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WachstumschancengesetzMietwohnungsneubau: Gesetzgeber verbessert Abschreibungsmöglichkeiten für Bauherren
| Der Mietwohnungsneubau darbt. Um das zu ändern, hat der Gesetzgeber bereits in den vergangenen Jahren Sonderabschreibungen eingeführt. Im Wachstumschancengesetz (WCG) hat er jetzt noch einmal nachgelegt. Die bestehende Sonderabschreibung wurde verbessert und um eine degressive Abschreibungsmöglichkeit ergänzt. Dadurch können Bauherren in den ersten vier Jahren über 37 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abschreiben. PBP liefert die Details für Ihre Bauherrn-Beratung. |
Aus vier AfA-Möglichkeiten das beste Modell wählen
Bauherren, die im Mietwohnungsneubau investieren, können die auf das Gebäude entfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten abschreiben und so die steuerpflichtigen Vermietungseinkünfte reduzieren. Eine höhere Abschreibung senkt deshalb sofort die individuelle Steuerlast der Bauherren. Für die Abschreibung des Gebäudes können Bauherren/Investoren ab sofort zwischen folgenden Methoden wählen:
- 1. Lineare Gebäudeabschreibung
- 2. Lineare Gebäudeabschreibung kombiniert mit Sonderabschreibungen
- 3. Degressive Gebäudeabschreibung
- 4. Degressive Gebäudeabschreibung kombiniert mit Sonderabschreibungen
Zudem besteht bei der degressiven Abschreibung die Möglichkeit, nach einigen Jahren zur linearen Abschreibung zu wechseln. Doch was bedeuten die AfA-Möglichkeiten im Detail und welche Voraussetzungen sind zu erfüllen?
1. Lineare Gebäudeabschreibung als Grundsatz
Bei einem Investment in Wohngebäude richtet sich die Abschreibung bisher grundsätzlich nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG. Das gilt unabhängig davon, ob sich die Immobilie im Privat- oder Betriebsvermögen befindet. Nach dieser Vorschrift ist nur eine lineare Abschreibung zulässig, wobei sich der Prozentsatz für die Abschreibung nach dem Jahr der Fertigstellung richtet. Bei Fertigstellung nach dem 31.12.2022 beträgt die Abschreibung drei Prozent pro Jahr der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten.
2. Lineare Abschreibung mit Sonder-AfA kombinieren
Um für einen „Investitionsbooster“ zu sorgen, wurde mit § 7b EStG die Möglichkeit eingeführt, neben der linearen Abschreibung auch Sonderabschreibungen geltend zu machen. Diese Möglichkeit ist mit dem Wachstumschancengesetz noch einmal verbessert worden. Konkret sieht § 7b EStG vor, dass für die Anschaffung oder Herstellung neuer Wohnungen, die in einem Mitgliedstaat der EU belegen sind, im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden drei Jahren Sonderabschreibungen von bis zu jährlich fünf Prozent in Anspruch genommen werden können.
Eine Wohnung gilt für Zwecke des § 7b EStG als „neu“, wenn sie der Bauherr entweder hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft hat. Die Wohnung dient Wohnzwecken, wenn sie im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden neun Jahren der entgeltlichen Überlassung an Dritte dient. Nicht begünstigt sind Wohnungen, in denen Personen nur vorübergehend beherbergt werden (z. B. Ferienwohnung). Begünstigt sind Wohnungen, die die Voraussetzungen des § 181 Abs. 9 BewG erfüllen.
Sonder-AfA gilt auch bei Bauanträgen bis zum Jahr 2028
Voraussetzung für die Sonderabschreibung war bislang, dass der Bauantrag nach dem 31.08.2018 und vor dem 01.01.2022 oder nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.01.2027 gestellt oder in diesen Zeiträumen die Bauanzeige getätigt wurde. Neu ist, dass die zeitliche Obergrenze von „vor dem 01.01.2027“ auf „vor dem 01.10.2029“ verschoben wurde. Damit kann die Sonderabschreibung deutlich länger in Anspruch genommen werden.
Gebäude muss mindestens Effizienzhaus 40 sein
Einziger Haken: In der Zeit von nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.10.2029 muss das Gebäude, in dem sich die Wohnung befindet, die Kriterien eines „Effizienzhaus 40“ mit Nachhaltigkeits-Klasse erfüllen; das muss durch das „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“ (QNG) nachgewiesen werden.
Gebäude muss jetzt energetische Mindeststandards erfüllen | Effizienzhaus 40? | Sonderabschreibung nach § 7b EStG? |
Vor 01.09.2018 | Nicht erforderlich | Nicht möglich |
Nach 31.08.2018 und vor 01.01.2022 | Nicht erforderlich | Möglich |
Nach 31.12.2021 und vor 01.01.2023 | Nicht erforderlich | Nicht möglich |
Nach 31.12.2022 und vor 01.10.2029 | Erforderlich | Möglich |
Neben diesen Tatbeständen müssen die Wohnungen noch weitere Kriterien erfüllen, um die Sonderabschreibung nutzen zu können. Denn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten durften für Wohnungen, die aufgrund eines nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.10.2029 gestellten Bauantrags hergestellt werden, bislang 4.800 Euro je m2 Wohnfläche nicht übersteigen. Dieser Grenzwert von 4.800 Euro ist mit dem WCG auf 5.200 Euro angehoben worden. Da die Anhebung der Grenze rückwirkend vorgenommen wurde, können nun sogar Wohnungen in den Genuss der Sonderabschreibungen gelangen, die bislang nicht begünstigt waren.
