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HOAIMehrfachprüfung von Rechnungen in der Lph 8: Wann ein Anspruch auf Zusatzvergütung besteht

Abo-Inhalt27.11.20246 Min. LesedauerVon Rechtsanwältin Gabriela Böhm, Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht u. a., Partnerin c.r.p. law. partnerschaft mbb, Frankfurt a. M.

| Architekten sehen sich in der Lph 8 häufig mit der Herausforderung konfrontiert, dass Rechnungen wegen fehlender Prüfbarkeit oder materieller Unrichtigkeit mehrfach geprüft werden müssen. Die Frage, ob hierfür ein Anspruch auf Zusatzvergütung besteht, ist ein zentraler Punkt, da die Rechnungsprüfung lt. HOAI als Grundleistung gilt. Dieser Beitrag beleuchtet die Rechtslage und klärt, wann ein Mehraufwand tatsächlich eine zusätzliche Vergütung rechtfertigen kann. |

Umfang der Rechnungsprüfung als Grundleistung in der Lph 8

Dass die Rechnungsprüfung eine Grundleistung ist, ist in § 34 Abs. 3 HOAI i. V. m. der Anlage 10.1 lit. g) geregelt.

Wortlaut Anlage 10.1 lit. g) HOAI: Grundleistungen Lph 8

Rechnungsprüfung einschl. Prüfen der Aufmaße der bauausführenden Unternehmen

Die Grundleistung der Rechnungs- und Aufmaßprüfung im Rahmen der Lph 8 beinhaltet die fachtechnische und rechnerische Prüfung aller von den bauausführenden Unternehmern und Lieferanten eingereichten, bauvorhabenbezogenen Rechnungen dahingehend, ob die zugrunde gelegten Leistungen erbracht sind und der vertraglichen Vereinbarung entsprechen (vgl. Korbion/Mantscheff/Vygen/Korbion, 10. Aufl. 2024, HOAI § 34 Rn. 616). Unter Rechnungen sind sowohl Abschlagsrechnungen als auch Schluss- oder Teilschlussrechnungen zu verstehen, und zwar auch dann, wenn diese vom Ausführenden mehrfach erstellt bzw. überarbeitet werden. Denn die Grundleistung ist nicht auf eine bestimmte Anzahl von Rechnungen beschränkt (vgl. Fuchs/Berger/Seifert/Seifert/Fuchs, 3. Aufl. 2022, HOAI § 34 Rn. 317). Diese Grundleistung ist durch das Honorar für die Lph 8 abgedeckt und beinhaltet auch die Zurückweisung unzureichender oder fehlerhafter Rechnungen.

Zu beachten ist allerdings Folgendes: Während bei Gebäuden und raumbildenden Ausbauten die Rechnungsprüfung grundsätzlich als Grundleistung in der Lph 8 gilt, stellt sie bei Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen eine „Besondere Leistung“ dar (§ 41 i. V. m. Anlage 12 HOAI).

Anforderungen an die Prüffähigkeit von Rechnungen

Der Architekt ist zunächst verpflichtet, die Prüffähigkeit der Rechnung gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 VOB/B zu bewerten. Das bedeutet, die Rechnung muss so aufbereitet (z. B. Auflistung der Vertragspositionen, abgerechneten Mengen, etc.) sein, dass der Auftraggeber sie nachvollziehen kann (§ 650g Abs. 4 S. 2 BGB). Die Anforderungen an die Prüffähigkeit variieren je nach den Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers und sind einzelfallabhängig.

Wichtig | Der Architekt muss fehlende Details und mangelnde Prüffähigkeit spezifisch rügen; allgemeine Hinweise genügen nicht. Wenn der Auftraggeber innerhalb von 30 Tagen keine detaillierten Einwendungen erhebt, gilt die Rechnung nach § 650g Abs. 4 S. 3 BGB als prüffähig; der Auftraggeber verliert sein Rügerecht.

Inhaltliche Prüfpflicht des Architekten

Neben der Prüffähigkeit obliegt dem Architekten die inhaltliche Prüfung, um sicherzustellen, dass der Auftraggeber nur berechtigte Forderungen begleicht. Diese Prüfung umfasst die Kontrolle von Mengen, Preisen und Sonderkonditionen wie Skonti und Nachlässe. Die Prüfung von Preisanpassungen, z. B. durch Preisgleitklauseln, gehört jedoch nicht zur Grundleistung und ist als Besondere Leistung zu vergüten. Die Prüfung von Nachtragsleistungen richtet sich wiederum nach den Pflichten aus der Lph 7, falls der Architekt auch hier vertraglich gebunden ist. Ist er hingegen ausschließlich mit der Objektüberwachung in Lph 8 beauftragt, entfällt diese Prüfpflicht, es sei denn, ihm werden bereits geprüfte Nachtragsangebote übergeben.

Mitteilungspflichten und Haftung des Architekten

Der Architekt muss seine Prüfungsergebnisse dokumentieren und dem Auftraggeber rechtzeitig mitteilen, um etwaige Skontoabzüge zu ermöglichen. Er haftet für Überzahlungen infolge fehlerhafter Rechnungsprüfungen auf Schadenersatz, insbesondere wenn Rückforderungen des Auftraggebers aufgrund der Insolvenz des ausführenden Unternehmers nicht durchsetzbar sind. Der Schaden tritt bereits mit der Überzahlung ein, unabhängig von der Realisierbarkeit der Rückforderung.

