings nur, sofern das Unternehmen des Arbeitgebers
- bestimmte Schwellenwerte beim Jahresumsatz, der Jahresbilanzsumme und der Anzahl der Mitarbeiter nicht überschreitet
- oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre nicht überschritten hat und
- seine Gründung nicht mehr als 20 Jahre zurück liegt.
Es sollen also nur Arbeitnehmer kleiner und mittelgroßer Unternehmen profitieren.
Das neue BMF-Schreiben vom 01.06.2024
In dem neuen – 20 Seiten umfassenden – Schreiben (vom 01.06.2024, Az. IV C 5 – S 2347/24/10001 :001, Abruf-Nr. 241825) befasst sich das BMF ausführlich mit der lohnsteuerlichen „Behandlung der Überlassung bzw. Übertragung von Vermögensbeteiligungen ab 2024“.
Das sagt das BMF zu § 3 Nr. 39 EStG
Zu § 3 Nr. 39 EStG sind insbesondere folgende Änderungen erwähnenswert:
- Der Ausschluss von Mitarbeitern mit Insiderinformationen über das Unternehmen ist nun ausdrücklich geboten und steht der Inanspruchnahme des Freibetrags von 2.000 Euro für die anderen Mitarbeiter nicht entgegen.
- Ebenso braucht der Arbeitgeber das Beteiligungsangebot an diejenigen Arbeitnehmer richten, die an ein ausländisches Unternehmen entsendet sind
- Allein die Option zum Ausschluss bestimmter Arbeitnehmer/Gruppen ist unschädlich. Erst die Ausübung der Option kann die Steuerfreiheit gefährden.
- Sogenannte virtuelle Beteiligungen (schuldrechtliche Bonusversprechen des Arbeitgebers) sind keine begünstigten Vermögensbeteiligungen.
Das sagt das BMF zu § 19a EStG
Was § 19a EStG betrifft, gibt es unter anderem folgende Klarstellungen:
- Als Arbeitgeber gelten auch Gesellschafter des Arbeitgebers.
- Die Vermögensbeteiligung muss zusätzlich zum ohnehin gewährten Arbeitslohn gewährt werden.
- Die Umwandlung virtueller Beteiligungen in echte Vermögensbeteiligungen ist unschädlich.
- Für ab dem 01.01.2024 übertragene Beteiligungen gilt der Vorteil auch dann als zugeflossen, wenn es dem Arbeitnehmer rechtlich unmöglich ist, darüber zu verfügen. Dafür muss er der aufgeschobenen Besteuerung zustimmen.
- Wird die Besteuerung schließlich nachgeholt, gilt: Ab 2025 nimmt der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug ohne Berücksichtigung der Fünftel-Regelung.
Beispiel |
Der Arbeitnehmer erhält von den Gründern einer in 2020 gegründeten Start-up-Gesellschaft, die die in § 19a Absatz 3 Satz 1 EStG genannten Schwellenwerte nicht überschreitet, im Jahr 2024 unentgeltlich nach § 19a EStG begünstigte Anteile mit einem Wert von 10 000 Euro als zusätzlichen Arbeitslohn vinkuliert übertragen. Der Arbeitnehmer stimmt der vorläufigen Nichtbesteuerung nach § 19a Absatz 1 EStG zu (§ 19a Absatz 2 Satz 1 EStG). Im Jahr 2028 sind die Anteile 50 000 Euro wert. Im Zuge eines Exits (Ausstieg der Gründer der Start-up-Gesellschaft) sollen sämtliche Anteile an einen Investor veräußert werden. Die Gesellschaft erteilt nunmehr die Zustimmung zu einer Veräußerung, die anschließend auch vom Arbeitnehmer durchgeführt wird. Lösung: Aufgrund der Fiktion in § 19a Absatz 1 Satz 3 EStG gilt der geldwerte Vorteil von 10 000 Euro mit der Anschaffung im Jahr 2024 als zugeflossen. § 19a EStG findet Anwendung, sodass die Lohnversteuerung erst zum Zeitpunkt der Veräußerung im Jahr 2028 und dann mit einem Betrag von 8.000 Euro (geldwerter Vorteil ./. Freibetrag von 2.000 Euro) unter Anwendung des progressiven Steuertarifs erfolgt. Der Wertzuwachs von 40 000 Euro zwischen der Anschaffung im Jahr 2024 und der Veräußerung im Jahr 2028 unterliegt der Besteuerung nach § 20 bzw. § 17 EStG. |
Werden Teile der Vermögensbeteiligungen veräußert oder unentgeltlich übertragen, so unterliegt der Besteuerung nur der Vorteil, der damit im Zusammenhang steht und bisher nicht besteuert worden ist. Vorbehaltlich eines anderen Nachweises wird davon ausgegangen, dass die zuerst übertragenen Vermögensbeteiligungen zuerst veräußert werden.
Beispiel |
Im März 2024 und März 2025 überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer unentgeltlich jeweils 100 Aktien. Für das Jahr 2024 beträgt der nach § 19a Absatz 1 Satz 1 EStG nicht besteuerte Vorteil 2.000 Euro, für das Jahr 2025 2.500 Euro. Der Arbeitnehmer stimmt der Besteuerung in einem späteren Zeitpunkt nach § 19a Abs. 2 S. 1 EStG zu. Im August 2028 veräußert der Arbeitnehmer 150 Aktien. Lösung: Durch die Veräußerung der 150 Aktien ist der Besteuerungstatbestand des § 19a Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG erfüllt. Im August 2028 unterliegen folgende Vorteile als sonstiger Bezug dem Lohnsteuerabzug: für 2024: 100 / 100 Aktien x 2.000 Euro = 2.000 Euro für 2025: 50 / 100 Aktien x 2.500 Euro = 1.250 Euro zusammen = 3.250 Euro. Im März 2040 (15 Jahre nach Übertragung im Jahr 2025) unterliegen die Vorteile i. H. d. Restbetrags von 1.250 Euro (2.000 Euro nicht besteuert im März 2024 + 2.500 Euro nicht besteuert im März 2025 ./. der im August 2028 besteuerten Vorteile von 3.250 Euro) als sonstiger Bezug dem Lohnsteuerabzug. Daneben tritt die Besteuerung nach § 20 bzw. § 17 EStG. Zum Fall der Wertminderung siehe Rn. 49 ff) |
- Lehrvideo Nummer 58 „Mitarbeiterkapitalbeteiligungen wurden durch Zukunftsfinanzierungsgesetz verbessert: Ab 2024 sind sie so lukrativ wie nie zuvor“ ssp.iww.de → Abruf-Nr. 49850154
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