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ArbeitszeitZeiterfassung per Fingerabdruck – darf der Arbeitgeber das überhaupt?

Abo-Inhalt20.08.20241619 Min. Lesedauer

| Nachdem das Bundesarbeitsgericht eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung postuliert hat (PP 12/2022, Seite 4 ff.), wird eine Vielzahl von Zeiterfassungssystemen am Markt angeboten. Darunter befinden sich auch viele Systeme, die mit dem Fingerabdruck des Arbeitnehmers arbeiten. Aber ist das überhaupt datenschutztechnisch zulässig? PP fasst den Status quo zusammen. |

LAG Berlin-Brandenburg verneint Pflicht zum Finger-Scan

Das LAG Berlin-Brandenburg hat bereits 2020 entschieden, dass ein Arbeitnehmer nicht zu einer Zeiterfassung per Fingerabdruck-Scanner verpflichtet werden kann (04.06.2020, Az. 10 Sa 2130/19; PP 12/2020, Seite 2, Abruf-Nr. 46912227).

In dem Fall hatte der Arbeitgeber in seiner radiologischen Praxis ein Zeiterfassungssystem eingeführt, das mit einem Fingerabdruck-Scanner bedient wird. Das eingeführte System verarbeitet nicht den Fingerabdruck als Ganzes, sondern die Fingerlinienverzweigungen (Minutien). Der Arbeitnehmer lehnte es ab, dieses System zu benutzen. Der Arbeitgeber erteilte ihm deshalb eine Abmahnung, gegen die sich der Arbeitnehmer gewandt hat.

Das LAG hat entschieden, dass der Arbeitnehmer dieses Zeiterfassungssystem nicht nutzen muss. Auch wenn das System nur Fingerlinienverzweigungen (Minutien) verarbeite, handle es sich um biometrische Daten. Eine Verarbeitung solcher Daten sei nach Art. 9 Abs. 2 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nur ausnahmsweise möglich.

Für den vorliegenden Fall könne auch ausgehend von der Bedeutung der Arbeitszeiterfassung nicht festgestellt werden, dass eine solche Erfassung unter Einsatz biometrischer Daten im Sinne dieser Bestimmungen erforderlich sei. Entsprechend sei eine Erfassung ohne Einwilligung des Arbeitnehmers nicht zulässig. Die Weigerung der Nutzung stelle deshalb keine Pflichtverletzung dar, der Kläger könne die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen.

Das sagt das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht

Im 10. Tätigkeitsbericht des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht heißt es dazu:

  • Biometrische Daten wie der Fingerabdruck zählen zu besonderen Datenkategorien nach Art. 9 DSGVO, sofern Sie zur Identifizierung verarbeitet werden.
  • Die Zeiterfassung mittels Fingerabdruck ist nicht zwingend erforderlich, da herkömmliche Zeiterfassungssysteme eine gute und datenschutzfreundliche Alternative darstellen.
  • Die Verwendung von Fingerabdruckdaten zu diesem Zweck ist daher nicht erforderlich und damit datenschutzrechtlich unzulässig.

AUSGABE: PP 11/2024, S. 18 · ID: 50133909

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