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EnergieerzeugungEnergieerzeugung bei gemeinnützigen Körperschaften – das sind die steuerlichen Regeln

Abo-Inhalt12.12.202210353 Min. LesedauerVon Rechtsanwältin/Steuerberaterin Beata Wingenbach und Steuerberater Nils Schulten, Curacon GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Rechtsanwalt Dr. Yun Huh, Curacon Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

| Steigender Kostendruck aufgrund der weltpolitischen Lage, die Notwendigkeit, betrieblicher Abläufe ressourcenschonend zu gestalten und die Klimakrise veranlassen auch gemeinnützige Körperschaften darüber nachzudenken, Energie selbst zu erzeugen. Zum Konzept gehört neben der Selbstversorgung häufig auch die Belieferung Dritter. Der folgende SB-Beitrag führt Sie durch den Dschungel der steuerlichen Vorschriften. |

Strom aus erneuerbaren Energien – Begriffsdefinition

Nur die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist ein realistisches Szenario für die nachfolgend erörterten Fragestellungen und bietet stromsteuerrechtliche Befreiungsmöglichkeiten. Welche Erzeugungsformen unter den Begriff erneuerbare Energien gefasst werden, ergibt sich aus § 3 Nr. 21 EEG:

Wasserkraft

Windenergie

Solare Strah-

lungsenergie

Geothermie

Energie aus Biomasse

Verschiedene Steuerbefreiungsnormen des Stromsteuergesetzes gelten auch für Blockheizkraftwerke. Diese werden hier nicht weiter behandelt.

Versorger nach dem Stromsteuergesetz

Eine der zentralen Fragen des Stromsteuerrechts ist, ob die gemeinnützige Körperschaft durch eine Stromlieferung den Versorgerstatus (§ 2 Nr. 1 StromStG) erlangt. Mit diesem Status gehen Erlaubnis- und Meldepflichten einher, die beim Betrieb von Energieerzeugungsanlagen zu beachten sind.

Wann erlangt man den Versorgerstatus?

Versorger nach dem StromStG ist grundsätzlich derjenige, der Strom leistet und kein Letztverbraucher i. S. v. § 5 Abs. 1 StromStG ist. Der Versorgerstatus mit allen rechtlichen und steuerlichen Konsequenzen sowie bürokratischen Obliegenheiten ist in Fällen von Selbstproduktion schnell erlangt. Das ist etwa dann der Fall, wenn die gemeinnützige Körperschaft Strom an Letztverbraucher weitergibt, z. B. Mitarbeiter, die ihre Dienstwagen oder privaten Fahrzeuge über Wallboxen laden. Um eine Drittlieferung nach dem StromStG handelt es sich auch, wenn selbst produzierter Strom an andere Gesellschaften geliefert wird; inwiefern die abnehmende Körperschaft konzernzugehörig ist, spielt grundsätzlich keine Rolle.

Die gemeinnützige Körperschaft kann den Versorgerstatus ferner auch dann erfüllen, wenn sie selbst genutzten Strom in Anlagen von mehr als zwei Megawatt (MW) Nennleistung erzeugt (§ 1a Abs. 7 StromStV).

Es gibt auch den „eingeschränkten“ Versorgerstatus

Erzeugt die gemeinnützige Körperschaft Strommengen innerhalb einer Kundenanlage mit Stromerzeugungsanlagen von bis zu zwei MW und leistet ihn an Letztverbraucher ausschließlich innerhalb dieser Kundenanlage, liegt ein eingeschränkter Versorgerstatus vor (§ 1a Abs. 6 StromStV). Das bringt Erleichterungen mit sich (dazu unten mehr).

Pflichten des Versorgers

Wer als Versorger Strom leisten, oder als Eigenversorger Strom zum Selbstverbrauch entnehmen will, braucht eine Erlaubnis (§ 4 StromStG). Er muss sie nach amtlichem Vordruck beim zuständigen Hauptzollamt beantragen.

Die Stromsteuer für die endversorgten Kunden und den Selbstverbrauch ist einzubehalten und ohne Aufforderung an das Hauptzollamt zu entrichten. Dies geschieht regelmäßig in monatlichen Steuervorauszahlungen. Die produzierten und geleisteten Mengen muss der Versorger bei seiner Steueranmeldung gegenüber dem Hauptzollamt deklarieren (§ 8 Abs. 1 StromStG). Die Steueranmeldung kann er nach amtlich vorgeschriebenen Vordrucken wahlweise monatlich oder jährlich zum 31.05. des Folgejahrs abgeben.

