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Gesetzesvorhaben/RechtsformDie geplante Gesellschaft mit gebundenem Vermögen – eine Alternative zur Stiftung?

Abo-Inhalt18.08.2025245 Min. LesedauerVon RAin und FAin für Steuer- und Sozialrecht Gabriele Ritter und Ref. Jur. Alexandra Ritter, Ritter&Partner mbB, Rechtsanwälte u. Steuerberater, Wittlich

| Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD sieht die Einführung einer neuen Rechtsform vor: die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen (kurz GmgV). Damit bekennt sich die neue Regierung zu einer von der Ampelkoalition geplanten gesellschaftlichen Struktur, deren Kern u. a. die unabänderliche Vermögensbindung ist. Ob die GmgV für stiftungsähnlich denkende Unternehmer attraktiv sein kann, beleuchtet SB nachfolgend. |

Was ist die „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“?

Mit der geplanten Einführung der „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ (GmgV) unternimmt der Gesetzgeber einen bedeutenden Schritt hin zu einer neuen Rechtsform, die eine nachhaltige und werteorientierte Unternehmensführung strukturell absichern soll. Merkmale dieser Rechtsform sind die unabänderliche Vermögensbindung und die Teilhabe nach mitgliedschaftlicher Logik ohne steuerliche Privilegierungen oder Diskriminierungen. Ursprünglich war geplant, die GmgV als Sonderform der GmbH einzuführen. Inzwischen ist jedoch vorgesehen, ihr eine eigenständige Stellung im Kanon der juristischen Personen des Privatrechts zu geben. Bereits Ende vergangenen Jahres haben die Rechtswissenschaftler Sanders, Dauner-Lieb, Kempny, Möslein, Neizel und Teichmann einen akademischen Gesetzentwurf zur GmgV vorgelegt (Gesetz zur Einführung einer Gesellschaft mit gebundenem Vermögen [13.09.2024], Mohr Siebeck, Tübingen → www.iww.de/s14245).

Ziel ist es, Unternehmern eine Form zu bieten, die dauerhaft Verantwortungseigentum absichert, also wirtschaftliches Eigentum vom Verfügungsrecht trennt und somit ein „treuhänderisches Unternehmen“ rechtlich abbildet (Sanders/Neitzel/Dauner-Lieb/Kempny, Möslein/Teichmann, „Die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“, NZG 2024, 1199 ff.).

Zentral: Vermögensbindung und aktives Unternehmertum

Die GmgV basiert – so die Rechtswissenschaftler – auf zwei zentralen Leitgedanken: der Vermögensbindung und dem aktiv engagierten „Gesellschafter mit Gesicht“. Der entscheidende Unterschied zu klassischen Kapitalgesellschaften liegt darin, dass Gewinne nicht den Gesellschaftern, sondern der Gesellschaft selbst zustehen. Überschüsse und Liquidationserlöse dürfen nicht ausgeschüttet werden, sondern sind für gemeinwohlorientierte oder unternehmerische Zwecke innerhalb der Gesellschaft zu verwenden.

Um diese Bindung sicherzustellen, sieht der Gesetzesentwurf u. a. vor, dass die Gesellschafter im Innenverhältnis für unzulässige Auszahlungen und verdeckte Gewinnausschüttungen haften.

Eng mit dem Prinzip verknüpft ist das Leitbild des „Gesellschafters mit Gesicht“: Die GmgV setzt auf aktiv mitarbeitende Gesellschafter, die sich operativ oder strategisch in das Unternehmen einbringen. Eine rein kapitalbasierte Beteiligung („absentee ownership“) ist mit dem Konzept nicht vereinbar. Von den ursprünglichen Überlegungen, Beteiligungen von Investoren zuzulassen, ihnen aber keine Mitentscheidungsrechte als Gesellschafter zu gewähren, ist man abgerückt (Sanders/Neitzel/Dauner-Lieb/Kempny, Möslein/Teichmann, aaO). Gesellschafter können nur natürliche Personen, andere Gesellschaften mit gebundenem Vermögen oder Rechtsträger mit in gleicher Weise gesetzlich dauerhaft gebundenem Vermögen sein. Gebietskörperschaften gelten als Rechtsträger in diesem Sinne (§ 9 GmgVGE).

Gesellschaftsstruktur und Organisation

Die Gesellschafter besitzen – anders als bei der AG oder der GmbH – keine handelbaren Anteile. Vielmehr ist ihre Stellung mit einer Mitgliedschaft z. B. in einer Genossenschaft oder in einem Verein vergleichbar. Entsprechend gilt das Kopfstimmprinzip; jede Stimme zählt gleich, sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes geregelt ist. Die Mitgliedschaft soll auch weder unter Lebenden übertragbar noch vererblich sein (§ 10 Abs. 1 GmgVGE). Die Erben eines Gesellschafters sollen gegen die Gesellschaft nur einen Erstattungsanspruch nach § 15 GmgVGE erhalten.

Ein Gesellschafter kann aus wichtigem Grund durch Beschluss nach § 14 GmgVGE ausgeschlossen werden. Dies ist eine Absicherung, dass nur solche Personen Gesellschafter bleiben, die die Grundsätze der GmgV mittragen.

Für wen ist die GmgV interessant – und warum?

