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AuslagenDarauf sollten Sie bei der Erstattung von Parteikosten für die Wahrnehmung von Terminen achten
| Nimmt eine Partei am Termin zur mündlichen Verhandlung teil, werden ihr ihre hierzu getätigten Aufwendungen ersetzt (§ 91 Abs. 1 S. 2, 1. Hs. ZPO). Die Höhe der Erstattung richtet sich dabei nach den Vorschriften des JVEG. Der folgende Beitrag klärt auf, damit diese Erstattung der Parteikosten auch bei der Kostenfestsetzung klar ist. |
Inhaltsverzeichnis
- 1. Anordnung persönlichen Erscheinens ist nicht erforderlich
- 2. Es besteht keine Pflicht zur gemeinsamen Anreise
- 3. JVEG regelt Höhe des Erstattungsanspruchs
- 4. Für Altfälle gibt es kein Übergangsrecht
- 5. Für die Festsetzung ist kein besonderer Antrag erforderlich
- 6. Das gilt bei rechtsschutzversicherten Mandanten
1. Anordnung persönlichen Erscheinens ist nicht erforderlich
Entgegen einer häufigen Ansicht kommt es nicht darauf an, ob das persönliche Erscheinen der Partei vom Gericht angeordnet worden war. Vielmehr steht es einer Partei immer frei, an dem eigenen Termin teilzunehmen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Denn wer kann besser als die Partei selbst
- zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen?
- einem Zeugen oder Gegner Vorhaltungen machen?
- entscheiden, ob ein Vergleich geschlossen werden soll oder nicht?
Daher findet keine Notwendigkeitsprüfung statt (OLG Koblenz AGS 10, 102; OLG Saarbrücken AGS 12, 496). Das gilt auch, wenn die Partei aus dem Ausland anreist (OLG Koblenz AGS 11, 517). Eine Notwendigkeit dürfte lediglich für die Teilnahme an einem Verkündungstermin zu verneinen sein.
Beachten Sie | Für die Partei gibt es keine der Vorbem. 7 Abs. 2 VV entsprechende Regelung. Dies bedeutet, dass eine Partei daher auch dann eine Erstattung ihrer Aufwendungen erhält, wenn sie im Gerichtsort wohnt oder dort ihren Sitz hat (LG München I RVG prof. 19, 188; AG Limburg AGS 10, 568). Ist eine GmbH Partei, kann sie Reisekosten und Verdienstausfall auch für ihren Geschäftsführer in eigenem Namen geltend machen (BGH AGS 09, 100).
2. Es besteht keine Pflicht zur gemeinsamen Anreise
Nimmt die auswärtige Partei neben ihrem auswärtigen Anwalt am Termin zur mündlichen Verhandlung teil, sind die Kosten getrennter Anreisen erstattungsfähig. Einer Partei kann also nicht entgegengehalten werden, sie hätte zusammen mit dem Anwalt fahren müssen, um Kosten zu sparen (LG Stuttgart RVG prof. 14, 38). Es gibt keinen Rechtssatz, der die Partei zwecks Vermeidung von Terminreisekosten auf eine „Mitfahrgelegenheit“ bei dem Prozessbevollmächtigten verweist (OLG Brandenburg JurBüro 21, 587).
3. JVEG regelt Höhe des Erstattungsanspruchs
Die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs richtet sich nach den Vorschriften des JVEG (§ 91 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. ZPO). Zu beachten ist, dass die entsprechenden Beträge mit dem KostRÄG 21 zum 1.1.21 angehoben worden sind.
a) Fahrtkostenersatz
Bei der Entschädigung für Fahrtkosten ist zu unterscheiden, ob die Partei öffentliche Verkehrsmittel, den eigenen Pkw oder einen Mietwagen nutzt:
- Öffentliche Verkehrsmittel: Hier werden die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Deutschen Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks ersetzt (§ 5 Abs. 1 JVEG).Tatsächliche Auslagen
- Eigener Pkw: Bei der Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Kfz werden 0,35 EUR/km (bis 31.12.20: 0,25 EUR/km) pauschal erstattet, zuzüglich barer Auslagen, insbesondere der Parkentgelte (§ 5 Abs. 2 S. 1 JVEG). Bei der Benutzung durch mehrere Personen kann diese Pauschale nur einmal geltend gemacht werden (§ 5 Abs. 2 S. 2 JVEG).0,35 EUR/km + bare Auslagen
- Mietwagen: Es werden die tatsächlichen Kosten eines Mietwagens erstattet, allerdings nur bis zur Höhe der Fahrtkosten mit einem eigenen Pkw.Tatsächliche Auslagen
b) Entschädigung für Zeitversäumnis
Die Entschädigung für Zeitversäumnis beträgt 4 EUR (bis 31.12.20: 3,50 EUR) je Stunde (§ 20 JVEG). Maßgebend ist der Zeitraum vom Verlassen der Wohnung bis zur Rückkehr, wobei bei der Anreise zum Gerichtstermin ein angemessener Zeitpuffer eingeplant werden darf.
c) Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung
Soweit anstelle des Zeitversäumnisses eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung geltend gemacht wird, sind 17 EUR (bis 31.12.20: 14 EUR) je Stunde zu erstatten (§ 21 JVEG). Erforderlich ist, dass die Partei einen gemeinsamen Haushalt für sich und eine weitere Person zu führen hat.
d) Verdienstausfall
Ist Verdienst ausgefallen, kann dieser anstelle des Zeitversäumnisses oder der Entschädigung für Haushaltsführung geltend gemacht werden (§ 22 JVEG). Die Höchstentschädigung beträgt 25 EUR (bis 31.12.20: 21 EUR) je Stunde.
e) Tagegeld
Hinzukommen kann ein Tagegeld nach § 6 JVEG i. V. m. § 9 Abs. 4a EStG. Bei einer Abwesenheit am Terminstag von mehr als acht Stunden beträgt das Tagegeld 14 EUR und bei einer ganztägigen Abwesenheit 28 EUR.
4. Für Altfälle gibt es kein Übergangsrecht
Nach dem Inkrafttreten des KostRÄG 2021 gibt es keine Übergangsregelung für die Entschädigungsbeträge. Es kommt auf den Tag an, an dem die Reise durchgeführt wird (LG Frankfurt/Main 7.3.22, 2-13 O 153/18). Für alle Termine nach dem 31.12.20 kann die Partei also bereits die höheren Kosten für die Reise verlangen, unabhängig davon, wann das Verfahren eingeleitet worden ist und unabhängig davon, nach welchem Recht der Anwalt abrechnet (§ 60 RVG).
Beispiel 1 |
Die Klage ist in 2019 eingereicht worden. Im April 2020 fand ein erster Termin zur mündlichen Verhandlung statt. Daraufhin erging ein Beweisbeschluss. Nach Eingang des Gutachtens fand in 2022 noch einmal ein Termin zur mündlichen Verhandlung statt. Lösung: Für den ersten Termin erhält die Partei eine Entschädigung noch nach den alten Beträgen; für den zweiten Termin gelten dagegen die neuen Beträge. Für den Anwalt würden wegen § 60 Abs. 1 S. 1 RVG durchweg die alten Gebührenbeträge gelten. |
5. Für die Festsetzung ist kein besonderer Antrag erforderlich
Die Parteikosten können ganz einfach zusammen mit dem Kostenfestsetzungsantrag auf Erstattung der Anwalts- und Gerichtskosten geltend gemacht werden. Ein gesondertes Antragsschreiben oder eine besondere Form der Antragstellung ist nicht erforderlich.
Beispiel 2 | |
Zu dem Termin vor dem LG Bonn ist der in Köln wohnende Beklagte B mit dem eigenen Pkw angereist. Hin- und Rückfahrt sowie der Termin vor dem LG haben jeweils eine Stunde gedauert (insgesamt 3 Stunden). Die Klage wurde abgewiesen. Die Kosten trägt der Kläger K. Der Rechtsanwalt des B meldet für diesen nicht nur die Anwaltskosten, sondern auch die Parteikosten des B als Mandant an. Dies geschieht am besten durch einen Zusatz nach der Berechnung der Anwaltskosten wie folgt: Hinzuzusetzen bitten wir die Kosten der Partei: | |
Fahrtkosten Pkw, 2 x 30 km x 0,35 EUR/km | 21,00 EUR |
Zeitversäumnis, 3 Stunden x 4 EUR/Stunde | 12,00 EUR |
Parkgebühren | 2,40 EUR |
35,40 EUR |
6. Das gilt bei rechtsschutzversicherten Mandanten
Zu beachten ist, dass im Fall eines rechtsschutzversicherten Mandats auch die Parteikosten dem Quotenvorrecht (§ 86 Abs. 1 S. 2 VVG) unterliegen.
Beispiel 3 |
In einem Rechtsstreit (Streitwert: 10.000 EUR) wird der rechtsschutzversicherte Beklagte B zur Zahlung von 3.000 EUR verurteilt. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger K 70 und B 30 Prozent. Das bedeutet: Der Erstattungsanspruch verbleibt i. H. v. 30 Prozent der Terminskosten bei B, da der Versicherer diese Kosten nicht übernimmt. Ein Anspruchsübergang findet insoweit nicht statt (§ 86 Abs. 1 S. 1 VVG). Im Übrigen greift das Quotenvorrecht. Aus der Kostenerstattung darf sich B zunächst hinsichtlich seiner Parteikosten bedienen. Nur der restliche Erstattungsanspruch geht auf den Rechtsschutzversicherer über (§ 86 Abs. 1 S. 2 VVG). |
- Musterformulierung: Kostenfestsetzungsantrag und Klauselerteilung zugunsten der Versicherung, iww.de/rvgprof, Abruf-Nr. 47949160
- Quotenvorrecht gilt auch bei Teilzahlungen, RVG prof. 22, 27
- Das BGH-Urteil zum Quotenvorrecht eröffnet neue Aufrechnungsmöglichkeiten, , RVG prof. 21, 211
- An nicht verbrauchten Gerichtskosten besteht kein Quotenvorrecht, RVG prof. 21, 186
AUSGABE: RVGprof 6/2022, S. 97 · ID: 48263843