Beispiel 1 |
So wirkt sich die Änderung im WCG in der Praxis aus |
So wirkt sich die Änderung im WCG in der Praxis aus |
Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibung sind jedoch nicht in jedem Fall die insgesamt für das Gebäude bzw. die Wohnung aufgewendeten Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Denn auch hier erfolgt eine Deckelung. Diese lag bisher bei maximal 2.500 Euro je m2 Wohnfläche und ist mit dem WCG rückwirkend für alle nach dem 31.12.2022 begonnenen Bauvorhaben auf 4.000 Euro angehoben worden.
Beispiel 2 |
Wie Beispiel 1. Die Baukosten betragen je m2 Wohnfläche 5.100 Euro bzw. insgesamt 255.000 Euro (50 m2 Wohnfläche). |
Lösung: Die lineare Gebäudeabschreibung beträgt jährlich 7.650 Euro (§ 7 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a) EStG – 255.000 Euro x 3 Prozent). Zusätzlich kann Hr. Müller neben dieser Abschreibung innerhalb der ersten vier Jahre nochmal jährlich 10.000 Euro abschreiben (§ 7b EStG – 50 qm x 4.000 Euro = 200.000 Euro x 5 Prozent = 10.000 Euro). Durch diese Sonderabschreibungen wird die Immobilie binnen der ersten vier Jahre nicht mit 30.600 Euro (4 x 7.650 Euro), sondern mit 70.600 Euro abgeschrieben (30.600 Euro + 4 x 10.000 Euro). |
3. Die neue degressive Gebäudeabschreibung
Mit dem neuen § 7 Abs. 5a EStG ist durch das WCG eine degressive Gebäudeabschreibung für den Mietwohnungsneubau eingeführt worden. Bei der degressiven Abschreibung beläuft sich die Abschreibung im ersten Jahr auf fünf Prozent der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7 Abs. 5a S. 4 EStG). Ab dem zweiten Jahr beträgt die Abschreibung fünf Prozent des noch nicht abgeschriebenen Restwerts des Gebäudes.
Beispiel 3 |
Restwerts der Anschaffungs- oder Herstellungskosten Lösung: Die lineare Abschreibung würde sich auf jährlich 18.000 Euro belaufen (600.000 Euro x 3 Prozent). Wird die degressive Abschreibung gewählt, erhöht sich die Abschreibung im ersten Jahr auf 30.000 Euro (600.000 Euro x 5 Prozent). Es ergibt sich ein nicht abgeschriebener Restwert von 570.000 Euro, sodass die degressive Abschreibung im zweiten Jahr 28.500 Euro beträgt (570.000 Euro x 5 Prozent) und sich folglich von Jahr zu Jahr weiter reduziert (gesunkener Restwert). |
Um die degressive AfA beanspruchen zu können, muss das Gebäude
- 1. in einem Mitgliedstaat der EU oder dem EWR (EU zzgl. Island, Lichtenstein und Norwegen) gelegen sein,
- 2. Wohnzwecken dienen und
- 3. von Ihrem Bauherrn hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sein.
Zudem muss mit der Herstellung nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 begonnen oder die Anschaffung aufgrund eines nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 rechtswirksam abgeschlossenen Vertrags erfolgt sein.
4. Degressive Gebäude-AfA kombiniert mit Sonder-AfA
Bauherren, die sich für die neue degressive Abschreibung entscheiden, können parallel die – im Abschnitt 2 aufgezeigte und in § 7b EStG verankerte – Sonderabschreibung von in den ersten vier Jahren jeweils bis zu fünf Prozent nutzen. Das stellt eine Ergänzung des § 7b Abs. 1 S. 1 EStG im WCG klar. Dadurch ist es möglich, die Immobilie binnen der ersten vier Jahre um über 37 Prozent abzuschreiben!
Beispiel 4 | |||||||||||||||||||||||||
Die auf eine Wohnimmobilie entfallenden Herstellungskosten betragen zwei Mio. Euro. Auf das Gebäude entfallen davon 1,5 Mio. Euro. Die Immobilie erfüllt sowohl die Voraussetzungen für die Sonderabschreibungen nach § 7b EStG als auch für die degressive Abschreibung nach § 7 Abs. 5a EStG. | |||||||||||||||||||||||||
Binnen der ersten vier Jahre werden somit 37,1 Prozent des Gebäudes steuerwirksam abgeschrieben (559.865 Euro von 1,5 Mio. Euro). Wird die Abschreibungsreihe über zehn Jahre fortgesetzt, lassen sich sogar 53,8 Prozent abschreiben. Der Vorteil: Bereits einen Tag später kann die Immobilie steuerfrei veräußert werden (kein § 23 EStG, da außerhalb der Zehn-Jahres-Frist). |
Fazit | Bauherren, die in den Mietwohnungsneubau investieren, haben ab sofort durch das WCG die Möglichkeit, sich zwischen verschiedenen Abschreibungsvarianten zu entscheiden. Beraten Sie dazu im Rahmen des Ihnen erlaubten. Möglichst hohe Abschreibungen in den ersten Jahren sind zu empfehlen, wenn der Bauherr beabsichtigt, die Immobilie bereits nach einigen Jahren (wegen § 23 EStG am besten frühestens nach zehn Jahren) wieder zu veräußern. |
- Den Wortlaut des Wachstumschancengesetzes (WCG) finden Sie auf pbp.iww.de → Abruf-Nr. 240514
- Das WCG wirkt sich auch direkt auf Ihr Planungsbüro aus; z. B. bei den neuen Sonderabschreibungen für die Anschaffung beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Mehr dazu finden Sie in Kürze auf pbp.iww.de.
AUSGABE: PBP 5/2024, S. 29 · ID: 49988197