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UmsatzsteuerJStG 2022: Höhere Umsatzgrenze bei der Vorsteuerpauschalierung nach § 23a UStG

Abo-Inhalt19.12.202210412 Min. LesedauerVon Rechtsanwältin Dr. Alena Kirchinger, Flick Gocke Schaumburg Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater Partnerschaft mbB, München

| Die Obergrenze für den pauschalen Vorsteuerabzug nach § 23a Umsatzsteuergesetz wurde zum 01.01.2023 von 35.000 Euro auf 45.000 Euro angehoben. SB stellt Stiftungen die Details für die Vorsteuerpauschalierung vor und erläutert die Nutzungsmöglichkeiten und Gestaltungsempfehlungen anhand von Beispielen. |

Umsatzgrenze zum 01.01.2023 auf 45.000 angehoben

Mit dem Jahressteuergesetz 2022 (Abruf-Nr. 232808) ist zum 01.01.2023 die Obergrenze für die Vorsteuerpauschalierung (§ 23a UStG) von 35.000 Euro auf 45.000 Euro erhöht worden. Erklärtes Ziel ist eine steuergesetzübergreifende einheitliche Betragsgrenze zur Steuererleichterung steuerbegünstigter Körperschaften. Denn in § 64 Abs. 3 AO und § 67a AO waren die Beitragsgrenzen bereits mit dem Jahressteuergesetz 2020 auf 45.000 Euro angehoben worden.

Der Kreis der Einrichtungen, die in den Genuss der Vereinfachungsregelung kommen können, wird durch die höhere Obergrenze für den pauschalen Vorsteuerabzug erweitert. Denn Einrichtungen, die im Jahr 2022 steuerpflichtige Umsätze von über 35.000 Euro, aber unter 45.000 Euro erzielten und deswegen die Vorsteuerpauschalierung nicht nutzen konnten, können schon 2023 zur Pauschalierung wechseln.

Darum geht es bei der Vorsteuerpauschalierung

§ 23a UStG sieht einen Durchschnittssatz beim Vorsteuerabzug für bestimmte Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (z. B. Stiftungen) vor. Ist der Durchschnittssatz anwendbar, bleiben die tatsächlichen Vorsteuerbeträge unberücksichtigt. An ihre Stelle tritt eine Vorsteuer von pauschal sieben Prozent der steuerpflichtigen Umsätze (ausgenommen Umsätze aus Einfuhren sowie aus innergemeinschaftlichen Erwerben).

Vorteilhaft ist der Pauschalabzug i. S. v. § 23a UStG insofern, als der Steuerverantwortliche keine Zuordnung treffen muss, welche Eingangsleistungen zum Vorsteuerabzug berechtigen. Zudem kann eine Aufzeichnung der Entgelte für steuerpflichtige Leistungen unterbleiben (§ 66a UStDV).

Es handelt sich bei dem von § 23a UStG vorgesehenen Durchschnittssatz um ein Wahlrecht. Anstelle des Durchschnittssatzes können somit auch die allgemeinen Regeln über den Vorsteuerabzug angewandt werden.

Die Voraussetzungen für die Nutzung von § 23a UStG

Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Pauschalabzugs nach § 23a UStG ist, dass

  • die Einrichtung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreit ist,
  • die Einrichtung nicht zur Führung von Büchern verpflichtet ist,
  • der steuerpflichtige Umsatz mit Ausnahme der Einfuhr und des innergemeinschaftlichen Erwerbs im vorangegangenen Kalenderjahr 45.000 Euro nicht überstiegen hat, und
  • die gemeinnützige Körperschaft bis zum zehnten Tag nach Ablauf des ersten Voranmeldezeitraums eines Kalenderjahrs die Inanspruchnahme der Pauschalierungsregelung gegenüber dem zuständigen Finanzamt erklärt hat.

Bemessungsgrenze für Vorsteuerpauschalierung

Steuerpflichtige Umsätze im obigen Sinne sind bei gemeinnützigen Stiftungen die Umsätze des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sowie die steuerpflichtigen Umsätze der Zweckbetriebe und der Vermögensverwaltung. Nicht einberechnet werden die steuerbefreiten Umsätze und die nicht steuerbaren Einnahmen aus dem ideellen Bereich sowie die Umsätze aus Einfuhr und innergemeinschaftlichem Erwerb.

