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LiquiditätssicherungAntrag auf Kurzarbeitergeld: So stellen ihn Architektur- und Ingenieurbüros richtig

Abo-Inhalt26.11.20248 Min. LesedauerVon Kerstin Kind, Director und Rentenberaterin, WTS GmbH, Frankfurt

| Die aktuelle wirtschaftliche Lage in Deutschland macht auch die Arbeitswelt von Architekten- und Ingenieurbüros nicht einfach. Aufträge werden zurückgestellt oder gekündigt. Damit Sie Ihren Mitarbeiterstamm trotzdem halten und Entlassungen vermeiden, können und sollten Sie auf das Instrument Kurzarbeit zurückgreifen und Kurzarbeitergeld beantragen. Erfahren Sie, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und wie das Kurzarbeitergeld richtig beantragt wird. |

Die Basics zum Kurzarbeitergeld

Kurzarbeitergeld (KUG) ist eine staatliche Unterstützung, die von der Agentur für Arbeit an Betriebe gezahlt wird, wenn bestimmte Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. KUG kommt zum Einsatz, wenn Unternehmen aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten oder unvorhersehbarer Ereignisse die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter vorübergehend reduzieren müssen. Ziel des KUG ist es, Arbeitsplätze zu sichern und Betrieben die Möglichkeit zu geben, flexibel auf Auftragsrückgänge oder Unterauslastungen zu reagieren. Während der Kurzarbeit erhalten die Mitarbeiter ein reduziertes Einkommen oder keinen Lohn, wobei das KUG einen Teil des entgangenen Lohns ausgleicht.

Erstleistung von KUG beträgt maximal zwölf Monate

KUG erhalten Sie frühestens von dem Monat an, in dem Ihre Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. Es wird für maximal zwölf Monate gezahlt und kann erneut für zwölf Monate gewährt werden, wenn seit dem letzten Monat, für den KUG gewährt worden ist, drei Monate vergangen sind und die Anspruchsvoraussetzungen erneut erfüllt sind.

Die Höhe des KUG als echte Entgeltersatzleistung orientiert sich an dem Arbeitsentgelt, das im jeweiligen Monat ausfällt. Für Arbeitnehmer ohne Kinder beträgt es 60 Prozent, Arbeitnehmer mit Kindern erhalten 67 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts.

Einführung von Kurzarbeit erfordert rechtliche Prüfung

Plant Ihr Architektur- oder Ingenieurbüro die Einführung von Kurzarbeit, setzt dies im ersten Schritt zwingend voraus, dass Sie berechtigt sind, Kurzarbeit einzuführen und damit den vertraglichen Entgeltanspruch des Arbeitnehmers zu reduzieren. Die Einführung von Kurzarbeit bzw. die damit verbundene Entgeltkürzung liegt jedoch nicht in Ihrem Ermessen. Sie bedarf vielmehr einer arbeitsrechtlichen Grundlage, die durch Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder durch Einzelarbeitsverträge geregelt sein kann.

Wenn Sie einen Betriebsrat haben, ist dessen Mitbestimmung erforderlich. Sonst können Sie Kurzarbeit durch direkte Vereinbarungen oder Änderungskündigungen einführen.

Die drei Voraussetzungen für den Bezug von KUG

Um KUG in Anspruch nehmen zu können, müssen im Wesentlichen drei Voraussetzungen erfüllt sein.

1. Erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall

Voraussetzung eins ist ein erheblicher Arbeitsausfall, der auf unvermeidbaren wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht. Als wirtschaftliche Gründe gelten alle Einflüsse, die sich unmittelbar oder mittelbar aus der Teilnahme am Wirtschaftsleben ergeben. Sie müssen zudem für die gesamte Dauer eines Bezugs von KUG vorliegen. Wirtschaftliche Arbeitsausfälle im Sinne des KUG liegen vor bei

  • konjunkturell bedingten Auftrags- bzw. Nachfragerückgängen,
  • strukturellen Veränderungen oder
  • Störungen in der (internationalen) Arbeitsteilung.

Beispiele für wirtschaftliche Gründe sind z. B. Auftragsmangel, Auftragsstornierungen wegen Rezession bzw. Konjunkturschwäche oder Materialienengpässe wegen der Störung von Lieferketten. Jedoch begründen nicht alle wirtschaftlichen Ursachen einen Anspruch auf KUG, insbesondere nicht solche, die zum Betriebsrisiko gehören.

Alternativ kann auch ein unabwendbares Ereignis vorliegen, das Sie als Arbeitgeber nicht zu vertreten haben. Dies ist gegeben, wenn der Arbeitsausfall durch

  • außergewöhnliche Witterungsverhältnisse z. B. Sturm, langanhaltenden Frost, oder
  • behördliche anerkannte Maßnahmen z. B. behördliche Anordnungen aufgrund einer Pandemie, Straßensperrungen

verursacht ist.