Dem Versorger obliegen die üblichen Darlegungspflichten. So muss er schriftlich dokumentieren, wie er den steuerlichen Pflichten und den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form (GoBD) nachkommt. Im Falle eines eingeschränkten Versorgerstatus winkt eine Vereinfachung: Der Betrieb der Erzeugungsanlagen ist anzuzeigen, eine Erlaubnis ist nicht nötig.

Entstehung der Stromsteuer

Die Steuer entsteht dadurch, dass vom im Steuergebiet ansässigen Versorger geleisteter Strom durch Letztverbraucher im Steuergebiet aus dem Versorgungsnetz entnommen wird, oder der Versorger dem Versorgungsnetz Strom zum Selbstverbrauch entnimmt (§ 5 Abs. 1 StromStG). Bei Eigenerzeugern entsteht die Steuer grundsätzlich mit der Entnahme des Stroms zum Selbstverbrauch. Die Steuer beträgt derzeit 20,50 Euro je Megawattstunde.

Die Stromsteuer entsteht nicht, wenn eine der folgenden Stromsteuerbefreiungen einschlägig ist (§ 5 Abs. 1a StromStG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG):

  • Strom ist steuerbefreit, wenn er in einer Anlage mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu zwei MW aus erneuerbaren Energieträgern oder in hocheffizienten KWK-Anlagen erzeugt wird, und der vom Betreiber der Anlage als Eigenerzeuger in räumlichem Zusammenhang zu der Anlage zum Selbstverbrauch entnommen wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a StromStG).
  • Strom aus den genannten Anlagen ist auch von der Stromsteuer befreit, wenn er vom Anlagenbetreiber an den Letztverbraucher geleistet und von diesem in räumlichem Zusammenhang zur Anlage entnommen wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StromStG). Ein räumlicher Zusammenhang ist gegeben, wenn die Entnahme im Umkreis von 4,5 km Entfernung stattfindet, so der BFH (Urteil vom 20.04.2004, Az. VII R 44/03, Abruf-Nr. 042082). Die Grenze aus dem vom BFH entschiedenen Einzelfall hat der Gesetzgeber in die Stromsteuerverordnung aufgenommen (§ 12b Abs. 5 StromStV).

Energieerzeugung und Gemeinnützigkeit

Das Vorhaben der eigenen Energieversorgung und möglicherweise auch der Versorgung Dritter muss stets im Einklang mit den Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechts in §§ 51 ff AO stehen. Betreibt eine gemeinnützige Körperschaft wie die Stiftung eine Energieversorgungsanlage, ist sicherzustellen, dass sie den produzierten Strom

  • im Rahmen ihrer gemeinnützigen Zweckverwirklichung verbraucht oder
  • an andere gemeinnützige Körperschaften liefert, die den so empfangenen Strom wiederum nur in Verwirklichung ihrer gemeinnützigen Zwecke nutzen.

Wird darüber hinaus Strom an Privatpersonen oder gewerbliche Dritte geliefert oder ins Stromnetz des Netzbetreibers eingespeist, handelt es sich grundsätzlich um eine Tätigkeit im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (wGB). Für die Finanzierung der Anlage innerhalb des wGB sind nur freie Mittel (z. B. freie Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO) zulässig, oder es ist eine Kreditfinanzierung zu erwägen; nicht zulässig sind zeitnah zu verwendende Mittel der gemeinnützigen Körperschaft (Mittelfehlverwendung).

Energieerzeugung und Ertragsteuer

Erträge aus dem steuerpflichtigen wGB sind im Wege einer Einnahme-/Überschuss-Rechnung zu ermitteln und ggf. der Körperschaft- und Gewerbesteuer zu unterwerfen. Um die Energieerzeugung und -versorgung dem steuerneutralen Zweckbetrieb zuordnenen zu können, und damit auch von Erleichterungen bei der Mittelwahl zu profitieren, bieten sich für gemeinnützige Körperschaften drei Lösungsansätze an:

1. Selbstversorgungszweckbetrieb

Zum einen kann sich eine gemeinnützig tätige Körperschaft auf den sog. Selbstversorgungszweckbetrieb nach § 68 Nr. 2 b) AO berufen, wenn die Stromlieferung an Dritte und ggf. die Einspeisung von Überschüssen ins Stromnetz 20 Prozent der Stromproduktion nicht überschreitet. in dem Fall kann vermutet werden, dass die Stromerzeugung in erster Linie der Selbstversorgung dient. Einfach gestaltet sich der Fall, wenn mehr als 80 Prozent des produzierten Stroms innerhalb der Körperschaft selbst verbraucht und die überschießenden Mengen ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden.

