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KirchensteuerKirchensteuer sparen auch ohne Austritt: Kappung, Erlass & Co.

Abo-Inhalt05.03.20257 Min. LesedauerVon Dipl.-Finw. Marvin Gummels, Hage

| Die Kirchensteuer führt zu einer hohen Belastung, sodass immer mehr Menschen aus der Kirche austreten. Das gilt vor allem bei einem überdurchschnittlich hohen Einkommen. Doch wie hoch ist die Belastung überhaupt? Und was hat es mit der Kappung der Kirchensteuer auf sich? Diese wird nämlich nicht immer automatisch gewährt, sondern muss mitunter separat beantragt werden, damit eine Entlastung erfolgt. Zudem bietet manchmal ein Erlassantrag einen Ausweg. Der Beitrag zeigt, wann Steuerzahler Kirchensteuer sparen können, ohne aus der Kirche auszutreten. |

1. So hoch ist die Kirchensteuerbelastung wirklich

Die Höhe der Kirchensteuer ist bundesweit nicht einheitlich geregelt. Es kommt auf den Wohnort an. Während die Kirchensteuer in den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg 8 % der Einkommensteuer beträgt, werden in den übrigen Bundesländern 9 % fällig. Die effektive Belastung fällt jedoch geringer aus. Denn nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist die gezahlte Kirchensteuer als Sonderausgabe abzugsfähig. Die effektive Kirchensteuerbelastung liegt deshalb deutlich unterhalb von 8 bzw. 9 % der Einkommensteuer.

Beispiel 1

Adam und Silke Meise sind kinderlos, evangelisch und wohnen in Niedersachsen. Für 2024 beträgt ihr z. v. E. 100.000 EUR.
Lösung: Die Einkommensteuer beträgt 21.744 EUR. Hinzu kommt die Kirchensteuer mit 1.956,96 EUR (21.744 EUR × 9 %). Solidaritätszuschlag fällt nicht an.
Fallerweiterung: Im nächsten Jahr beträgt das z. v. E. von Adam und Silke Meise grundsätzlich wieder 100.000 EUR. Sie können jedoch die Kirchensteuerzahlung des Vorjahres als Sonderausgabe von der Steuer absetzen.
Lösung: Für das Folgejahr reduziert sich das z. v. E. auf 98.043 EUR (100.000 EUR abzgl. 1.957 EUR). Dadurch reduziert sich die Einkommensteuer (zur besseren Vergleichbarkeit auf Basis des ESt-Tarifs 2024) auf 21.044 EUR (Ersparnis: 700 EUR). Die Kirchensteuer reduziert sich auf 1.893,96 EUR (Ersparnis: 63 EUR). Infolge der Kirchensteuerzahlung spart das Paar im Folgejahr insgesamt 763 EUR, sodass die effektive Belastung mit Kirchensteuer nicht 1.956,96 EUR, sondern 1.193,96 EUR beträgt. Das entspricht nicht mehr 9 % der Einkommensteuer, sondern nur ca. 5,5 %.

Beachten Sie | Wird die Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer oder als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG ermittelte Einkommensteuer gezahlt, wird der in § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG verankerte Sonderausgabenabzug jedoch verwehrt. Dennoch beträgt die Kirchensteuerbelastung bei Kapitalerträgen nicht 8 % bzw. 9 % der Abgeltungsteuer. Das liegt daran, dass sich bei bestehender Kirchensteuerpflicht die erhobene Abgeltungsteuer (sofort) reduziert. Diese beträgt infolge eines eingerechneten Sonderausgabenabzugs nicht mehr 25,00 % der Kapitalerträge, sondern in Bayern sowie Baden-Württemberg lediglich 24,51 %. In den übrigen Bundesländern werden nur 24,45 % fällig.