Beispiel

Die gemeinnützige Stiftung S erzielt 2022 und 2023 jeweils folgende Einnahmen:

Ergebnis: Die steuerpflichtigen Umsätze des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs und der Zweckbetriebe belaufen sich 2022 auf 31.000 Euro, sodass § 23a UStG im Jahr 2023 anwendbar ist. Die im nicht unternehmerischen/ideellen Bereich erzielten 15.000 Euro sind nicht zu berücksichtigen, da ihnen bereits keine umsatzsteuerbare Leistung zugrunde liegt. S kann Vorsteuer in Höhe von pauschal 2.170 Euro (31.000 Euro x 7 %) geltend machen. Die individuell ermittelte Vorsteuer in Höhe von 1.500 Euro ist nicht zusätzlich abziehbar. Es ergibt sich für S eine Zahllast von 1.920 Euro (USt. Zweckbetriebe 1.050 Euro + USt. wirtschaftliche Geschäftsbetriebe 3.040 Euro ./. pauschale Vorsteuer 2.170 Euro).

Abwandlung

Den Einnahmen der Stiftung S im Rahmen des Zweckbetriebs liegt die Veranstaltung einer Benefiz-Theateraufführung zugrunde. Die Einnahmen unterliegen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Für die Aufführung in Deutschland lässt die Stiftung das Bühnenbild aus der Schweiz nach Deutschland bringen. Hierbei fällt Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 2.000 Euro an.

Ergebnis: Ein Vorsteuerabzug aus der Einfuhr scheidet aus, weil § 23a UStG nur den pauschalen Durchschnittssatz zulässt und Einfuhren die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der pauschal abziehbaren Vorsteuer nicht erhöhen. Anders als im Ausgangsbeispiel kann S folglich insgesamt 3.500 Euro nicht geltend machen (1.500 Euro für individuell ermittelte Vorsteuer und 2.000 für Einfuhr). Die Anwendung des Durchschnittssatzes erweist sich hier als nachteilig; da dabei nur 2.170 Euro Vorsteuer gezogen werden können.

Umsatzgrenze von 45.000 Euro ist Nettogrenze

Nach der Systematik des UStG ist als „Umsatz“ die Summe der Entgelte nach § 10 Abs. 1 UStG anzusetzen. Der Begriff Entgelt versteht sich als alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, jedoch abzüglich der für diese Leistung gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer (vgl. § 10 Abs. 1 S. 2 UStG). Die Umsatzgrenze nach § 23a Abs. 2 UStG ist somit eine Nettogrenze. Daran ändert auch der angestrebte Gleichlauf mit § 64 Abs. 3 AO und § 67a Abs. 1 AO nichts. Die beiden Vorschriften sprechen von „Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer“, meinen also die Bruttoumsätze. Da in § 23a Abs. 2 UStG diese Intention jedoch nicht zum Ausdruck kommt und ein Verständnis im Sinne eines Bruttoumsatzes zu Lasten des Steuerpflichtigen ginge, muss dies unberücksichtigt bleiben (a. A. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 23a, Rz. 12).

Beispiel

Eine als gemeinnützig anerkannte Stiftung tätigt im Jahr 2023 dem ermäßigten Steuersatz unterliegende Umsätze in Höhe von 47.829 Euro brutto und möchte einen pauschalen Vorsteuerabzug nach § 23a UStG vornehmen.

Ergebnis: Die Umsatzgrenze von 45.000 Euro ist eine Nettogrenze. Die Stiftung kann folglich den Durchschnittssatz von § 23a UStG (44.700 Euro netto + 3.129 Euro Umsatzsteuer) anwenden.

Vorsteuerpauschalierung immer für fünf Jahre

Die Stiftung hat ein Wahlrecht, die abzugsfähigen Vorsteuern einzeln zu ermitteln oder die Vorsteuerpauschalierung zu nutzen. Will sie den Durchschnittssatz anwenden, muss sie dem Finanzamt spätestens bis zum zehnten Tag nach Ablauf des ersten Voranmeldungszeitraums eines Kalenderjahrs erklären, dass sie den Durchschnittssatz in Anspruch nehmen will. Die Erklärung gegenüber dem Finanzamt bindet die Stiftung dann für mindestens fünf Kalenderjahre. Frühestens nach Ablauf von fünf Kalenderjahren kann sie ihre Erklärung widerrufen. Sie muss den Widerruf spätestens bis zum zehnten Tag nach Ablauf des ersten Voranmeldungszeitraums dieses Kalenderjahres erklären. Die Stiftung kann frühestens nach Ablauf von fünf Kalenderjahren erneut die Anwendung des Durchschnittssatzes beantragen.