Werden andere (gemeinnützige) Körperschaften beliefert, steht in Frage, ob die Vermutungsregelung auch hier anwendbar ist. Als „schädlich“ könnte auch die Strombelieferung von konzernzugehörigen Gesellschaften oder von Mitarbeiterfahrzeugen erachtet werden. Denn § 68 Nr. 2 b) AO berücksichtigt die Grundsätze des planmäßigen Zusammenwirkens historisch bedingt (noch) nicht.

Wichtig | U. E. ist § 68 Nr. 2 b) AO hinsichtlich eines arbeitsteiligen Zusammenwirkens mit anderen gemeinnützigen Körperschaften nach ihrem Sinn und Zweck und der Rechtssystematik auszulegen. Gemäß § 57 Abs. 3 S. 2 AO sind die Regelungen für die wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe (steuerpflichtige wGB und Zweckbetriebe) mit der Maßgabe anzuwenden, dass für das Vorliegen der Eigenschaft als Zweckbetrieb bei der jeweiligen Körperschaft die Tätigkeiten der nach § 57 Abs. 3 S. 1 AO zusammenwirkenden Körperschaften zusammenzufassen sind. Denn die reformierten Zuordnungskriterien des § 57 Abs. 3 AO treffen im Vorfeld der Zweckbetriebszuordnung eine Entscheidung hinsichtlich der Unmittelbarkeit der Tätigkeit.

Bei der Einordnung als Selbstversorgungszweckbetrieb handelt es sich um eine Vermutungsregelung. Dies könnte die Finanzverwaltung in bestimmten Einzelfällen negieren. Überschreitet die Stromliefermenge an Dritte die Grenze des Selbstversorgungszweckbetriebs, ist die Lieferung ertragsteuer- und deklarationspflichtig. Da die Nutzung der Energieerzeugungsanlage in derartigen Konstellationen „gemischt“ erfolgt, wären auch Vorsteuern aus der Anschaffung sowie aus laufenden Kosten der Anlage für die Gewinnermittlung aufzuschlüsseln. Diskussionen mit der Betriebsprüfung hinsichtlich der Abgrenzung bei der Kostenzuordnung sind nicht auszuschließen.

2. Energieversorgung als Funktionsleistung

Einen guten Lösungsansatz für Lieferungen von Strom an andere gemeinnützige Körperschaften bietet die Zuordnung als sog. Funktionsleistung. Die Unmittelbarkeit einer gemeinnützigen Tätigkeit kann gemäß § 57 Abs. 3 AO auch vorliegen, wenn die Kooperationspartner arbeitsteilig zur Verwirklichung eines gemeinsamen gemeinnützigen Zwecks zusammenarbeiten. Nach unserem Verständnis gilt dies uneingeschränkt auch für die Energieversorgung.

Praxistipp | Die von der Finanzverwaltung aufgestellte Hürde der formellen Satzungsmäßigkeit ist nur im Wege einer Anpassung der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags zu meistern. Demnach wäre nach aktueller Verwaltungsmeinung satzungsmäßig zu regeln, dass die zusammenwirkenden Körperschaften ihre gemeinnützigen Zwecke auch arbeitsteilig durch die Erbringung von Servicedienstleistungen und damit einhergehende Lieferungen verwirklichen. Konkrete Formulierungen sind abhängig von der Einzelfallgestaltung und sollten stets im Vorfeld der Beschlussfassung mit der Finanzverwaltung abgestimmt werden.