Beispiel 2

Adam Meise gehört keiner Kirche an, wohnt in Niedersachsen und erzielt steuerpflichtige Kapitalerträge i. H. von 10.000 EUR.
Lösung: Die Abgeltungsteuer beträgt 2.500 EUR (25 %) und der Soli 137,50 EUR (5,5 % von 2.500 EUR).
Abwandlung: Adam Meise ist ein Kirchenmitglied.
Lösung: Die Abgeltungsteuer reduziert sich auf 2.445 EUR (24,45 %) und der Soli auf 134,47 EUR (5,5 % von 2.445 EUR): Eine Ersparnis von 58,03 EUR. Im Gegenzug muss Adam Meise nun 220,05 EUR Kirchensteuer bezahlen (2.445 EUR × 9 %). Effektiv bezahlt Adam Meise also 220,05 EUR Kirchensteuer, ist infolge der anderen Steuerersparnis aber nur mit 162,02 EUR belastet. Die Kirchensteuer beträgt deshalb effektiv nur ca. 6,5 % der Abgeltungsteuer und eben nicht 9 %.
Zwischenfazit | Auf dem „Papier“ beträgt die Kirchensteuer zwar je nach Wohnort 8 % oder 9 % der Einkommensteuer. Durch den Sonderausgabenabzug fällt die tatsächliche Belastung aber geringer aus, sodass ein Kirchenaustritt keine Steuerersparnis von 8 % oder 9 % bedeutet.
Vereinfacht kann die tatsächliche Kirchensteuerbelastung wie folgt berechnet werden: Durchschnittssteuersatz × Kirchensteuersatz × (100 − Grenzsteuersatz). Bei einem ledigen Steuerzahler in Niedersachsen ohne Kinder und einem z. v. E. von 50.000 EUR beträgt die effektive Kirchensteuerbelastung deshalb 1,25 % des z. v. E. (Durchschnittssteuersatz 21,74 % × 9 % × (100 − 35,92 % Grenzsteuersatz). Bei einem ledigen Steuerzahler mit einem z. v. E. von 100.000 EUR sind es infolge der Progression bereits 1,64 %.

2. Kappung der Kirchensteuer

Kappung der Kirchensteuer bedeutet, dass die eigentlich je nach Wohnort 8 % bzw. 9 % der Einkommensteuer betragende Kirchensteuer auf einen Maximalbetrag begrenzt wird. Dieser Maximalbetrag bezieht sich auf einen vorgeschriebenen Prozentsatz des z. v. E. Dieser Prozentsatz variiert je nach Bundesland und teilweise auch je nach Konfession. So greift die Kappung im besten Fall bereits bei 2,75 % des z. v. E. Die Grenze kann jedoch auch bei bis zu 4,0 % liegen. Zudem gibt es auch ein Bundesland, in dem keine Kirchensteuerkappung vorgesehen ist: Bayern.

Beachten Sie | Es hängt vom jeweiligen Bundesland und der Konfession des Steuerzahlers ab, ob die Kirchensteuerkappung automatisch oder nur auf Antrag gewährt wird. Wird die Kappung vom FA automatisch gewährt, tritt der Steuerspareffekt sofort ein. Denn die festgesetzte Kirchensteuer reduziert sich ohne Antrag auf den Kappungsbetrag. In Bundesländern, in denen die Kappung nicht automatisch gewährt wird (z. B. in Nordrhein-Westfalen), müssen die Steuerpflichtigen die Kappung beantragen – und zwar nicht beim FA, sondern bei der jeweiligen Diözese oder Landeskirche.

Beachten Sie | Der Antrag auf Kirchensteuerkappung ist formlos zu stellen. So genügt bereits ein Antrag per E-Mail. Manche Kirchen haben als Serviceleistung auf ihrer Homepage auch einen Musterantrag veröffentlicht. Wichtig bei der Antragstellung ist, dass der betroffene Steuerbescheid beigefügt wird. Denn auf dessen Basis wird die Kappung von der Diözese bzw. Landeskirche berechnet. Zudem muss die Bankverbindung für die Überweisung des Erstattungsbetrags angegeben werden.

