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PflichtverteidigerZuzahlung und „kommerzielle Zweitverwertung“ sollen bei der Pauschgebühr angerechnet werden

Top-BeitragLeseprobe30.08.202524 Min. LesedauerVon RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg

| Erhält der Pflichtverteidiger aus einer „kommerziellen Zweitverwertung“ des Verfahrens sowie Zuzahlungen des Mandanten weitere Einnahmen, sind diese bei der Bewilligung der Pauschgebühr zu berücksichtigen. |

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Sachverhalt

Beim OLG München war ein Pauschgebührverfahren (§ 51 RVG) anhängig. Der Pflichtverteidiger veranstaltete gemeinsam mit einer Hörfunkmoderatorin eine Podcast-Serie unter dem Titel „Bayern3 True Crime“. In den einzelnen Folgen wurde mit der Moderatorin über Kriminalfälle bzw. Gerichtsverhandlungen gesprochen. In insgesamt sechs Folgen war es dabei auch um das Verfahren gegangen, in dem nun die Pauschgebühr beantragt worden war (OLG München 29.4.25, 1 AR 392/24, Abruf-Nr. 248910).

Entscheidungsgründe

Das OLG hat die Zuzahlungen des Mandanten bereits bei der Prüfung der Frage, ob dem Pflichtverteidiger die gesetzlichen Gebühren i. S. v. § 51 Abs. 1 S. 1 RVG zumutbar sind, berücksichtigt. Außerdem hat es – insoweit aber „nur“ in einem Obiter Dictum – darauf hingewiesen, dass zu anrechenbaren Zahlungen für die Bewertung der Frage, ob einem Pflichtverteidiger die gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren i. S. v. § 51 Abs. 1 S. 1 RVG zugemutet werden können, auch Einkünfte zählen (sollen), die dem Pflichtverteidiger aus einer kommerziellen Zweitverwertung des Pflichtverteidigungsmandats, wie z. B. in Podcasts bzw. Live-Veranstaltungen, die das Verfahren zum Gegenstand haben, zustehen. Es liege auf der Hand, dass der Rechtsanwalt aus seiner Mitwirkung daran in nicht unerheblichem Umfang Einkünfte bezogen habe. Dasselbe gelte für Auftritte im Rahmen von Abendveranstaltungen mit einem Nachrichtensprecher, für die Eintrittskarten zwischen 39,99 EUR und 99,99 EUR (sog. „VIP-Paket“) kosten.

Relevanz für die Praxis

Die Zuzahlung des Mandanten kann entgegen der Auffassung des OLG nicht bereits bei der Frage der Gewährung der Pauschgebühr eine Rolle spielen. Sie greift erst bei der Festsetzung der Pauschgebühr (vgl. dazu Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 26. Aufl., § 51 Rn. 39 und 65; Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen; § 51 Rn. 66 m. w. N.; OLG Hamm JMBl NRW 59, 44 = Rpfleger 59, 2000).

Merke | Für die kommerzielle Zweitverwertung gilt: Nach dem Wortlaut des § 51 Abs. 1 S. 1. RVG ist eine „Pauschgebühr zu bewilligen, die über die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis hinausgeht, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind“. Es müssen also nur die gesetzlichen Gebühren nicht zumutbar sein. Weitere Einnahmen spielen insoweit keine Rolle, zumal insoweit ja der Pflichtverteidiger zusätzliche Tätigkeiten erbringt und Arbeitszeit aufwendet. Wo will man da sonst die Grenze ziehen?

AUSGABE: RVGprof 9/2025, S. 157 · ID: 50437951

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