3. Jahressteuergesetz 2022

Die Ampelkoalition hat die Notwendigkeit von Erleichterungen im Bereich der Energieerzeugung erkannt. Das Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022, Abruf-Nr. 232421) sieht mit Rückwirkung zum 01.01.2022 u. a. die Ertragsteuerbefreiung für solche Anlagen vor, die eine installierte Bruttoleistung lt. Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) je Gewerbeeinheit nicht überschreiten. Die Befreiungsregelung für das jeweilige Steuersubjekt ist auf ein Gesamtproduktionsvolumen von 100 kW (peak) gedeckelt. Im Ergebnis sind damit alle Erträge aus solchen Photovoltaik-Anlagen, auch aus Altanlagen (!), ab dem 01.01.2022 ertragsteuerbefreit. Selbst dann, wenn der Strom zum Aufladen eines privaten oder dienstlich genutzten E-Fahrzeugs verbraucht oder von Mietern genutzt wird. Auch für Vermieter entfallen viele Unsicherheiten; sie müssen keine gewerbliche Infektion der Vermietungseinkünfte befürchten.

Die o. g. Ertragsteuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 72 Buchst. a) und b) EStG ist derzeit für Körperschaften noch nicht anwendbar. Es ist u. E. aber zu erwarten, dass die Finanzverwaltung die entsprechende Anwendung nach § 8 Abs. 1 S. 1 KStG in R 8.1 (Körperschaftsteuerrichtlinien zu § 8 KStG) zulässt. Der hierin zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers spricht u. E. einmal mehr für eine konsequente Anwendung der Vermutungsregelung und damit regelmäßig eine Ertragsteuerbefreiung bei der eigenen Energieversorgung von steuerbegünstigten Körperschaften unter Anwendung von §§ 68 Abs. 2 Buchst. b), 57 Abs. 3 AO (siehe oben).

Umsatzsteuer

Die Lieferung von Strom ist grundsätzlich eine umsatzsteuerbare und -pflichtige Leistung. Selbst dann, wenn der Gesetzgeber z. B. Ertrag- und Lohnsteuerbefreiungen oder Pauschalierungen vorsieht.

Bisherige Regelung

Die Versorgung mit selbst erzeugtem Strom innerhalb der umsatzsteuer- lichen Organschaft unterliegt hingegen nicht der Umsatzsteuer, soweit die Eingliederungskriterien erfüllt sind. Die Einbindung der Stromversorgung in die umsatzsteuerliche Organschaft bedeutet für gemeinnützige Träger jedoch regelmäßig einen verminderten bis keinen Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs- und laufenden Kosten der Energieerzeugungsanlagen.

Neue Regelung im JStG 2022

Abhilfe bietet das JStG 2022. Demnach ist für die Lieferung, (…) sowie für die Installation einer kleinen Photovoltaikanlage – einschl. eines Stromspeichers – ab dem 01.01.2023 der neue Umsatzsteuersatz mit null Prozent anwendbar (§ 12 Abs. 3 UStG). Die Steuersatzermäßigung gilt u. a. für die Lieferung von Anlagen an einen Betreiber, die in der Nähe oder auf einem Gebäude installiert werden, das für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt wird. Nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 UStG gelten Anlagen, die eine Leistung von 30 kWp nicht überschreiten, als dem Gemeinwohl dienend in den einschlägigen Tätigkeitsbereichen. Nach unserem Verständnis handelt es sich um eine Vermutungsregelung. Diese soll verhindern, dass sich der leistende Unternehmer (Installateur, Lieferer) beim Erwerber über die Nutzungsart des Gebäudes informieren oder sich gar Freistellungsbescheide vorlegen lassen muss. Die Problematik des für gemeinnützige Träger regelmäßig verwehrten bzw. nur anteiligen Vorsteuerabzugs wird für diese Anlagen obsolet sein. Entscheidend ist das Datum, an dem die Anlage geliefert bzw. installiert wird. Offen ist jedoch, welche Tätigkeiten von der Finanzverwaltung als dem Gemeinwohl dienend erachtet werden. Eine Klarstellung wäre hier wünschenswert.

Wichtig | Eine Umsatzsteuerermäßigung oder gar -befreiung für Stromlieferungen zwischen Steuersubjekten sieht das JStG 2022 jedoch nicht vor.

Weiterführender Hinweis
  • Den Beitrag „Energieerzeugung durch gemeinnützige Körperschaften – so gelingt die Umsetzung bei Stiftungen“ finden Sie auf Seite 14 dieser Ausgabe → Abruf-Nr. 48862682

AUSGABE: SB 1/2023, S. 14 · ID: 48754609

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