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PraxisangebotLoslassen und treffen! Bogenschießen in der Physiopraxis

Abo-Inhalt26.04.202496 Min. LesedauerVon Physiotherapeut/Sportwissenschaftler M. A. Thomas Colshorn, Bremen

| Was haben Robin Hood, Legolas oder Hawkeye gemeinsam? Sie alle sind Helden und meisterhafte Bogenschützen. Sie verkörpern den Archetyp des Kriegers, der sein Ziel anvisiert und systematisch verfolgt. Eigenschaften, die auch in der Therapie von Nutzen sein können. Im therapeutischen Setting können Pfeil und Bogen Patienten helfen, mehr Selbstkontrolle zu erlangen. Zugleich ist Bogenschießen eine effiziente Entspannungstechnik – sei es zur Prävention von Burn-out im betrieblichen Gesundheitsmanagement, sei es als Selbstzahlerleistung, mithilfe derer Sie Ihre Praxis von den zahlreichen Anbietern anderer Entspannungsmethoden abheben können. |

Im Fokus steht der Gegensatz aus Spannung und Entspannung

Seit Mitte der 1990er-Jahre hat sich das therapeutische Bogenschießen in Deutschland verbreitet und wird vor allem als begleitende Aktivität in psychotherapeutischen Kliniken eingesetzt. Dabei geht es weder um sportlichen Wettkampf noch darum, Patienten zu Meisterschützen auszubilden. Stattdessen steht neben Konzentration und Fokus das bewusste Erleben der Gegensätze von Anspannung und Entspannung im Zentrum. Wer ein Ziel anvisiert, kann es sich darüber hinaus nicht leisten, seine Gedanken schweifen zu lassen. Man ist gezwungen, sich im Hier-und-jetzt zu verankern.

Nur wer loslässt, erreicht sein Ziel!

Auch bildlich kann das Bogenschießen in der Therapie wichtige Inhalte vermitteln: So können die Pfeile für die eigenen Zweifel und Ängste stehen. Nur wer sie loslässt, wird sein Ziel erreichen. Denken, Fühlen und Handeln sollen so mithilfe des Bogens zu einem kohärenten Ganzen verbunden werden. Das soll allerdings nicht heißen, dass außerdem keine weiteren therapeutischen Interventionen nötig wären. Pfeil und Bogen sind nur ein mögliches Mittel, die Therapie zu begleiten und neue Perspektiven zu eröffnen. Nicht zuletzt sollen Patienten auch an körperliches Training herangeführt werden. Der meditative Aspekt und der strukturierte Ansatz machen das Bogenschießen gerade auch für die Therapie mit Kindern und Jugendlichen interessant, insbesondere mit ADHS-Patienten. Darüber hinaus wird der Ansatz auch angewandt bei Depressionen, Burn-out, Essstörungen, allgemeinen Lebenskrisen und somatoformen Schmerzstörungen (besonders für Physiotherapeuten interessant!).

Trainerausbildung: Erfahrung mit dem Bogen ist kein Muss

Es reicht nicht, einfach einen Bogen in die Hand zu nehmen und drauflos zu schießen, frei nach dem Motto „Lernen Sie schießen und treffen Sie neue Freunde“. Eine fundierte Ausbildung ist unabdingbar. Anbieter gibt es so viele wie unterschiedliche Rahmenbedingungen. Hier eine Auswahl:

Ausgewählte Anbieter und Preise

  • Wer Erfahrung, aber wenig Zeit mitbringt, kann sich unter bogen-kurse.de in zweieinhalb Tagen und für 420 Euro zum Kursleiter ausbilden lassen. Genauso schnell, aber für 600 Euro, erhält man das Zertifikat in der Wildnisschule Libelula (wildnisschule-libelula.de).
  • Am anderen Ende der Skala findet sich das Institut für Erfahrungslernen, das eine Ausbildung über 64 Unterrichtseinheiten und vier Module für rund 2.300 Euro anbietet, zzgl. Unterkunft (infer-institut.de). Zeitlich ähnlich gelagert ist das Angebot bei TBo-Laukert, aber mit 1.800 Euro etwas günstiger (tbo-laukert.de).
  • Weitere Angebote liegen zeitlich und preislich irgendwo dazwischen. Eigenerfahrung im Bogenschießen ist hilfreich, aber nicht Voraussetzung.

Bei der Ausrüstung gilt: weniger ist mehr!

Bogenschießen als Therapiebegleitung bzw. zur Entspannung erfordert weniger Ausrüstung als etwa das olympische Bogenschießen: Da auf viel kürzere Entfernungen geschossen wird (ca. 10–12 Meter statt 70 Meter), würden Visiere und andere Zielvorrichtungen nur stören. Wer Einzelcoachings anbieten will, braucht mindestens ein komplettes Set (Bogen, Pfeile, Bogenständer, Unterarmschutz, Fingerschutz und Scheibe). Ein solches Set kostet ab 350 Euro aufwärts. Für sich selbst ist ein zweites Set sinnvoll (sonst müssen Sie und der Übende sich ständig abwechseln), im Gruppensetting brauchen Sie so viele Sets wie Teilnehmende (z. B. fünf bis zehn Sets). Leihen kann eine Option sein, vor allem, wenn Sie gerade erst begonnen haben, Bogencoachings anzubieten. Allerdings ist eine geliehene Ausrüstung selten neuwertig. Die folgenden Tipps dienen nur zur Orientierung, fundierte Beratung erhalten Sie im Fachhandel.

Augen auf beim Bogenkauf: Tipps für Einsteiger

  • Als Bogenform kommen entweder ein Langbogen oder ein Recurve-Bogen (Grundform des olympischen Bogens als „Blankbogen“ ohne Zusatzausrüstung) infrage.
  • Das Zuggewicht sollte nicht stärker sein als 20 Pfund (lbs). Daher sind z. B. Compound-Bögen mit einem Zuggewicht von 70 lbs und mehr nicht geeignet.
  • Als Material für die Pfeile eignen sich Holz oder Carbon. Aluminiumpfeile sind für Anfänger unpraktisch: Sie fliegen auf kurze Entfernung instabil und verbiegen leicht, wenn sie die Scheibe verfehlen.
  • Wählen Sie als Material für die Scheibe Schaumstoff. Dieser ist zwar nicht so schön wie eine Strohscheibe, aber insbesondere im Outdoor-Einsatz bei feuchter Witterung sinnvoller.

Suchen Sie einen sicheren Trainingsort mit genügend Platz!

Bogenschießen im Einzel- oder Gruppencoaching braucht Platz. Da es sich um keine standardisierte Sportart handelt, sind Größe des Schießplatzes und Entfernung zum Ziel allerdings nicht vorgegeben. Wer an einen Sportverein oder ein Fitnessstudio angegliedert ist, findet ggf. auch dort ausreichend große Räume. Zu beachten ist hier das Interieur, das gerade durch die mangelnde Zielsicherheit von Anfängern eventuell in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Von daher ist eine Pfeilfangmatte Pflicht. Das gilt erst recht, wenn Sie das Schießen in die freie Natur verlagern. Wenn es in Ihrer Nähe einen Bogensportverein oder Bogenschießplatz gibt, fragen Sie nach einer Kooperation.

Praxistipp | Kalkulieren Sie als Selbstständiger mit den üblichen 70 Euro Stundenumsatz. Kalkulieren Sie ggf. auch die Platzmiete und eventuelle Kosten für Leihbögen mit ein.

AUSGABE: PP 5/2024, S. 8 · ID: 49981678

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