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EinkommensteuerNeues zur Steuerermäßigung nach § 35a EStG bei beruflicher Tätigkeit in der eigenen Wohnung

Abo-Inhalt26.06.20246 Min. LesedauerVon Diplom-Finanzwirt (FH) Michael Heine, LL.M., Stauchitz

| Für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen, die im Privathaushalt erbracht werden, gewähren § 35a Abs. 2 und 3 EStG eine Steuerermäßigung in Höhe von 20 Prozent der Lohnaufwendungen. Gehen Sie Ihrer beruflichen Tätigkeit von zuhause aus nach, entsteht eine Konkurrenz zum Abzug der Dienst- oder Handwerkerleistungen als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten. In diesem Konkurrenzverhältnis haben sich durch die neuen gesetzlichen Regeln zum häuslichen Arbeitszimmer und der Tagespauschale Veränderungen ergeben. SSP stellt sie vor. |

Prinzip: Vorrang von Betriebsausgaben und Werbungskosten

Der Gesetzgeber möchte sicherstellen, dass Aufwendungen steuerlich nicht doppelt berücksichtigt werden: Als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten und zusätzlich bei der Gewährung der Steuerermäßigung nach § 35a EStG. Daher ist das Verhältnis beider Bereiche in § 35a Abs. 5 S. 1 EStG klargestellt. Eine Steuerermäßigung ist nur möglich, soweit die Aufwendungen keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen. Regelmäßig ist daher eine Aufteilung der Aufwendungen nach dem Flächenmaßstab notwendig.

Beispiel

Arbeitnehmer A nutzt in seinem Eigenheim (200 m2) ein häusliches Arbeitszimmer (20 m2) ausschließlich für seine berufliche Tätigkeit. Der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit liegt im häuslichen Arbeitszimmer. Für die Dachsanierung des EFH entstehen Kosten in Höhe von brutto 30.000 Euro (davon 50 Prozent Lohnkosten). Die Aufwendungen sind, soweit sie flächenanteilig auf das häusliche Arbeitszimmer entfallen, als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 5 S. 1 i. V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG abzugsfähig. Die tatsächlichen Aufwendungen für das Arbeitszimmer dürfen berücksichtigt werden, da es den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit bildet. Somit sind Aufwendungen in Höhe von (30.000 Euro x 20 m2/200 m2 =) 3.000 Euro vorrangig Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Soweit kein Abzug als Werbungskosten möglich ist (180 m2/200 m2), ist die Einkommensteuer nach § 35a Abs. 3 EStG zu ermäßigen. Die Ermäßigung beträgt (30.000 Euro x 180 m2/200 m2 x 50 % Lohnanteil x 20 % Ermäßigung =) 2.700 Euro, max. 1.200 Euro pro Jahr.

Wichtig | Renovierungsaufwendungen, die ausschließlich das häusliche Arbeitszimmer betreffen, sind in voller Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen (z. B. Verlegung neuer Bodenbelag im Arbeitszimmer).

Aus der Aufteilung in Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten und Kosten, die eine Steueranrechnung bewirken, kann zudem ein verschiedener Zeitpunkt des steuerlichen Ansatzes folgen.

Beispiel

Der selbstständige Gewerbetreibende G erwirbt im November 2022 ein marodes Wohnhaus (Baujahr 1970) für 250.000 Euro. Vom Kaufpreis entfallen 200.000 Euro auf das Gebäude. Im Jahr 2023 wird das Wohnhaus für brutto 150.000 Euro (40 Prozent Lohnanteil) saniert. G zieht im Juli 2023 nach Abschluss der Modernisierung des Innenraums mit seiner Familie in das Haus (Nutzfläche 200 m2) ein, die Außensanierung wird erst im November 2023 beendet. Ausschließlich für seine betriebliche Tätigkeit nutzt G ein häusliches Arbeitszimmer (20 m2) im sanierten Wohnhaus, das den Mittelpunkt seiner betrieblichen Tätigkeit bildet.
Das Arbeitszimmer und der anteilige Grund und Boden gehören – vorbehaltlich der Grenzen des § 8 EStDV – zum Betriebsvermögen des gewerblichen Einzelunternehmens des G. Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer sind Betriebsausgaben, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG. Dies gilt auch für den auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Anteil der allgemeinen Sanierungskosten. Der Gebäudeanteil Arbeitszimmer ist gemäß § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b) EStG jährlich mit zwei Prozent abzuschreiben. Dies gilt auch für die Sanierungskosten, da insoweit anschaffungsnahe Herstellungskosten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gegeben sind. Die Sanierungskosten wurden innerhalb von drei Jahren seit der Anschaffung durchgeführt und überschreiten mit netto (150.000 Euro x 100/119 =) 126.050 Euro deutlich 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes (200.000 Euro x 15 % = 30.000 Euro). Als Betriebsausgaben sind daher jährlich (Gebäude 200.000 Euro + Sanierung 150.000 Euro = 350.000 Euro x 20 m2/200 m2 x 2 % AfA =) 700 Euro abzugsfähig. Der auf das Arbeitszimmer entfallende Teil der Sanierungskosten wirkt sich somit erst über die 50-jährige Abschreibungsdauer aus.

