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EnergieerzeugungPhotovoltaik-Anlagen: Diese steuerlichen Neuregelungen sollten auch Planer am Bau kennen

Top-BeitragAbo-Inhalt25.01.20232303 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Als Architekt oder Ingenieur planen Sie nicht nur Objekte mit Photovoltaik-Anlagen (kurz: PV-Anlagen). Oft ist es auch so, dass Sie als Büro- oder Gebäudeinhaber selbst als Bauherr solcher Anlagen auftreten. In beiden Konstellationen sollten Sie über die steuerlichen Spielregeln Bescheid wissen. Diese haben sich mit dem Jahressteuergesetz 2022 fundamental geändert. PBP beleuchtet, was nun gilt und wie Sie von den steuerlichen Neuregelungen profitieren. |

Einkommensbesteuerung bei PV-Anlagen

Bei der einkommensteuerlichen Behandlung von PV-Anlagen gibt es Neuerungen, die für Architektur- und Ingenieurbüros attraktiv sind.

So hat sich die Besteuerung bisher dargestellt

Haben Sie bisher auf Ihrem Betriebsgebäude eine PV-Anlage installiert und den erzeugten Strom sowohl ins Stromnetz eingespeist als auch innerhalb Ihres Büros für betriebliche Zwecke verbraucht, so handelte es sich um zwei getrennte Unternehmen. Den ersten Betrieb bildete Ihr Büro, den zweiten Gewerbebetrieb die PV-Anlage. Damit mussten Sie zwei Gewinnermittlungen erstellen und den jeweiligen Gewinn versteuern – vorausgesetzt es lag jeweils eine Gewinnerzielungsabsicht vor.

Zwar konnte für viele PV-Anlagen auf Grundlage des BMF-Schreibens vom 29.10.2021 ein Antrag auf Liebhaberei gestellt und dadurch die Besteuerung des Gewinns vermieden werden. Für PV-Anlagen, deren Strom auch für betriebliche Zwecke (Architekturbüro) verwendet wird, galt das Wahlrecht jedoch nicht.

Das Problem in der Praxis war neben der Erstellung zweier Gewinnermittlungen (höhere Steuerberatungsgebühren) und der Versteuerung beider Gewinne (höhere Steuerbelastung) jedoch noch ein anderes: Da der von der PV-Anlage erzeugte Strom zum Teil in Ihrem Büro verbraucht wird, musste auf Ebene der Gewinnermittlung der PV-Anlage eine gewinnerhöhende Entnahme erfasst werden. Jede erzeugte und im Büro verbrauchte Kilowattstunde Strom musste deshalb gewinnerhöhend mit dem Teilwert angesetzt werden. Parallel berechtigte diese Entnahme in Form einer Einlage Sie bei Ihrer Gewinnermittlung für Ihr Büro zum Betriebsausgabenabzug. In der Summe ergab sich dadurch zwar lediglich eine Gewinnverschiebung, jedoch war Ihr Verwaltungsaufwand groß.

Während die von der PV-Anlage erzeugte und innerhalb des Büros verbrauchte Strommenge verhältnismäßig einfach anhand eines gesonderten Zählers ermittelt werden konnte, bot die Bewertung des Stroms zum Teilwert Schwierigkeiten. Denn hierfür standen drei verschiedene Methoden zur Verfügung:

Beispiel zur bisherigen steuerlichen Beurteilung

Ingenieur V betreibt sein TA-Büro in einem ihm gehörenden Gebäude. Der Gewinn für 2021 betrug 80.000 Euro. Auf dem Dach hatte er eine PV-Anlage mit 14 kWp installiert und der Gewinn der PV-Anlage betrug 1.000 Euro. Der von der PV-Anlage erzeugte und innerhalb des Büros verbrauchte Strom war noch mit einem Teilwert von 2.000 Euro anzusetzen.

Lösung: Der Gewinn der PV-Anlage war um die Entnahme zu erhöhen. Deshalb waren nicht 1.000 Euro, sondern 3.000 Euro zu versteuern. Parallel war der Strom zum Teilwert im Ingenieurbüro als Betriebsausgaben abzugsfähig (Einlage). Der Gewinn dort reduzierte sich von 80.000 Euro auf 78.000 Euro. In der Summe war ein Gesamtgewinn von 81.000 Euro zu versteuern (Gewinnverschiebung).

  • 1. Progressive Methode (anteilige Herstellungskosten je kWh; also Gesamtkosten PV-Anlage geteilt durch erzeugte Leistung = Ansatz je kWh)
  • 2. Retrograde Methode (Rückrechnung aus dem Marktpreis, indem z. B. der bundesweit durchschnittliche Strompreis je kWh abzüglich eines kalkulatorischen Gewinnaufschlags von 20 Prozent angesetzt wird)
  • 3. Vereinfachungsregelung (Ansatz jeder kWh mit 0,20 Euro)

Rückwirkende Neuregelung ab dem Jahr 2022

Dieses Prozedere der Gewinnverschiebung ändert sich rückwirkend ab dem Jahr 2022 in den meisten Fällen. Denn durch das Jahressteuergesetz 2022 ist mit § 3 Nr. 72 EStG rückwirkend zum 01.01.2022 eine umfangreiche Steuerbefreiung für nahezu alle PV-Anlagen ins EStG eingezogen.