Wichtig | Stiftung sollten mögliche Neuinvestitionen innerhalb dieses Fünfjahreszeitraums bereits bei der Entscheidung mitbedenken, ob sie die Anwendung der Vorsteuerpauschalierung erklären. Ist absehbar, dass die tatsächlichen Vorsteuern in den fünf Jahren über sieben Prozent der steuerpflichtigen Umsätze liegen werden, so wäre die Anwendung von § 23a UStG finanziell nachteilig (vgl. dazu z. B. OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.07.2000, Az. 13 U 169/99, Abruf-Nr. 232407). Insbesondere bei teuren umsatzsteuerpflichtigen Eingangsleistungen, die in umsatzsteuerpflichtige Ausgangsleistungen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs einfließen, kann dies der Fall sein.

Finanziell nachteilig kann die Anwendung der Vorsteuerpauschalierung zudem sein, wenn die Stiftung Einfuhren (wie im obigen Abwandlungsbeispiel) getätigt hat und/oder innergemeinschaftliche Erwerbe zu versteuern hatte. Denn mit der Vorsteuerpauschalierung sind nach dem Wortlaut des § 23a Abs. 1 S. 2 UStG auch die Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 bis 5 UStG abgegolten. Die Stiftung kann folglich

Praxistipp | Die Stiftung sollte vor einer Erklärung i. S. v. § 23a Abs. 3 UStG gegenüber dem Finanzamt unbedingt einen Steuerbelastungsvergleich durchführen. Dann zeigt sich, ob der Durchschnittssatz oder die allgemeinen Regeln über den Vorsteuerabzug günstiger sind.

Beispiel

Eine gemeinnützige Stiftung, die § 23a UStG anwendet, schaltet Werbeanzeigen für ihre gemeinnützigen Zwecke auf der Plattform LinkedIn, die von einem Unternehmen mit Sitz in Irland betrieben wird. Das irische Unternehmen stellt der Stiftung 500 Euro in Rechnung.

Ergebnis: In dieser Konstellation ergibt der Vergleich, dass die Stiftung nicht wirtschaftlich mehr belastet ist, als wenn sie die Leistung von einem deutschen Unternehmen bezogen hätte:

  • Die Leistung des irischen Unternehmens ist in Deutschland umsatzsteuerbar und -pflichtig. Die Stiftung ist gem. § 13b Abs. 5 S. 1 Abs. 1 UStG Steuerschuldnerin für die an sie erbrachte Dienstleistung. Die Stiftung hat daher 95 Euro an ihr Finanzamt abzuführen. Ein korrespondierender Vorsteuerabzug besteht nicht, da bei Anwendung von § 23a UStG kein über den pauschalen Ansatz hinausgehender Vorsteuerabzug möglich ist.
  • Hätte die Stiftung die Leistung von einem deutschen Unternehmen bezogen, hätte sie 595 Euro bezahlen müssen. Da die Werbeleistung ihren ideellen Zwecken zugutekommt, bestünde auch insoweit kein Vorsteuerabzugsrecht. (Anders wäre dies freilich, wenn die Werbeleistung in unmittelbarem Zusammenhang mit umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsleistungen stünde.)
  • 1. weder die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer
  • 2. noch die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb
  • 3. noch die Steuer, die sie nach § 13b Abs. 1 und 2 UStG i. V. m. § 13b Abs. 5 UStG als Leistungsempfänger schuldet,
  • 4. noch die geschuldete Steuer im Falle einer Auslagerung aus einem Steuerlager als Vorsteuer zusätzlich abziehen. Diese Umsätze bleiben für die Berechnung der Bemessungsgrundlage des Durchschnittssatzes außer Acht, erhöhen also die pauschal abziehbare Vorsteuer nicht.

AUSGABE: SB 1/2023, S. 10 · ID: 48759384

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