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GerichtskostenvorschussVollstreckungsbescheid ohne Vorschuss

Abo-Inhalt06.08.2025224 Min. Lesedauer

| FRAGE: Gibt es die Möglichkeit, beim Mahngericht einen Vollstreckungsbescheid zu erwirken, ohne die dafür anfallenden Kosten vorab bezahlen zu müssen? |

ANTWORT von Wolf Schulenburg, geprüfter Rechts- und Notarfachwirt, (Berlin): Ja, diese Möglichkeit besteht – allerdings nur unter bestimmten, teilweise engen Voraussetzungen.

Grundsatz: Antragsteller hat Vorschuss zu leisten

Im maschinell geführten Mahnverfahren (§§ 703b ff. ZPO) entsteht eine 0,5-Gerichtsgebühr Nr. 1100 KV GKG (min. 38 EUR). Sie deckt die gesamte Tätigkeit des Gerichtes im Mahnverfahren ab und wird mit Antragstellung fällig (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 GKG). Eine Vorschusspflicht für die Gerichtskosten gilt erst für den Erlass des Vollstreckungsbescheids (§ 12 Abs. 3 S. 2 GKG). Folge: Den Erlass des Mahnbescheides kann das Gericht nicht von der vorherigen Zahlung der Gerichtsgebühr abhängig machen. Auch besteht keine gesetzliche Pflicht für den Antragsteller, die Gerichtsgebühr ohne Anforderung durch das Gericht zu bezahlen (BGH, NJW 93, 2811).

Ausnahme: In diesen Fällen ist kein Vorschuss zu leisten

1. Prozesskostenhilfe (§ 14 Nr. 1 GKG)

Keine Pflicht zur Vorschusszahlung besteht, wenn dem Antragsteller auf seinen Antrag hin Prozesskostenhilfe für das Mahnverfahren bewilligt worden ist.

Da im Mahnverfahren keine Schlüssigkeitsprüfung stattfindet, bestehen die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe notwendigen Erfolgsaussichten bereits dann, wenn der Erlass eines Mahnbescheides möglich ist (BGH, RVG prof. 20, 33). Allein die Erwartung, dass der Antragsgegner Widerspruch erhebt, rechtfertigt nicht, dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu versagen.

Sie kann aber versagt werden, wenn das Mahnverfahren mutwillig erscheint, wenn also eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde.

2. Gebührenfreiheit (§ 14 Nr. 2 GKG)

Keine Pflicht zur Vorschusszahlung besteht selbstverständlich, wenn dem Antragsteller Gebührenfreiheit zusteht. Der Begriff der Gebührenfreiheit i. S. v. § 14 Nr. 2 GKG ist die Kostenfreiheit nach § 2 GKG, die v. a. für den Bund, die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen gilt (BFH, AGS 13, 466).

3. Vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten (§ 14 Nr. 3 Buchst. a GKG)

Es besteht auch keine Vorschusspflicht, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung weder aussichtslos noch mutwillig erscheint (s. o., Ziff. 1) und der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm die alsbaldige Zahlung der Kosten mit Rücksicht auf seine Vermögenslage oder aus sonstigen Gründen Schwierigkeiten bereiten würde.

a) Keine Zahlungsunfähigkeit

Es muss sich um eine nur vorübergehende Zahlungsschwierigkeit handeln. Ist der Antragsteller also zahlungsunfähig und daher schon grundsätzlich nicht in der Lage, die Kosten aufzubringen, kommt nur die Befreiung aufgrund der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 14 Nr. 1 GKG) in Betracht.

Beachten Sie | Die vorübergehende Zahlungsschwierigkeit kann nicht auf die geltend gemachte Zahlungsforderung gestützt werden. Denn im Verfahrensstadium vor Erlass des Vollstreckungsbescheids ist ungeklärt, ob dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch überhaupt zusteht. Steht ihm dieser nicht zu, ist die Zahlungsschwierigkeit nicht nur vorübergehend (OLG München, FamRZ 03, 240).

b) Sonstige Gründe

Diese beziehen sich auf die vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten, die nichts oder nicht allein mit der Vermögenslage zu tun haben (z. B. Devisen-, Transferschwierigkeiten, kein Zugriff auf fest angelegtes Geld usw.).

c) Schwierigkeiten

Sie müssen mehr als nur Unannehmlichkeiten darstellen. Soweit es dem Antragsteller zuzumuten ist, kann von ihm z. B. ggf. verlangt werden, dass er ein Darlehen aufnimmt oder – soweit er unterhaltsberechtigt ist – seinen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss (§ 1360a Abs. 4 BGB) beim Unterhaltsschuldner verfolgt.

d) Glaubhaftmachung (§ 294 Abs. 1 ZPO)

Die Umstände (s. o., a bis c) muss der Antragsteller glaubhaft machen. Das kann er durch Vorlage von schriftlichen Unterlagen (Kontoauszüge, Urkunden, Erklärung von Zeugen usw.) oder die eigene eidesstattliche Erklärung.

4. Möglicher Schaden bei Verzögerung (§ 14 Nr. 3 Buchst. b GKG)

Ebenfalls keine Vorschusspflicht liegt vor, wenn zwar keine vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten vorliegen (s. o., Ziff. 3), die Verzögerung bei Erlass des Vollstreckungsbescheides dem Antragsteller aber „einen nicht oder nur schwer zu ersetzenden Schaden“ bringen würde. Der Schaden kann nicht beseitigt bzw. nicht ausgeglichen werden. Das wäre z. B. der Fall, wenn die Verjährung (vgl. § 204 Abs. 2 S. 2 BGB) droht, der Antragsgegner in Vermögensverfall gerät oder er vollstreckbares Vermögen beseitigen will.

Merke | Das Gericht kann im Regelfall nicht entgegenhalten, dass der Antragsteller seinen Antrag schon früher hätte stellen können (NK-GK/Volpert, 3. Aufl., § 14 Rn. 40; Meyer, GKG, 17. Aufl. § 14 Rn. 9).

Auch hier hat der Antragsteller seine Angaben glaubhaft zu machen. Zwar reicht auch die Erklärung des Anwalts des Antragstellers (§ 14 Nr. 3 Buchst. b Hs. 2 GKG). Dieser muss aber konkrete Tatsachen vortragen, welche die Behauptungen glaubhaft erscheinen lassen (BGH, NJW-RR 95, 252).

AUSGABE: RVGprof 9/2025, S. 151 · ID: 50441098

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