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HOAI§ 54 HOAI: Wann bilden Anlagen der Technischen Ausrüstung eine Einheit?
| Bei der Ermittlung der Vergütung nach HOAI ist immer wieder die Frage relevant, ob die anrechenbaren Kosten für Anlagen der Technischen Ausrüstung separat angesetzt werden oder ob die Summe der anrechenbaren Kosten der Anlagen angesetzt wird. Nachdem PBP die Minderungsvorschrift des § 11 HOAI für das Leistungsbild Gebäude ausführlich beleuchtet hat, geht es hier um die Vorschriften zur Technischen Ausrüstung. |
Es geht um viel Geld
Ein Zahlenbeispiel zeigt die Relevanz: Bei zwei Anlagen mit anrechenbaren Kosten von jeweils 500.000 Euro, Honorarzone II, Basissatz, wird bei separatem Ansatz der anrechenbaren Kosten ein Honorar für alle Lph von 192.804 Euro fällig. Bei einem kumulativen Ansatz von dann einer Mio. Euro ergibt sich dagegen nur ein Honorar von 166.493 Euro, also 26.311 Euro weniger.
Die Minderungs-Regelungen in § 11 und § 54 HOAI
§ 11 HOAI gibt den Grundsatz vor, dass, vorbehaltlich weiterer Bedingungen, das Honorar für die Planung verschiedener Objekte separat zu berechnen ist. Diese Regelung gilt – wie in PBP auch schon besprochen – nicht für die Technische Ausrüstung. In § 11 Abs. 2 HOAI heißt es: „Umfasst ein Auftrag mehrere vergleichbare Gebäude, Ingenieurbauwerke, Verkehrsanlagen oder Tragwerke …, ist das Honorar nach der Summe der anrechenbaren Kosten zu berechnen.“ Die Aufzählung ist abschließend, nicht beispielhaft, und sie führt die Technische Ausrüstung nicht auf. Damit sind die besonderen Regelungen zur Technischen Ausrüstung einschlägig, und damit § 54 HOAI.
§ 54 HOAI regelt die Besonderheiten der Ermittlung des Honorars für die Technische Ausrüstung. Nach § 54 Abs. 1 HOAI ist ein „Objekt“ im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 HOAI zu betrachten. „Das Honorar für Grundleistungen bei der Technischen Ausrüstung richtet sich für das jeweilige Objekt im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 nach der Summe der anrechenbaren Kosten der Anlagen jeder Anlagengruppe …“ Und diese Objekte können Gebäude, Innenräume, Freianlagen, Ingenieurbauwerke, Verkehrsanlagen sein.
Wichtig | Nach § 2 Abs. 1 S. 2 HOAI sind auch Anlagen zur Technischen Ausrüstung „Objekte“. Dieser Satz 2 ist aber von der Regelung des § 54 Abs. 1 HOAI nicht erfasst. Es sind also Gebäude, Innenräume, Freianlagen, Ingenieurbauwerke, Verkehrsanlagen zu betrachten, die mit einer Technischen Ausrüstung ausgestattet werden. Werden für diese Objekte nun Anlagen der Technischen Ausrüstung geplant, werden die Kosten der jeweiligen Anlagen einer Anlagengruppe addiert. Und dazu wird das jeweilige Honorar ermittelt.
Beispiel |
Die Honorar-
ermittlung bei der Planung von ... |
Nach § 54 Abs. 2 S. 1 HOAI sind die Kosten mehrerer Anlagen auch dann zu addieren, wenn sie für unterschiedliche Objekte im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 geplant werden, und wenn sie „unter funktionalen und technischen Kriterien eine Einheit bilden …“.
Beispiel |
Wird für zwei benachbarte Gebäude (also zwei Objekte) eine Anlage geplant, die „unter funktionalen und technischen Kriterien eine Einheit bildet“, dann sind die Kosten der Anlage als ein Betrag anzusetzen. Eine Aufteilung auf die beiden Gebäude mit einem separaten Ansatz der anrechenbaren Kosten scheidet aus. Das ist auch plausibel: Denn es wird ja eine Anlage geplant, die eben eine Einheit bildet. Ob diese Einheit ein oder zwei Gebäude versorgt, ändert an der Anlage nichts. Einen solchen Fall entschied der BGH mit Urteil vom 12.01.2006 (Az. VII ZR 293/04, Rz. 33, Abruf-Nr. 060560): Es war eine Fernheizung zu planen, die mehrere Gebäude versorgte: „Die in den einzelnen Gebäuden ohne Unterstation befindlichen Bestandteile der Fernheizung sind lediglich unselbstständige Teile einer Anlage und nicht … selbstständige Teilanlagen. Denn sie könnten ohne erhebliche konstruktive Änderungen nicht direkt an das Sekundärnetz oder einen anderen Wärmeversorger angeschlossen werden“. |
An der Regelung, dass die Frage der Einheit einer Anlage anhand „funktionale(r) und technische(r) Kriterien“ zu beantworten ist, ist problematisch, dass diese Kriterien nicht angegeben werden. Die Formulierung kann damit nicht anders verstanden werden, als dass eine Einheit dann gegeben ist, wenn die Teile der Anlage funktional und technisch eine Einheit bilden.
Erweiterung einer Anlage: Eine oder zwei Anlagen?
Auch ist die Frage relevant, in welchen Fällen es sich um mehr als eine Anlage handelt, wenn ein Anlagensystem mehrere Gebäude versorgt, die zu verschiedenen Zeitpunkten hergestellt und in Betrieb genommen werden.