Die einzelnen Bundesländer mit den jeweiligen Kappungssätzen1)
BundeslandKirchensteuer (in % der ESt)Kappungssatz (in % vom z. v. E.)Kappungsverfahren
Baden- Württemberg
8 %
ev. Kirche Württemberg
2,75 %
auf Antrag
ev. Kirche Baden
3,50 %
auf Antrag
kath. Diözesen
3,50 %
auf Antrag
Bayern
8 %
keine Kappung
Berlin
9 %3,00 %
automatisch
Brandenburg
9 %3,00 %
automatisch
Bremen
9 %3,50 %
automatisch
Hamburg
9 %3,00 %
automatisch
Hessen
9 %
ev. Kirchen
3,50 %
auf Antrag
kath. Diözesen
4,00 %
auf Antrag
Mecklenburg-Vorpommern
9 %3,00 %
automatisch
Niedersachsen
9 %3,50 %
automatisch
Nordrhein-Westfalen
9 %
ev. Kirchen
3,50 %
auf Antrag
kath. Diözesen
4,00 %
auf Antrag
Rheinland-Pfalz
9 %
ev. Kirchen
3,50 %
auf Antrag
kath. Diözesen
4,00 %
auf Antrag
Saarland
9 %
ev. Kirchen
3,50 %
auf Antrag
kath. Diözesen
4,00 %
auf Antrag
Sachsen
9 %3,50 %
automatisch
Sachsen-Anhalt
9 %3,50 %
automatisch
Schleswig-Holstein
9 %3,00 %
automatisch
Thüringen
9 %3,50 %
automatisch

1) Quelle: auf Basis von www.lohn-info.de/kirchensteuer.html#kirchensteuerkappung

Beispiel 3

Adam Meise ist ledig, evangelisch und wohnt in Berlin. Er hat keine Kinder und für 2024 beträgt sein z. v. E. 250.000 EUR.
Lösung: Die Einkommensteuer beträgt 94.363 EUR und die Kirchensteuer grundsätzlich 8.492,67 EUR. In Berlin wird die Kappung der Kirchensteuer jedoch vom FA automatisch gewährt (250.000 EUR × 3,00 %) – eine Ersparnis von 992,67 EUR.

Beachten Sie | Durch die Kappung zahlt Adam Meise 993 EUR weniger Kirchensteuer. Das führt aber auch dazu, dass er 993 EUR weniger als Sonderausgaben geltend machen kann (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Die effektive Ersparnis durch die Kirchensteuerkappung beträgt deshalb weniger als 993 EUR.

Beispiel 4

Adam Meise ist ledig, evangelisch und wohnt in Rheinland-Pfalz. Er hat keine Kinder und für 2024 beträgt sein z. v. E. 500.000 EUR.
Lösung: Die vom FA festgesetzte Einkommensteuer beträgt 206.028 EUR und die Kirchensteuer 18.524,52 EUR. Da in Rheinland-Pfalz das Antragsverfahren gilt, muss Meise bei der Evangelischen Kirche der Pfalz einen Kappungsantrag stellen. Infolgedessen würde sich die Kirchensteuer auf 17.500 EUR (500.000 EUR z. v. E. × 3,5 %) reduzieren. Die Kirche erstattet dann den Differenzbetrag von 1.024,52 EUR.

Beachten Sie | Auch die im Beispiel 4 infolge der Kappung gewährte Erstattung mindert den Sonderausgabenabzug. Der Erstattungsbetrag ist in der Einkommensteuererklärung des Erstattungsjahres zu deklarieren.

Die Kirchensteuerkappung ist von der Höhe der zu zahlenden Kirchensteuer in Kombination mit dem z. v. E. abhängig. Deshalb profitieren von der Kappung nur diejenigen, die ein überdurchschnittlich hohes z. v. E. erzielen. Als Richtwert für die Kappung gelten 2024 je nach Kappungssatz und z. v. E. folgende Grenzwerte, ab deren Überschreiten es zu einer Kirchensteuerkappung kommt bzw. ein Antrag auf Kirchensteuerkappung gestellt werden sollte:

