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AuslagenDiese Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen stehen Ihnen zu
| Als weitere Auslage kann der Anwalt die von ihm im Rahmen des Mandats aufgewandten Post- und Telekommunikationsentgelte gemäß Nrn. 7001, 7002 VV RVG abrechnen. Der folgende Beitrag erläutert, welche Auslagen dazugehören und wie Sie konkret oder pauschal abrechnen müssen. |
Inhaltsverzeichnis
- 1. Sachlicher Anwendungsbereich der Nrn. 7001, 7002 VV RVG
- 2. Zwei Abrechnungsmethoden
- 3. Berechnung der Pauschale bei einer Beratung
- 4. Berechnung der Pauschale bei steuerlichen Hilfeleistungen
- 5. Berechnung der Pauschale bei Beratungshilfe
- 6. Berechnung der Pauschale bei PKH und VKH
- 7. Berechnung der Pauschale bei mehreren Angelegenheiten
- 8. Berechnung der Pauschale in Anrechnungsfällen
1. Sachlicher Anwendungsbereich der Nrn. 7001, 7002 VV RVG
Zu Nrn. 7001, 7002 VV RVG gehören insbesondere die allgemeinen Portokosten für Briefe, Postkarten, Einschreiben, Rückscheine, förmliche Zustellungen, Päckchen und Pakete usw. Neben den Versendungskosten sind die Gebühren für Orts- und Ferngespräche sowie für Online-Verbindungen (E-Mail, Internet etc.) sowie für Fernschreiben, Telefax- oder Telegrammsendungen zu ersetzen.
Für die Übersendung der Rechnung nach § 10 RVG darf der Anwalt vom Auftraggeber allerdings keine Postentgelte erheben (Anm. zu Nr. 7001 VV RVG) und nicht die Pauschale begründen (AnwK-RVG/N. Schneider, Nrn. 7001 bis 7002 VV Rn. 16).
Über die allgemeinen Portokosten hinausgehende Kosten (z. B. für Expressgut, Fracht oder Funkboten) fallen nicht unter die Nrn. 7001, 7002 VV RVG (OLG Frankfurt Rpfleger 84, 433). Solche Kosten sind nach §§ 670, 675 BGB abzurechnen.
2. Zwei Abrechnungsmethoden
Der Anwalt hat die Wahl, ob er konkret (Nr. 7001 VV RVG) oder pauschal (Nr. 7002 VV RVG) abrechnet. Ein nachträglicher Wechsel der Abrechnungsmethode ist zulässig. Hat der Anwalt zunächst pauschal nach Nr. 7002 VV RVG abgerechnet, ist er nicht gehindert, seine Abrechnung zu ändern und statt der Pauschale doch die tatsächlich entstandenen Auslagen nach Nr. 7001 VV RVG zu fordern oder umgekehrt. Die zunächst getroffene Wahl betrifft nur die Abrechnungsmethode und ist nicht bindend (OLG Stuttgart NJW 70, 287; OLG Hamm AnwBl. 67, 204; LG Berlin Rpfleger 88, 42; KG KGR 00, 182).
a) Konkrete Abrechnung
Soweit der Anwalt konkret abrechnet, muss er sämtliche Einzelbeträge (netto) in der Kostenrechnung auflisten und abrechnen. Hierauf erhebt er dann Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG. Eine Begrenzung der Höhe nach ist nicht vorgesehen. Die konkrete Abrechnung kann also über dem Höchstbetrag der Nr. 7002 VV RVG von 20 EUR liegen und ist auch nur für diesen Fall sinnvoll.
b) Pauschale Abrechnung
Voraussetzung für die pauschale Abrechnung nach Nr. 7002 VV RVG ist, dass mindestens 0,01 EUR an Post- oder Telekommunikationsentgelten angefallen ist. Bei 0 EUR Post- und Telekommunikationsentgelte besteht kein Anspruch auf die Pauschale, da nichts zu pauschalieren ist. Nach dem Wortlaut der Nr. 7002 VV RVG erhält der Anwalt die Pauschale „anstelle der tatsächlichen Auslagen nach 7001“. Daraus folgt, dass Auslagen nach Nr. 7001 VV RVG angefallen sein müssen (AnwK-RVG/N. Schneider, Nrn. 7001 bis 7002 VV Rn. 20; a. A.: VG München AGS 18, 179; AG Winsen AGS 16, 162). Daran fehlt es z. B. bei einer nur mündlichen Beratung.
Beispiel 1 |
Mandant M lässt sich von Rechtsanwalt R in dessen Kanzlei mündlich beraten. Lösung: Da keine Postentgelte angefallen sind, kann R keine abrechnen oder pauschalieren. Er kann nur die Beratungsgebühr ansetzen. Für den Versand der Rechnung darf R ebenfalls kein Postentgelt abrechnen (Anm. zu Nr. 7001 VV RVG). |
Beachten Sie | Von der Frage, ob Postentgelte angefallen sind, ist die Frage zu unterscheiden, ob diese Postentgelte aufschlüsselbar sind. Eine Aufschlüsselbarkeit ist im Rahmen von Nr. 7002 VV RVG allerdings nicht erforderlich. Daher entsteht die Postentgeltpauschale auch, wenn der Anwalt infolge von Flatrate-Verträgen keine konkreten Entgelte ausweisen kann (OLG Frankfurt RVG prof. 17, 171).