Ein unabwendbares Ereignis liegt dagegen nicht vor, wenn der Arbeitsausfall durch gewöhnliche, dem üblichen Wetterverlauf entsprechende Witterungsgründe, verursacht ist, wie z. B. die „normalen“ Arbeitsausfälle in den Wintermonaten. Auch alle organisatorischen Mängel oder unmittelbare Folgen schlechten Managements gelten nicht als unabwendbares Ereignis.

„Unvermeidbar“ ist ein Arbeitsausfall nur, wenn Sie vergeblich versucht haben, den Arbeitsausfall abzuwenden oder einzuschränken. Vor der Gewährung von KUG müssen

  • Sie daher Überstunden ab- und bei entsprechender betrieblicher Vereinbarung auch Minusstunden aufbauen,
  • Ihre Mitarbeiter Urlaub nehmen (sofern es nicht gegen den individuellen Plan verstößt),
  • Sie Mitarbeiter, soweit möglich, in anderen – nicht betroffenen – Abteilungen einsetzen.

Ein Anspruch auf KUG erfordert einen gewissen Mindestumfang des Entgeltausfalls. Danach müssen im jeweiligen Anspruchszeitraum (Kalendermonat) mindestens 1/3 Ihrer Mitarbeiter von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sein. Die Mindesterfordernisse sind als betriebsbezogene Größe zu verstehen. Werden sie erfüllt, haben deshalb auch andere Mitarbeiter mit einem Entgeltausfall von weniger als zehn Prozent ihres Bruttoentgelts Anspruch auf KUG.

Ausgangspunkt für die Prüfung der Mindesterfordernisse ist die Gesamtzahl der tatsächlich beschäftigten Mitarbeiter. Dabei sind alle Mitarbeiter zu berücksichtigen, die an einem Tag des Zeitraums, für den das KUG gezahlt wird, einen im Betriebsplan vorhandenen Arbeitsplatz besetzen. Hierzu gehören auch Arbeitnehmer, die nicht versicherungspflichtig beschäftigt sind, sowie Arbeitnehmer, die im jeweiligen Anspruchszeitraum erkrankt oder beurlaubt sind. Nicht zu berücksichtigen sind hingegen kraft Gesetzes Auszubildende sowie Arbeitnehmer, die sich in einer Weiterbildungsmaßnahme befinden. Arbeitnehmerinnen, deren Arbeitsverhältnis wegen eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz ruht, werden hingegen mitgezählt.

Aus der Funktion des KUG ergibt sich, dass der Arbeitsausfall nur vorübergehend sein darf. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn Sie mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit wieder mit dem Übergang zur Vollarbeit rechnen können. Dabei ist nicht erforderlich, dass das genaue Ende der Kurzarbeit schon von vornherein absehbar ist. Ist während der Kurzarbeit erkennbar, dass die Rückkehr zur Vollarbeit innerhalb der genannten Zeiträume nicht möglich ist, kann KUG ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gezahlt werden.

2. Betriebliche Voraussetzung (an den Betrieb bzw. die Betriebsabteilung)

Betriebliche Voraussetzung ist, dass Sie mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigen (§ 97 SGB III). Betrieb kann auch eine Betriebsabteilung sein. Als Betriebsabteilung ist die mit technischen Mitteln ausgestattete Zusammenfassung von Mitarbeitern zu einer geschlossenen Arbeitsgruppe anzusehen, die aus sachlichen Gründen organisatorisch (insbesondere durch eine eigene technische Leitung) vom übrigen Betrieb getrennt ist und einen eigenen Betriebszweck – auch Hilfszweck – verfolgt (z. B. die Personal- oder IT-Abteilung in einem großen Architekturbüro).

3. Persönliche Voraussetzung (in der Person des Mitarbeiters)

Die persönlichen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Mitarbeiter nach Beginn des Arbeitsausfalls

  • eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des SGB III
    • fortsetzt
    • aus zwingenden Gründen aufnimmt oder
    • im Anschluss an die Beendigung seines Berufsausbildungsverhältnisses aufnimmt.
  • das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst ist und nicht vom KUG-Bezug ausgeschlossen ist.

Wichtig | Vom Anspruch auf Kurzarbeitergeld ausgeschlossen sind vor allem Mitarbeiter, die

  • an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme in Vollzeitform teilnehmen und deshalb Arbeitslosen- oder Übergangsgeld beziehen,
  • Krankengeld beziehen.

Die vier Schritte zum KUG

Die Anzeige des Arbeitsausfalls und die Beantragung des KUG erfolgt in mehreren Schritten.

Schritt 1: Büro muss Kurzarbeit anzeigen

Den Arbeitsausfall müssen Sie der Agentur für Arbeit schriftlich oder elek-tronisch anzeigen. Um eine unverzügliche Bearbeitung zu gewährleisten, ist es unabdingbar, dass Sie die Gründe für die geplante Kurzarbeit, Ursachen des Arbeitsausfalls, Vergleichswerte, die die Unterauslastung belegen, Angaben zu Dienstleistungen, Hauptauftraggeber bzw. -nehmer, Angaben zur vorübergehenden Natur des Arbeitsausfalls ausführlich darlegen.