Grenzwerte für Kirchensteuerkappung 2024
KappungssatzKappung greift ab folgendem z. v. E. (Grundtarif)Kappung greift ab folgendem z. v. E. (Splittingtarif)
2,75 %93.000 EUR186.000 EUR
3,00 %123.000 EUR246.000 EUR
3,50 %311.000 EUR622.000 EUR
4,00 %3.415.000 EUR6.830.000 EUR

3. Erlass der Kirchensteuer

Neben der Kirchensteuerkappung gibt es noch einen anderen Weg, die tatsächliche Kirchensteuer effektiv zu reduzieren: Es kann bei der jeweiligen Landeskirche bzw. Diözese (nicht beim FA!) ein Antrag auf Erlass der Kirchensteuer gestellt werden. Da viele Religionsgemeinschaften im Internet bereits Musteranträge für einen Erlassantrag veröffentlicht haben, funktioniert dies vergleichsweise einfach.

Jede Religionsgemeinschaft entscheidet eigenständig für ihren Bereich, ob und in welcher Höhe ein Erlass gewährt wird. Ein Rechtsanspruch besteht nicht. Dennoch zeigen die Praxis und auch die Erläuterungen auf den Internetseiten der Kirchen, dass ein Teilerlass in bestimmten Konstellationen bewilligt wird. Dieser Teilerlass wird typischerweise für die Kirchensteuer gewährt, die auf außerordentliche Einkünfte i. S. des § 34 Abs. 2 EStG (z. B. Abfindungen) und Anteilsveräußerungen i. S. des § 17 EStG entfällt. Manche Kirchen gewähren einen Teilerlass auch in Härtefällen, wobei es sich dabei oft um den Verlust des Arbeitsplatzes handelt.

Wie beim Kappungsverfahren ist dem Antrag der Steuerbescheid beizufügen, da auf dessen Basis die Prüfung des Erlassantrags erfolgt. Ebenso ist die Bankverbindung für die Überweisung des Erstattungsbetrags anzugeben.

Beachten Sie | Viele Religionsgemeinschaften machen den Teilerlass davon abhängig, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt des Antrags noch Mitglied der Kirche ist. Wer also zunächst die Kirchensteuer zahlt, dann aus der Kirche austritt und erst im Anschluss einen Antrag stellt, geht regelmäßig leer aus.

Beispiel 5
Adam Meise gehört der evangelischen Konfession an, wohnt in Niedersachsen, ist kinderlos und ledig. Sein der regulären Besteuerung unterliegendes z. v. E. für 2024 beträgt 35.000 EUR. Weil er in 2024 entlassen wurde, hat er eine Abfindung von 100.000 EUR erhalten. Diese stellt außerordentliche Einkünfte i. S. des § 34 Abs. 2 EStG dar und wird deshalb vom FA ermäßigt mit der 1/5-Regelung besteuert. Das FA setzt deshalb die Einkommensteuer mit 34.115 EUR und die Kirchensteuer mit 3.070,35 EUR fest. Adam Meise bittet bei der Kirche um einen Teilerlass der Kirchensteuer.
Lösung: Die Entscheidung über den Erlassantrag ist eine Ermessensentscheidung. Sollte der Antrag mit einem Teilerlass von 50 % bewilligt werden, würde die Berechnung wie folgt aussehen:
KiSt mit AbfindungKiSt ohne Abfindung
z. v. E. regulär
35.000 EUR35.000 EUR
zzgl. Abfindung
100.000 EUR
z. v. E. tatsächlich
135.000 EUR35.000 EUR
darauf entfallende ESt
34.115 EUR5.891 EUR
KiSt (9 % der ESt)
3.070,35 EUR530,19 EUR
Differenz KiSt
2.540,16 EUR
50 % der KiSt-Differenz
1.270,08 EUR
Erlassbetrag KiSt
1.270,08 EUR

Beachten Sie | Auch hier gilt, dass die Kirchensteuer im Jahr des Erlasses die als Sonderausgabe abzugsfähige Kirchensteuer mindert. Der Betrag ist deshalb im Zuge der Einkommensteuererklärung zu deklarieren.

AUSGABE: MBP 3/2025, S. 50 · ID: 50287026

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