In Ausnahmefällen ist eine zusätzliche Vergütung begründet

Ausnahmsweise kann dem Architekten ein Mehrvergütungsanspruch dann zustehen, wenn wegen fehlender Prüffähigkeit und materieller Fehler bereits geprüfter Rechnungen ein ungewöhnlicher hoher Prüfaufwand im Rahmen wiederholter Nachprüfungen entsteht.

Aber aufgepasst: Die HOAI sieht grundsätzlich keine zusätzliche Vergütung für die wiederholte Prüfung vor, da die Rechnungsprüfung als Grundleistung gilt. Nur wenn der Prüfaufwand über das übliche Maß hinausgeht und als Besondere Leistung klassifiziert werden kann, besteht ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung. Dies ist möglich, wenn eine erhebliche Überschreitung des normalen Prüfaufwands vorliegt, wie etwa bei mehrfachen Korrekturen durch den Auftragnehmer, die zu einer wiederholten und umfassenden Prüfung in einem ungewöhnlichen Ausmaß führen.

Wichtig | Um eine Vergütung als Besondere Leistung geltend zu machen, bedarf es einer vertraglichen Regelung. Andernfalls muss der Architekt den Mehraufwand als Teil der Grundleistung erbringen, sofern er nicht nachweisen kann, dass der zusätzliche Aufwand über die üblichen Anforderungen hinausgeht.

Die Rechtsprechung macht deutlich, dass solche Ansprüche nur unter klaren vertraglichen Voraussetzungen bestehen, etwa durch eine Nachtragsvereinbarung oder eine Änderung des Leistungsumfangs gemäß § 313 BGB bei Wegfall der Geschäftsgrundlage. In Fällen, in denen der Aufwand erheblich über den vertraglich vorgesehenen Leistungen liegt, kann im Einzelfall ein Zusatzhonorar geltend gemacht werden, insbesondere wenn ein Mehraufwand, der nicht ausdrücklich als Grundleistung in der HOAI erfasst ist, über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) begründet werden.

Für den Auftraggeber kann die Mehrvergütung neutral sein

Für den Fall, dass die Mehrvergütung begründet ist, stellt sich die Frage, ob Ihr Auftraggeber die Zusatzkosten direkt bei der Bezahlung der Schlussrechnung des Auftragnehmers in Abzug bringen kann. Das geht dann, wenn der Auftraggeber einen Schadenersatzanspruch gegen den Auftragnehmer aufgrund einer Pflichtverletzung geltend machen kann; etwa wenn die Rechnung wiederholt aufgrund von Fehlern oder fehlender Prüffähigkeit korrigiert werden muss. Gemäß § 280 Abs. 1 BGB kann der Auftraggeber Schadenersatz verlangen, wenn ihm durch die Pflichtverletzung des Auftragnehmers ein messbarer Schaden – hier zusätzliche Prüfkosten des Architekten – entstanden ist.

Praxistipp | Allerdings sollte dieser Abzug nicht unmittelbar durch Sie als Architekt im Rahmen Ihrer Prüfung erfolgen. Vielmehr bleibt es Ihrem Auftraggeber vorbehalten, den Schadenersatzanspruch gesondert geltend zu machen und den Betrag in Abzug zu bringen. Ihnen wiederum obliegt es, Ihren Mehraufwand für die wiederholte Prüfung zu dokumentieren und gegenüber Ihrem Auftraggeber abzurechnen. Ihr Auftraggeber kann dann entscheiden, ob und wie er diese Kosten bei der Schlusszahlung an den Auftragnehmer verrechnet.

Diese Vorgehensweise schützt Sie vor möglichen rechtlichen Auseinandersetzungen über die Berechtigung eines solchen Abzugs und ermöglicht dem Auftraggeber, den Anspruch strukturiert und rechtssicher durchzusetzen.

Fazit | Einen Mehrvergütungs- bzw. Entschädigungsanspruch für wiederholte Rechnungsprüfungen können Sie nur unter bestimmten Umständen geltend machen. Nämlich u. a. dann, wenn Ihnen ein zusätzlicher, erheblicher Prüfaufwand entsteht, der über das übliche Maß hinausgeht, was dann als Besondere Leistung gewertet werden könnte. PBP empfiehlt, die Anforderungen an die Prüffähigkeit und die erwarteten Prüfstandards bereits bei der Vertragsgestaltung explizit zu regeln und den Bauherrn bei absehbarem Mehraufwand frühzeitig zu informieren, um die Chancen auf eine Honorierung des Zusatzaufwands zu erhöhen. Eine klare Abgrenzung und Dokumentation des erhöhten Aufwands ist entscheidend, um Vergütungsansprüche durchzusetzen und Missverständnisse zu vermeiden.
Weiterführende Hinweise
  • Beitrag „Rechnungsprüfung durch Planer: Wie umfangreich sind Ihre Pflichten nach HOAI?“, PBP 11/2024, Seite 17 → Abruf-Nr. 50186736
  • Beitrag: „So rügen Sie die Prüffähigkeit einer VOB-Rechnung“ PBP 10/2015, Seite 17 → Abruf-Nr. 43454844

AUSGABE: PBP 12/2024, S. 17 · ID: 50202475

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