BetriebsveranstaltungAntworten auf Praxisfragen rund um Betriebsveranstaltungen, Incentive-Reisen & Co.
| Rund um Betriebsveranstaltungen haben LGP-Leser Fragen. Etwa: Wie werden Betriebsveranstaltungen von Incentive-Reisen abgegrenzt? Was gilt für den Besuch des Oktoberfestes oder einer Reise nach New York? Wie sind unentgeltlich beschäftigte Praktikanten einzuordnen und wie lange kann rückwirkend eine Lohnsteuerpauschalierung geändert werden? LGP liefert nachfolgend die Antworten. |
Abgrenzung Incentive-Reise von Betriebsveranstaltung
Um die für Betriebsveranstaltungen geltenden Privilegien wie den Freibetrag von 110 Euro (§ 19 Abs. 1 Nr. 1a S. 3 EStG) oder die Lohnsteuerpauschalierung mit 25 Prozent (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG) nutzen zu können, muss es sich um eine Betriebsveranstaltung handeln. Liegt hingegen eine Incentive-Reise vor, dann gilt einerseits der Freibetrag nicht und andererseits kann eine Pauschalierung der Lohnsteuer nur zum Pauschalsteuersatz von 30 Prozent erfolgen (§ 37b EStG). Doch wie grenzt sich eine Betriebsveranstaltung von einer Incentive-Reise ab?
So werden Betriebsveranstaltungen definiert
Betriebsveranstaltungen waren Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, bei denen die Teilnahme an der Veranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht (BFH, Urteil vom 15.01.2009, Az. VI R 22/06, Abruf-Nr. 091083). Da der Arbeitgeber mit einer Betriebsveranstaltung den Zweck verfolgt, den persönlichen Kontakt der Arbeitnehmer untereinander zu fördern (BFH, Urteil vom 25.05.1992, Az. VI R 85/90), handelt es sich bei Betriebsveranstaltungen typischerweise um eintägige Betriebsausflüge, Weihnachts- und Jubiläumsfeiern.
Durch die 2015 mit § 19 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG eingeführte Legaldefinition wurde allerdings der Begriff der Betriebsveranstaltung neu bestimmt. Und diese Definition stellt für eine Betriebsveranstaltung nicht auf den Teilnehmerkreis ab. Entscheidend ist lediglich, ob es sich um eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter handelt. Entsprechend hat jüngst der BFH klargestellt, dass es sich bei einer Weihnachtsfeier, bei der nur die Vorstandsmitglieder und Führungskräfte teilnehmen durften, um eine Betriebsveranstaltung handelt (BFH, Urteil vom 27.03.2024, Az. VI R 5/22, Abruf-Nr. 241427).
Wichtig | Auch wenn durch § 19 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG der Begriff der Betriebsveranstaltung neu definiert wurde, gilt für den Freibetrag von 110 Euro noch immer § 19 Abs. 1 Nr. 1a S. 3 und 4 EStG. Der Freibetrag ist deshalb nur dann zu gewähren, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Der Freibetrag gilt zudem für maximal zwei Betriebsveranstaltungen pro Jahr.
Beispiel |
Für Betriebsver-anstaltung ist Freibetrag nutzbar ... Lösung: Es handelt sich um eine Betriebsveranstaltung. Da die Teilnahme allen Arbeitnehmern offensteht, lässt sich der Freibetrag von 110 Euro von dem Sachbezug abziehen. Steuer- und beitragspflichtiger Arbeitslohn ergibt sich nicht. |
Abwandlung |
... oder mangels Offenstehen für alle Arbeitnehmer nicht Lösung: Zwar liegt weiterhin eine Betriebsveranstaltung vor, allerdings ist der Freibetrag nicht abzuziehen. Damit müssen je Teilnehmer 80 Euro als Arbeitslohn versteuert und verbeitragt werden. Alternativ kann die Steuer mit 25 Prozent zulasten des Arbeitgebers pauschaliert werden (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG). |
Die Definition von Incentive-Reisen
In Abgrenzung zu Betriebsveranstaltungen liegen Incentive-Reisen vor, wenn mit einer Reise Arbeitnehmer des Betriebs für die erbrachte Leistung belohnt und zu Mehr- oder Höchstleistungen motiviert werden sollen. Der Ablauf einer solchen Reise dient allgemein touristischen Interessen. Auch Incentive-Reisen führen zu Arbeitslohn (BFH, Urteil vom 09.03.1990, Az. VI R 48/87).
Konkret muss also unterschieden werden, ob es sich um eine übliche Veranstaltung bzw. Reise (Betriebsveranstaltung) oder um eine belohnende Reise bzw. Veranstaltung (Incentive-Maßnahme bzw. Incentive-Reise) handelt. Dieses Kriterium greift der Gesetzeswortlaut von § 19 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG zwar nicht ausdrücklich auf. Da Betriebsveranstaltungen aber gesellschaftlichen Charakter haben müssen, ergibt sich daraus mittelbar, dass nur übliche Betriebsveranstaltungen durch den Freibetrag und die Lohnsteuerpauschalierung mit 25 Prozent privilegiert werden.
Zuwendungen im Rahmen einer belohnenden Veranstaltung haben den Charakter einer Gehaltszahlung. Sie finden deshalb nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers statt und haben auch keinen gesellschaftlichen Charakter. Belohnende Incentive-Reisen – auch für die gesamte Belegschaft – sind deshalb nicht als Betriebsveranstaltung privilegiert.