Oben wurde herausgearbeitet, dass eine Anlage dann eine Einheit bildet, wenn sie funktional und technisch eine Einheit bildet. „Funktional einheitlich“ bedeutet, dass die Funktionen der Anlagenteile identisch sind. Verbreitet ein- und dieselbe Anlage also sowohl in dem einen Gebäudeteil als auch in einem anderen Gebäudeteil Wärme, dann erfüllt sie dieselbe Funktion. „Technisch einheitlich“ bedeutet, dass die Anlagenteile nicht ohne Funktionsverlust getrennt werden können – ein Teil der Anlage funktioniert nicht ohne den anderen: Leitungen zur Verteilung des Wärme abgebenden Wassers ohne Anschluss eines Wärmeerzeugers oder Wärmetauschers sind keine selbstständigen Anlagen, sondern Teile einer solchen Wärmeanlage.
Beispiel |
Soweit es um Erweiterungen geht, ist es denkbar und realitätsnah, dass zunächst ein Gebäude Nr. 1 gebaut und in Betrieb genommen und dazu mit der Anlage A ausgestattet wird. Eine Weile später wird ein weiteres Gebäude, Nr. 2 gebaut und in Betrieb genommen. Die Anlage A wird zur Anlage B so erweitert, dass auch das Gebäude Nr. 2 versorgt werden kann. Zur Versorgung ausschließlich des Gebäudes Nr. 1 ohne Option einer späteren Erweiterung zur Einbeziehung des Gebäudes Nr. 2 wäre Anlage A1 notwendig. Das ist aber nicht gewollt. Folge: In diesem Fall liegen im Sinne der HOAI zwei Anlagen vor: Zuerst wird die Anlage A geplant, gebaut und betrieben. Sie versorgt das Gebäude Nr. 1. Gebäude Nr. 2 existiert noch nicht. Anlage A bildet damit eine Einheit. Dann wird Gebäude Nr. 2 gebaut. Die Anlage A wird zur Anlage B erweitert. Dabei müssen nicht notwendigerweise Arbeiten am Bestand stattfinden, jedenfalls nicht innerhalb der Anlage A. Anlage A wird erweitert, wodurch die Anlage B entsteht, die die beiden Gebäude Nr. 1 und Nr. 2 umfasst. Die zentralen Teile der Anlage A (also beispielsweise Wärmeerzeuger, Rohrleitungen) werden von vornherein so ausgelegt, dass sie ausschließlich das Gebäude 1 und auch die beiden Gebäude 1 und 2 sicher und effizient versorgen können. Der Betrieb der Anlage A ist regelgerecht, es handelt sich nicht um ein Provisorium zur Überbrückung kurzer Zwischenzeiten. Auch in dem Fall, dass das Gebäude 2 entgegen der ursprünglichen Absicht nicht gebaut werden sollte, muss Anlage A das Gebäude 1 dauerhaft sicher und effizient versorgen können. Anlage B muss nun die Gebäude 1 und 2 versorgen und bildet eine eigene Anlage. Anlage B unterscheidet sich von Anlage A nicht in ihrer Funktion. Ihr Sinn, ihre Aufgabe ist dieselbe. Anlage B unterscheidet sich aber technisch von Anlage A, denn sie ist schlicht größer. Die Tatsache, dass der chronologische Ablauf von vornherein klar war (also erst Gebäude 1 mit Anlage A, dann Erweiterung um Gebäude 2, wodurch Anlage B entsteht), ändert an der Planungsaufgabe nichts. Bei der Planung der Anlage A müssen die Bedingungen von Gebäude Nr. 1 an Anlage A und die späteren Bedingungen der Gesamtheit der Gebäude Nr. 1 und Nr. 2 an Anlage B beachtet werden. Die anrechenbaren Kosten ergeben sich damit wie folgt: Wenn eine Anlage A1 ausschließlich für das Gebäude 1 und ohne Option zur späteren Erweiterung notwendig gewesen wäre, wären die anrechenbaren Kosten K(A1) gewesen. Die hier betrachtete Anlage A muss aber so ausgelegt sein, dass sie später auf Anlage B erweitert werden kann. Daher sind Planung und Bau der Anlage A aufwendiger als für Anlage A1. Die anrechenbaren Kosten der Anlage A belaufen sich auf K(A), mit K(A) > K(A1). Durch die für einen späteren Zeitpunkt vorgesehene Erweiterung der Anlage A auf Anlage B entstehen anrechenbare Kosten in Höhe von K(B). Es sind damit zwei Honorare zu berechnen: Einmal auf Grundlage der anrechenbaren Kosten in Höhe von K(A), und ein zweites auf der Grundlage von K(B). In Zahlen: Anlage A liefert anrechenbare Kosten von einer Mio. Euro. Auf dieser Basis ist das Honorar für die Planung der Anlage A zu berechnen. Durch die Erweiterung entsteht Anlage B. Die Erweiterung ist mit Kosten von 0,5 Mio. Euro verbunden. Das Honorar für die Planung der Anlage B ist auf Basis der anrechenbaren Kosten von 0,5 Mio. Euro zu berechnen. Zur Abgrenzung: Wäre nur Gebäude Nr. 1 geplant und müsste daher ausschließlich dieses Gebäude versorgt werden, müsste Anlage A1 geplant und gebaut werden, deren Kosten geringer als eine Mio. Euro wären. |
- Eine 20-seitige Sonderausgabe zum Thema „Die Honorarabrechnung bzw. -minderung nach § 11 HOAI“ finden Sie auf pbp.iww.de → Abruf-Nr. 49923368
- Sie haben Fragen zur Honorarminderung nach § 54 HOAI? Dann schreiben Sie einfach an pbp@iww.de.
AUSGABE: PBP 5/2024, S. 11 · ID: 49930157