Die Pauschale beträgt 20 Prozent der gesetzlichen Gebühren (Anm. Abs. 2 zu Nr. 7002 VV RVG). Zu beachten ist der Höchstbetrag von 20 EUR.
Beispiel 2 |
Rechtsanwalt R ist mit der Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung i. H. v. 1.000 EUR beauftragt. Lösung: Die 0,3-Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG beläuft sich auf 45 EUR. Die Postentgeltpauschale in Höhe von 20 Prozent davon (= 9 EUR) erreicht somit nicht die Höchstgrenze von 20 EUR. R kann pauschal 9 EUR ansetzen. |
Beispiel 3 |
Rechtsanwalt R ist mit der Beitreibung einer Forderung i. H. v. 20.000 EUR beauftragt. Lösung: Eine 1,3-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG beträgt 1.068,60 EUR. 20 Prozent davon betragen 213,72 EUR. Damit ist die Höchstgrenze der Pauschale von 20 EUR überschritten und R kann pauschal nur 20 EUR ansetzen. |
3. Berechnung der Pauschale bei einer Beratung
Wird der Anwalt mit einer Beratung beauftragt, ohne dass eine Vergütung vereinbart wird, richtet sich die Postentgeltpauschale nach der BGB-Vergütung (§ 34 Abs. 1 S. 2 RVG, §§ 315, 316, 612 Abs. 2 und 632 Abs. 2 BGB) und im Fall der Beratung eines Verbrauchers nach den vorgeschriebenen Höchstbeträgen (höchstens also 250 Euro bzw. für ein erstes Beratungsgespräch höchstens 190 Euro).
Beispiel 4 |
Rechtsanwalt R wird von Verbraucher V mit einem schriftlichen Rat beauftragt. Sie treffen keine Gebührenvereinbarung. Die angemessene BGB-Vergütung beträgt
Lösung: Im Fall a) beträgt die Pauschale 16 EUR; im Fall b) ist der Höchstbetrag der Nr. 7002 VV RVG i. H. v. 20 EUR erreicht. |
4. Berechnung der Pauschale bei steuerlichen Hilfeleistungen
Wird der Anwalt mit steuerlichen Hilfeleistungen oder anderen Tätigkeiten nach § 35 RVG beauftragt, sind die Gebühren nach der StBVV abzurechnen. Dessen ungeachtet bleiben die Auslagentatbestände des RVG anwendbar. Die Postentgeltpauschale berechnet sich hier nach der Höhe der gesetzlichen Gebühren der StBVV.
5. Berechnung der Pauschale bei Beratungshilfe
Die Berechnung bei Beratungshilfe ist in Anm. Abs. 2 zu Nr. 7002 VV RVG geregelt. Maßgebliche Berechnungsgröße sind die aus der Landeskasse zu zahlenden Gebühren und nicht die fiktiven gesetzlichen Gebühren. Aus der Beratungshilfegebühr der Nr. 2500 VV RVG darf unstrittig keine Pauschale berechnet werden, da die Auslagen in der Gebühr bereits enthalten sind (Anm. S. 1 zu Nr. 2500 VV RVG). Die Pauschale darf daher nur aus den aus der Landeskasse zu zahlenden Gebühren berechnet werden.
Beachten Sie | Soweit dagegen ein Erstattungsanspruch gegen einen Dritten besteht (§ 9 BerHG), richtet sich die Pauschale nach den gesetzlichen Gebühren.
6. Berechnung der Pauschale bei PKH und VKH
Im Rahmen der PKH/VKH ist Anm. Abs. 2 zu Nr. 7002 VV zu beachten: Maßgeblich sind die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren. Ältere Rechtsprechung (bezüglich der Rechtslage vor dem 1.8.13) kann nicht mehr angewendet werden. Seit der Gebührenanhebung durch das KostRÄndG 2021 ergeben sich insofern allerdings gegenüber früher auch gar keine Unterschiede mehr:
- Bis zu Werten von 4.000 EUR sind PKH- und Wahlanwaltsbeträge identisch.
- Bei Werten von über 4.000 EUR liegt eine Gebühr nach dem geringsten Gebührensatz bereits über 100 EUR, sodass auch hier die Höchstgrenze der Pauschale von 20 EUR erreicht wird.
7. Berechnung der Pauschale bei mehreren Angelegenheiten
Bei mehreren Angelegenheiten kann der Anwalt die Postentgeltpauschale in jeder Angelegenheit gesondert nach den dortigen Gebühren verlangen. Da zwischenzeitlich gesetzlich geklärt ist, dass in Straf- und Bußgeldsachen das vorbereitende Verfahren bzw. das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und das anschließende gerichtliche Verfahren verschiedene Angelegenheiten darstellen (§ 17 Nr. 10 RVG), entsteht die Postentgeltpauschale auch hier jeweils gesondert.