Beispiel für Incentive-Reise |
Freibetrag von 110 Euro kann nicht abgezogen werden Lösung: Es handelt sich um eine Incentive-Reise, da die Grenze zu einer üblichen Betriebsveranstaltung mit gesellschaftlichem Charakter im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers überschritten wird. Der Vorteil der Reise ist als Arbeitslohn zu erfassen, der Freibetrag von 110 Euro kann nicht abgezogen werden. Eine Lohnsteuerpauschalierung mit 30 Prozent ist möglich. |
Das gilt hinsichtlich unentgeltlich beschäftigter Personen
An Betriebsveranstaltungen nehmen regelmäßig nicht nur die aktiv beschäftigten Arbeitnehmer, sondern manchmal auch unentgeltlich beschäftigte Praktikanten, Referendare und ähnliche Personen teil. Kann für diese Personen ebenfalls der Freibetrag von 110 Euro genutzt werden, oder muss eine pauschale Besteuerung zulasten des Arbeitgebers erfolgen?
Auch für unentgeltlich beschäftigte Praktikanten, Referendare und ähnliche Personen lässt sich der Freibetrag von 110 Euro nutzen (BMF, Schreiben vom 14.10.2015, Az. IV C 5 – S 2332/15/10001, Tz. 3, Abruf-Nr. 145573). Damit muss für diese Personen nur insoweit eine pauschale Besteuerung erfolgen, wie der Sachbezug den Freibetrag von 110 Euro überschreitet. Gleichermaßen ist eine Pauschalierung erforderlich, wenn der Freibetrag nicht anwendbar ist; entweder weil der Praktikant an einer dritten Betriebsveranstaltung teilgenommen hat oder die Teilnahme an der Veranstaltung nicht allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offengestanden hat.
(Kein) Freibetrag bei ausgesuchtem Teilnehmerkreis?
Der Freibetrag für Betriebsveranstaltungen von 110 Euro ist nur dann zu berücksichtigen, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. In der Praxis stellt sich die Frage, was für einen ausgesuchten Teilnehmerkreis gilt – nicht immer ist der privilegiert.
Die Finanzverwaltung unterscheidet bei einem ausgesuchten Teilnehmerkreis wie folgt (BMF, Schreiben vom 14.10.2015, Tz. 4b):
- Begrenzt der Arbeitgeber den Teilnehmerkreis für eine Betriebsveranstaltung und bevorzugt er dadurch bestimmte Arbeitnehmergruppen, dann lässt sich der Freibetrag nicht abziehen. Hierunter fallen z. B. Veranstaltungen, an denen nur die Führungskräfte teilnehmen dürfen.
- Stellt sich die Begrenzung des Teilnehmerkreises jedoch nicht als eine Bevorzugung bestimmter Arbeitnehmergruppen dar, ist ausnahmsweise doch der Freibetrag zu berücksichtigen.... wenn keine Bevorzugung bestimmter Arbeit-nehmergruppen
Beispiele |
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Änderung einer bereits erfolgten Lohnsteuerpauschalierung
Manchmal stellt sich nachträglich heraus, dass eine Pauschalierung der Lohnsteuer unzutreffend war. Mal wurde ein falscher Prozentsatz zugrunde gelegt, mal der Sachbezug fehlerhaft ermittelt oder mal der Freibetrag für Betriebsveranstaltungen in nicht richtiger Höhe berücksichtigt. Kann in diesen Fällen eine rückwirkende Korrektur der Lohnsteueranmeldung erfolgen? Und falls ja, bis wann?
Bei Änderung einer Lohnsteuerpauschalierung durch den Arbeitgeber besteht im Vergleich zu einer Änderung der vom Arbeitslohn einbehaltenen individuellen Lohnsteuer ein erheblicher Unterschied. Denn während die individuell ermittelte Lohnsteuer grundsätzlich nur so lange geändert werden kann, wie die elektronische Lohnsteuerbescheinigung für den Arbeitnehmer noch nicht an das Finanzamt übermittelt wurde (§ 41c Abs. 3 EStG), kann die vom Arbeitgeber durchgeführte Pauschalierung der Lohnsteuer so lange geändert werden, wie noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist und der Tatbestand einer Änderungsvorschrift erfüllt wird.
Hintergrund ist, dass die Lohnsteueranmeldung, in der der Arbeitgeber die pauschalierte Steuer angemeldet hat, als Steueranmeldung nach § 150 Abs. 1 S. 3 AO einzustufen ist. Sie steht gemäß § 164, 168 AO mit Eingang beim Finanzamt einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Solange der Vorbehalt der Nachprüfung nicht aktiv durch das Finanzamt aufgehoben wurde (z. B. nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung), ist damit eine Änderungsvorschrift zur Korrektur der pauschalierten Lohnsteuer gegeben (§ 164 Abs. 2 AO). Und auch der Eintritt der Festsetzungsverjährung stellt typischerweise kein Problem dar. Denn die Festsetzungsfrist läuft regelmäßig vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO) und beginnt erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Lohnsteueranmeldung abgegeben wurde (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 AO).
Beispiel |
Lohnsteueranmeldung für Februar 2020 aus März 2020 Festsetzungsfrist endet erst Ende 2024 |
Ausgabe: 11/2024, S. 215 · ID: 50150318
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