Im Übrigen ist die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG zu prüfen. Ob es sich um Erhaltungsaufwand oder Herstellungskosten handelt, ist dabei unbeachtlich. Zur Gewährung der Steuerermäßigung wird nur das Entstehen eines Haushalts vorausgesetzt. Handwerkliche Tätigkeiten im Rahmen einer Neubaumaßnahme sind nach Verwaltungsauffassung nicht begünstigt. Als Neubaumaßnahmen sollen danach alle Maßnahmen gelten, die im Rahmen der Errichtung eines Haushalts bis zu dessen Fertigstellung anfallen (BMF, Schreiben vom 09.11.2016, Az. IV C 8 – S 2296 b/07/10003 :008, Abruf-Nr. 190166, Rz. 21). In Sanierungsfällen dürften mindestens alle Maßnahmen nach dem Einzug in die zu sanierende Immobilie begünstigt sein, z. B. Fassadenarbeiten nach Einzug in den bereits sanierten Innenraum. Die Steuerermäßigung ist sofort im Zahlungsjahr der Sanierungskosten in voller Höhe für die begünstigten Aufwendungen zu gewähren.

Tatsächliche Arbeitszimmerkosten: Aufteilung zwingend

Mit dem JStG 2022 wurden die Sachverhalte, in denen der Abzug der tatsächlichen Kosten für das häusliche Arbeitszimmer möglich ist, auf den „Mittelpunktsfall“ beschränkt. Nur wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit darstellt, können die entstandenen Aufwendungen – auch die Sanierungskosten – für das Arbeitszimmer oder das Gesamtgebäude steuerlich abgezogen werden. In diesem Fall ist die flächenmäßige Aufteilung in Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten und die Steuerermäßigung nach § 35a EStG unumgänglich.

Zum gleichen Ergebnis führt die Jahrespauschale, die ab dem VZ 2023 statt der tatsächlichen Aufwendungen im Mittelpunktsfall angesetzt werden kann. Insoweit ist zwar fraglich, welche Aufwendungen mit der Jahrespauschale von 1.260 Euro abgegolten werden und ob diese außerordentliche Aufwendungen umfasst. Wird die Wahl der Jahrespauschale bei Modernisierungsmaßnahmen in der Wohnung als nachteilig empfunden, bleibt aber stets der Einzelnachweis der tatsächlichen, höheren Aufwendungen unbenommen.

Home-Office-Pauschale: Volle Steuerermäßigung zulässig

Ist für die berufliche Tätigkeit der Abzug der Tagespauschale möglich, da

  • kein räumlich abgeschlossenes Arbeitszimmer genutzt wird oder
  • das Arbeitszimmer nicht ausschließlich beruflich genutzt wird oder
  • der Mittelpunkt der Tätigkeit nicht im Arbeitszimmer liegt,

ist mangels Abzugs der (abgrenzbaren) tatsächlichen Aufwendungen für die berufliche Tätigkeit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten die vollständige Berücksichtigung begünstigter Dienstleistungen im Wege der Steuerermäßigung nach § 35a EStG möglich. Die Sperrwirkung des § 35a Abs. 5 S. 1 EStG entfaltet sich nicht, da bereits keine betragsmäßige Abgrenzung der Aufwendungen möglich ist, die – als Teil der Tagespauschale – Werbungskosten sind. Vorteilhaft ist dies vor allem für Steuerzahler, die ein häusliches Arbeitszimmer nutzen, das zwar nicht der Mittelpunkt ist, für deren berufliche Tätigkeit aber kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (bis 2022 beschränkter Abzug tatsächlicher Kosten auf 1.250 Euro, ab 2023 Tagespauschale).

Beispiel

Arbeitnehmer B nutzt in seiner ETW (120 m2) an zwei Tagen pro Woche ein häusliches Arbeitszimmer (18 m2) für seine berufliche Tätigkeit. Im Betrieb steht B ein Büroarbeitsplatz zur Verfügung, den er an den übrigen Wochentagen nutzt. Der Betrieb bildet den (qualitativen) Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des B. Im Jahr 2023 lässt B in der gesamten ETW neue Fußböden verlegen (Kosten brutto 15.000 Euro, davon 30 Prozent Lohnanteil).
Da sich der Mittelpunkt der Tätigkeit nicht im Arbeitszimmer befindet, kann B für die Tage, an denen er überwiegend in der häuslichen Wohnung beruflich tätig ist, eine Tagespauschale in Höhe von sechs Euro als Werbungskosten abziehen. Auf die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG hat der Abzug der Werbungskosten-Pauschale keine Auswirkung, da die tatsächlichen (Modernisierungs-)Kosten nicht bereits teilweise als Werbungskosten berücksichtigt wurden. Daher steht B die Steuerermäßigung für die gesamten begünstigten Aufwendungen in Höhe von (15.000 Euro x 30 % Lohn x 20 % =) 900 Euro zu, auch soweit diese auf das Arbeitszimmer entfallen.
Weiterführende Hinweise
  • Beitrag „Arbeitszimmer und Home-Office-Pauschale: Die Änderungen zum 01.01.2023 sind gravierend“, SSP 1/2023, Seite 14 → Abruf-Nr. 48971561
  • 15-minütiges Lehrvideo „Steueränderungen 2023: Das sind die Neuerungen bei der Home-Office-Pauschale und dem Arbeitszimmer“ → Abruf-Nr. 49024287

AUSGABE: SSP 7/2024, S. 4 · ID: 50042945

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