Die GmgV soll sich in erster Linie an Entscheider richten, die Vermögen langfristig, zweckorientiert und verantwortungsvoll einsetzen oder sichern möchten. Nach den Befürwortern soll die GmgV insbesondere interessant sein für:

  • Familienunternehmen, die eine werteorientierte Nachfolge anstreben und den Verkauf an Dritte oder die Zerschlagung vermeiden möchten;
  • Unternehmensnachfolgen ohne familiäre Erben, bei denen eine treuhänderische Weiterführung im Sinne des Gründers oder der Gründerin gewünscht ist;
  • Sozialunternehmen und Impact-Start-ups, deren Ziel nicht allein in der Gewinnmaximierung liegt, sondern in einem gesellschaftlichen oder ökologischen Beitrag;
  • Persönlichkeiten, die eine dauerhafte Vermögensbindung erreichen wollen, aber auf die strengen Regularien im Stiftungsrecht wie etwa auf eine externe Stiftungsaufsicht verzichten und mehr unternehmerische Flexibilität genießen wollen;
  • Menschen, die ihr Lebenswerk vor Zerschlagung oder Spekulation sichern wollen.

Welche Vorteile hat die GmgV gegenüber anderen Gesellschaftsformen?

Vorteile gegenüber anderen Gesellschaftsformen ergeben sich vor allem in der Kombination von unternehmerischer Flexibilität und struktureller Gemeinwohlbindung, ohne selbst gemeinnützig sein zu müssen.

  • Anders als bei der GmbH oder der AG steht nicht die Kapitalrendite der Anteilseigner im Vordergrund. Die Gesellschafter erhalten keine Gewinnausschüttungen und können ihre Anteile nicht frei übertragen, was vor allem vor externem Einfluss und spekulativen Übernahmen schützen soll.
  • Im Unterschied zur Stiftung ist die GmgV flexibler ausgestaltet. Zwar weisen beide Modelle eine Vermögensbindung auf, allerdings unterscheidet sich ihre Struktur. Stiftungen sind nicht mitgliederbasiert und unterliegen einer Stiftungsaufsicht. Die GmgV hingegen unterliegt keiner öffentlichen Kontrolle und erlaubt eine aktiv mitwirkende Gesellschaftsstruktur – den Gesellschaftern wird also ermöglicht, aktiv in die Geschäftsführung oder Aufsicht des Unternehmens eingebunden zu werden (Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, April 2024, § 80 Rz. 3). Während Stiftungen in der Regel auf Ewigkeit angelegt sind, ermöglicht die GmgV trotz Vermögensbindung gesellschaftsrechtliche Neuausrichtungen, Veräußerungen oder Liquidationen.
  • Auch gegenüber der Genossenschaft zeigt sich die GmgV als weniger formalistisch und stärker auf langfristige Werteausrichtung konstruiert; Genossenschaften sind primär auf wirtschaftliche Selbsthilfe der Mitglieder ausgerichtet (Stiftung Verantwortungseigentum, „Policy Brief“ 2023, Seite 2).

Die GmgV soll so eine Heimat für Unternehmen sein, deren Ziel in einer sinnhaften, nachhaltigen und verantwortungsvollen Unternehmensführung liegt.

Die steuerrechtliche Behandlung der GmgV

Eine steuerliche Begünstigung der neuen Gesellschaftsform ist in dem Entwurf nicht vorgesehen. Die GmgV soll wie eine Kapitalgesellschaft, Genossenschaft oder ein wirtschaftlicher Verein behandelt werden und kein Steuersparmodell sein. Dies wird zum Teil kritisch gesehen, weil es keine Ausschüttungen geben darf und deshalb konzeptionell nur eine Besteuerungsebene gegeben ist und nicht zwei Ebenen (kritisch Hüttemann, Schön, „Die ‚GmbH mit gebundenem Vermögen‘ – ein Steuersparmodell?!“, DB 2021, 1356).

Wie alle anderen Körperschaften kann die GmgV eine Steuerbefreiung dadurch erreichen, dass sie sich den Regularien der sog. steuerbegünstigten Körperschaften unterwirft, also eine den §§ 51 ff. AO entsprechende Satzung hat und ihre Geschäftsführung auf die Erfüllung der satzungsmäßigen Zwecke gerichtet ist. Diesen Status kann sie allerdings nur erreichen, wenn sie einen (oder mehrere) der in den §§ 52-54 AO genannten Zwecke verfolgt.

Warum die geplante GmgV (noch) nicht attraktiv ist

Die GmgV soll eine Alternative für Unternehmer bieten, die wirtschaftliche Erfolge mit Verantwortung verbinden wollen. Aber: Ältere Unternehmerfamilien dürften sich wenig angesprochen fühlen. Denn für sie zählt es im Allgemeinen, ihr Eigentum bzw. ihre Werte zu erhalten – und die Familie abzusichern. Das Ausschüttungsverbot dürfte sie abschrecken. Und auch für die junge Generation und insbesondere Start-ups ist die GmgV nicht attraktiv. Sie sind wegen der starren Vermögensbindung gebunden. „Nachbesserungen“ sind wünschenswert. Dann kann die GmgV vielleicht eine Alternative zur Stiftung sein.

AUSGABE: SB 9/2025, S. 168 · ID: 50510223

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