Diese Steuerbefreiung greift unabhängig von der Stromnutzung und der Frage danach, ob eine Gewinnerzielungsabsicht besteht. Ihre Einnahmen und Entnahmen aus dem Betrieb einer PV-Anlage auf dem Gebäude Ihres Büros sind deshalb steuerfrei, wenn die installierte Bruttoleistung der PV-Anlage laut Marktstammdatenregister maximal 15 kWp beträgt. Befinden sich in dem Gebäude neben Ihrem Planungsbüro noch weitere Wohn- oder Gewerbeeinheiten, vervielfältigt sich der Betrag von 15 kWp um die Anzahl der vorhandenen Wohn- und Gewerbeeinheiten. Bei einem Objekt mit fünf Einheiten darf die installierte Leistung daher max. 75 kWp betragen, damit die neue – in § 3 Nr. 72 EStG verankerte – Steuerbefreiung greift.

Wichtig | Diese neue Steuerbefreiung gilt bereits rückwirkend ab dem Jahr 2022 und ist nicht als Wahlrecht ausgestaltet. Liegen die Voraussetzungen vor, ist der Betrieb der PV-Anlage rückwirkend ab 2022 steuerfrei. Zudem gilt die Steuerbefreiung nicht nur für neue PV-Anlagen, sondern auch für uralte Bestandsanlagen. Auch wenn Ihre PV-Anlage bspw. im Jahr 2010 ans Netz ging und seitdem nur Gewinne erzielte, so müssen Sie diese ab dem Jahr 2022 verpflichtend nicht mehr versteuern.

Beispiel zur neuen rückwirkend ab 2022 geltenden Regelung

Architekt A führt sein Büro im eigenen Gebäude. Er hat 2022 einen Gewinn von 80.000 Euro erzielt. Auf dem Dach hat er eine PV-Anlage mit 14 kWp installiert, der Gewinn der PV-Anlage beträgt 1.000 Euro. Der von der PV-Anlage erzeugte und im Büro verbrauchte Strom ist noch mit einem Teilwert von 2.000 Euro anzusetzen.

Lösung: Der Gewinn der PV-Anlage ist um die Entnahme zu erhöhen und beträgt 3.000 Euro. Parallel ist der Gewinn des Architekturbüros entsprechend auf 78.000 Euro zu mindern. Jedoch ist der Betrieb der PV-Anlage nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfrei, da die Grenze von 15 kWp je Einheit eingehalten wird. Deshalb ist ab dem Jahr 2022 nicht wie bisher der volle Gesamtgewinn von 81.000 Euro, sondern lediglich der auf das Architekturbüro entfallende Gewinn von 78.000 Euro zu versteuern. Bei einem Steuersatz von 40 Prozent bedeutet das eine jährliche Steuerersparnis von 1.200 Euro (3.000 Euro x 40 Prozent).

Umsatzbesteuerung bei PV-Anlagen

Auch hinsichtlich der Umsatzsteuer gibt es bei PV-Anlagen Änderungen.

So wurden PV-Anlagen bisher umsatzsteuerlich gehandhabt

Zunächst einmal war hier im Gegensatz zur einkommensteuerlichen Beurteilung zu beachten, dass ein Unternehmer nur ein einheitliches Unternehmen haben kann. Ihr Architektur- oder Ingenieurbüro und die PV-Anlage stellten daher für Zwecke der Umsatzsteuer ein einheitliches Unternehmen dar.

Der von der PV-Anlage erzeugte und in das Energienetz des Netzbetreibers eingespeiste Strom unterlag als umsatzsteuerbare und -steuerpflichtige Lieferung der Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz von 19 Prozent (genau wie der Umsatz Ihres Büros). Weiterhin fielen für die Anschaffung der PV-Anlagen 19 Prozent Umsatzsteuer an. Diese mussten Sie zunächst an den Installateur bzw. Lieferanten zahlen. Im Anschluss erhielten Sie diese als Vorsteuer vom Finanzamt zurück.

Neuregelung für ab dem 01.01.2023 installierte Anlagen

Durch das JStG 2022 ist mit § 12 Abs. 3 UStG ab dem 01.01.2023 ein komplett neuer Steuersatz von null Prozent geschaffen worden. Dieser gilt für Installation, Lieferung, innergemeinschaftlichen Erwerb und Einfuhr von Solarmodulen an den Betreiber einer PV-Anlage, einschl. der für den Betrieb einer PV-Anlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die PV-Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden installiert wird, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden. Ebenso gilt der neue Nullsteuersatz pauschal immer dann, wenn die installierte Bruttoleistung der PV-Anlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kWp beträgt oder betragen wird.

Damit entfällt für ab dem 01.01.2023 installierte PV-Anlagen für viele von Ihnen das „Hin und Her“ mit der Umsatzsteuer. Sie müssen nicht mehr in Vorleistung gehen und erhalten die Steuer nachträglich vom Finanzamt erstattet, sondern Sie bezahlen von Anfang an keine Umsatzsteuer.

AUSGABE: PBP 2/2023, S. 23 · ID: 48986256

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