Die Agentur für Arbeit stellt Ihnen für die Anzeige einen Formvordruck zur Verfügung. Zentraler Bestandteil dieses Vordrucks ist der Abschnitt E “Anzeige über Arbeitsausfall“. Hier müssen Sie Farbe bekennen. Der nachfolgende – von PBP ausgefüllte Antrag – zeigt beispielhaft, wie Sie Ihren Arbeitsausfall begründen könnten.

Bundesagentur für Arbeit_1.jpg (© IWW Institut)
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© IWW Institut
Angaben zum Arbeitsunfall.jpg (© IWW Institut)
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© IWW Institut

Schritt 2: Bewilligung der Anzeige durch die Agentur für Arbeit

Die Agentur für Arbeit prüft die Anzeige des Arbeitsausfalls und teilt Ihnen mit, ob Sie die Voraussetzungen für KUG erfüllen. Ist das der Fall, wird die Anzeige bewilligt – und Sie erhalten einen positiven Bescheid.

Schritt 3: Berechnung und Auszahlung von Entgelt und KUG

Bei der Berechnung und Auszahlung von Entgelten und KUG legt das Gesetz Ihnen als Arbeitgeber besondere Pflichten auf. Sie müssen das KUG eigenständig und kostenlos errechnen und an die Mitarbeiter auszahlen. Dies bedeutet konkret, dass Sie jeden Monat nicht nur das Arbeitsentgelt für geleistete Arbeitsstunden an Ihre Mitarbeiter auszahlen, sondern auch in Vorleistung für das KUG treten. Für jeden Monat müssen Sie Arbeitszeitnachweise führen und die geleisteten Arbeits-, Ausfall- und Fehlzeiten der Beschäftigten dokumentieren.

Schritt 4: Monatlich KUG bei der Agentur für Arbeit beantragen

Das KUG-Verfahren beginnt zwar mit der Anzeige der Kurzarbeit, die Auszahlung erfordert aber zusätzlich einen Leistungsantrag. Diesen Antrag stellen Sie nachträglich für den jeweiligen Anspruchszeitraum (Kalendermonat). Dabei gilt eine Ausschlussfrist von drei Monaten. Sie beginnt mit Ablauf des Monats, in dem die Tage liegen, für die Sie KUG beantragen. Für die Beantragung des KUG müssen Sie jeden Monat die Vordrucke

  • Antrag auf Kurzarbeitergeld – Leistungsantrag und
  • KUG Abrechnungsliste (KUG 108)

verwenden. Den Leistungsantrag reichen Sie in einfacher Ausfertigung bei der Agentur für Arbeit ein, in deren Bezirk die für Sie zuständige Lohnabrechnungsstelle liegt.

Die Agentur für Arbeit muss Ihre Angaben prüfen. Sie kann dazu Einsicht in die Betriebsunterlagen (Lohnabrechnung, Arbeitszeitaufzeichnungen etc.) nehmen oder Betriebsprüfungen durchführen. Um eine schnelle Bearbeitung zu gewährleisten, wird das KUG zunächst unter Vorbehalt an Sie gezahlt. Nach dem Ende der Kurzarbeit führt die Agentur für Arbeit eine Abschlussprüfung durch. Dadurch wird zum einen sichergestellt, dass Sie die Voraussetzungen für die Kurzarbeit erfüllt haben. Zum anderen wird festgestellt, ob KUG in der richtigen Höhe berechnet und ausgezahlt wurde.

Wichtig | Bei grob fahrlässig oder vorsätzlich unzutreffenden Angaben sind Sie schadenersatzpflichtig. Darüber hinaus kann dies als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 1.500 Euro geahndet werden.

Saison-Kurzarbeitergeld für Ausfälle in der Lph 8?

In der Praxis stellt sich die Frage, ob auch Architektur- und Ingenieurbüros, die die Lph 8 abarbeiten, und „Däumchen drehen“ müssen, weil die Baustelle saisonal- bzw. witterungsbedingt eingestellt werden muss, Anspruch auf Saison-Kurzarbeitergeld haben. Die Antwort lautet: Nein. Anspruchsberechtigt sind nur Unternehmen, die gewerblich überwiegend Bauarbeiten ausführen. Die Kernaufgaben der Architektur- und Ingenieurbüros liegen dagegen in der Planung von Bauwerken und der Koordination von Bauarbeiten. Die planenden Berufe erbringen daher keine Bauleistungen bzw. nicht überwiegend Bauleistungen nach „Saison-KUG-Definition“.

Weiterführender Hinweis
  • In der nächsten Ausgabe erfahren Sie, wie Sie das KUG konkret berechnen.

AUSGABE: PBP 12/2024, S. 28 · ID: 50219406

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