Beispiel 5 |
Gegen den Beschuldigten wird in einer Strafsache ermittelt. Nach Anklageerhebung wird das Verfahren eingestellt. Lösung: Das vorbereitende Verfahren und das nachfolgende erstinstanzliche gerichtliche Verfahren sind nach § 17 Nr. 10 RVG zwei verschiedene Angelegenheiten, sodass die Postentgeltpauschale jeweils gesondert entsteht. |
Soweit ein Mandat aus mehreren gebührenrechtlichen Angelegenheiten besteht (§ 15 Abs. 2 RVG), kann der Anwalt die Abrechnungsmethode in jeder Angelegenheit gesondert wählen (AnwK-RVG/N. Schneider, Nrn. 7001 bis 7002 VV Rn. 12 ff.). Er ist keinesfalls gehalten, die verauslagten Entgelte eines Auftrags insgesamt pauschal oder insgesamt konkret abzurechnen.
Beispiel 6 |
Rechtsanwalt R erhebt für seinen Mandanten M eine Urkundenklage i. H. v. 3.000 EUR und vertritt M auch im anschließenden Nachverfahren. Lösung: Gebührenrechtlich liegen zwei Angelegenheiten vor (§ 17 Nr. 5 RVG). R kann daher z. B. im Urkundenverfahren konkret nach Nr. 7001 VV RVG und im Nachverfahren pauschal nach Nr. 7002 VV RVG abrechnen. |
8. Berechnung der Pauschale in Anrechnungsfällen
In Anrechnungsfällen richtet sich das für die Berechnung der Postentgeltpauschale maßgebliche Gebührenaufkommen aus den gesetzlichen Gebühren vor Anrechnung und nicht aus einem nach Anrechnung verbleibenden rechnerischen Differenzbetrag, selbst wenn nach Anrechnung keine Gebühren mehr verbleiben (AG Kassel AGS 07, 133; AnwK-RVG/N. Schneider, Nrn. 7001 bis 7002 VV Rn. 39 ff.). Das wird letztlich durch § 15a Abs. 1 RVG klargestellt. Danach hat eine Anrechnung auf das Entstehen einer Gebühr keinen Einfluss. Der Anwalt kann jede Gebühr vielmehr gesondert verlangen. Folglich berechnet sich die Postentgeltpauschale auch nach den Gebühren vor Anrechnung.
Beispiel 7 | ||
Rechtsanwalt R ist vom Gläubiger G beauftragt, eine Forderung i. H. v. 3.000 EUR außergerichtlich geltend zu machen. Da es zu keiner Einigung kommt, erhält R den Auftrag, einen Mahnbescheid zu beantragen, der dann auch erlassen wird. Lösung: Die angefallene Geschäftsgebühr ist zur Hälfte, höchstens mit 0,75 auf die 1,0-Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG). Dies bedeutet, dass R im Mahnverfahren nur noch einen Differenzbetrag von 0,25 erhält. Ungeachtet dessen berechnet sich die Postentgeltpauschale nach dem Gebührenaufkommen vor Anrechnung, also aus dem Gebührenaufkommen einer 1,0-Gebühr und nicht aus dem verbleibenden Differenzbetrag von (222,00 EUR – 144,30 EUR =) 77,70 EUR. | ||
I. Außergerichtliche Tätigkeit | ||
| 288,60 EUR | |
| 20,00 EUR | |
Zwischensumme | 308,60 EUR | |
| 58,63 EUR | |
367,23 EUR | ||
II. Mahnverfahren | ||
| 222,00 EUR | |
| – 144,30 EUR | |
| 20,00 EUR | |
Zwischensumme | 97,70 EUR | |
| 18,56 EUR | |
116,26 EUR |
Pauschale gibt es auch, wenn Saldo 0 ergibt Merke | Die Postentgeltpauschale fällt auch an, wenn die Gebühr infolge der Anrechnung vollständig untergeht. Die Postentgeltpauschale bleibt ungeachtet der Anrechnung bestehen. |
Beispiel 8 | ||
Rechtsanwalt R wehrt außergerichtlich für seinen Mandanten M eine Forderung i. H. v. 3.000 EUR ab. Angemessen ist eine 1,3-Geschäftsgebühr. Anschließend ergeht ein Mahnbescheid gegen M. Dagegen legt R Widerspruch ein. Lösung: Die angefallene Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist zur Hälfte (hier nur mit 0,5) auf die 0,5-Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens nach Nr. 3307 VV RVG anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG). Dies bedeutet, dass der Anwalt des Antragsgegners im Mahnverfahren nach Anrechnung keine restlichen Gebühren mehr erhält. Ungeachtet dessen berechnet sich die Postentgeltpauschale nach dem Gebührenaufkommen vor Anrechnung, also aus einer 0,5-Gebühr. | ||
I. Außergerichtliche Tätigkeit | ||
wie in Beispiel 7 | 367,23 EUR | |
II. Mahnverfahren | ||
| 111,00 EUR | |
| – 111,00 EUR | |
| 20,00 EUR | |
Zwischensumme | 20,00 EUR | |
| 3,80 EUR | |
23,80 EUR |
AUSGABE: RVGprof 9/2022, S. 158 · ID: 48462869