Betriebliche Altersversorgung/PensionszusageGleichzeitiger Bezug von bAV-Leistung und Gehalt beim GGf – BMF nennt Details
| Bei Gesellschafter-Geschäftsführern (GGf) ist der Beginn der Altersrente in ihrer Pensionszusage oft nicht an das Ausscheiden aus dem Unternehmen, sondern „nur“ an die Vollendung des Pensionsalters gekoppelt. Die Folge ist dann im Fall einer Weiterbeschäftigung nach der Altersgrenze, dass Gehalt und Altersleistung parallel gezahlt werden. Das wirft regelmäßig Fragen auf. Der BFH hatte letztes Jahr nun eine neue Sicht eingenommen, ob in dem Fall eine Anrechnung von Aktivbezügen auf bAV-Leistungen zu erfolgen hat – und das BMF hat mit einem Schreiben nachgezogen. |
Das war die bisherige Lesart von BMF und BFH
Lange Zeit war das BMF der Meinung, dass dem Charakter nach betriebliche Altersversorgung (bAV) nur vorliegt, wenn der Bezug der bAV-Leistung an das Ausscheiden aus dem Arbeits-/Dienstverhältnis gekoppelt ist (BMF, Schreiben vom 11.11.1999, Az. IV C 2 – S 2176 – 102/99, Abruf-Nr. 100935).
Der BFH war dagegen der Meinung, dass es für das Vorliegen von bAV nicht erforderlich ist, dass die Leistung an das Ausscheiden aus dem Unternehmen gekoppelt ist (BFH, Urteil vom 05.03.2008, Az. I R 12/07, Abruf-Nr. 081556). Es hat Jahre gedauert, bis das BMF die Meinung des BFH übernommen hat (BMF, Schreiben vom 18.09.2017, Az. IV C 6 – S 2176/07/10006, Abruf-Nr. 196584; auch generell: BMF, Schreiben vom 18.03.2022, Az. IV C 5 – S 2333/19/10008 :026, Abruf-Nr. 228869).
In Bezug auf GGf haben die damalige BFH-Rechtsprechung und das BMF-Schreiben vom 18.09.2017 gefordert, dass der gleichzeitige Bezug von bAV-Leistung und Gehalt beim GGf zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führt, soweit die Aktivbezüge nicht auf die bAV-Leistung angerechnet werden.
Beispiel |
Bei Nichtanrechnung wurde eine vGA angenommen Würde er nun 7.000 Euro erhalten (5.000 Euro Gehalt + 2.000 Euro Altersrente), würden 2.000 Euro als vGA angesehen werden, weil die Aktivbezüge nicht auf die bAV angerechnet wurden. Aus bisheriger Sicht des BFH und des BMF wären nur 5.000 Euro monatlich fremdvergleichsüblich. |
BFH ändert seine Sicht zur Anrechnung von Aktivbezügen
Im Jahr 2023 kam es aber zu einer Änderung in der Rechtsprechung des BFH.
Der BFH hat entschieden, dass keine vGA vorliegt, wenn nach dem Eintritt des Versorgungsfalls neben der Versorgungsleistung bei voller Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer für diese Tätigkeit lediglich ein reduziertes Gehalt gezahlt wird und die Gehaltszahlung die Differenz zwischen der Versorgungszahlung und den letzten Aktivbezügen nicht überschreitet (BFH, Urteil vom 15.03.2023, Az. I R 41/19, Abruf-Nr. 235698).
Denn bei Fortsetzung der aktiven Tätigkeit parallel zum Bezug der bAV-Leistung würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter verlangen, entweder das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung anzurechnen oder den vereinbarten Eintritt der Versorgungsfälligkeit – ggf. unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs – aufzuschieben, bis der Begünstigte seine Geschäftsführerfunktion beendet hat.
Fortführung des Beispiels |
BFH-Sicht macht Weiterarbeit nach Pensionsbeginn ... Nach früherer Regelung wäre es in dem Fall, in dem das Gehalt auf 3.000 Euro nach Rentenbeginn reduziert wurde, zu einer Anrechnung des Gehalts von 3.000 Euro auf die bAV-Leistung von 2.000 Euro gekommen, sodass nur 3.000 Euro insgesamt gezahlt werden dürften, ohne eine vGA auszulösen. |
Wichtig | In den Fällen, in denen das neue Gehalt plus bAV nicht höher sind als das bisherige Gehalt, führt die geänderte BFH-Sicht zu einer Verbesserung (Zahlung in Höhe von 5.000 Euro fremdvergleichsüblich statt nur 3.000 Euro). In den Fällen, in denen der GGf neben der bAV-Leistung sein bisheriges Gehalt ungekürzt weiterbezieht, kommt es zu einer vollen Anrechnung, sofern man eine vGA vermeiden möchte.
Der BFH erwähnt weiter, dass die Differenz zwischen bisherigem Gehalt und bAV-Leistung für das „neue“ Gehalt nicht immer voll ausgenutzt werden kann, ohne eine vGA zu induzieren. Werden z. B. Arbeitszeit und -umfang im Rentenbezug deutlich reduziert, kann es sein, dass ein Gehalt in Höhe der Differenz zwischen bisherigem Gehalt und bAV-Leistung nicht angemessen wäre.
Beispiel |
... ist die Angemessenheit im Auge zu behalten Nach der Formel „bAV-Leistung + Gehalt nach Rentenbeginn ≤ Gehalt vor Rentenbeginn“ wäre „Luft“ für ein Gehalt in Höhe von 8.000 Euro. Doch wegen der reduzierten Tätigkeit erscheint ein Gehalt in der Größenordnung von 5.000 Euro (50 Prozent x 10.000 Euro) als fremdvergleichsüblich. In Summe wären also nur 7.000 Euro möglich (2.000 Euro bAV und 5.000 Euro Gehalt). |
Offensichtlich ist es damit für den BFH vorstellbar, dass ein GGf seine Arbeitszeit nach Eintritt in den Ruhestand reduzieren kann. Das ist in der Praxis auch durchaus häufig gegeben. Der GGf übergibt sukzessive die Unternehmensleitung an den Sohn/die Tochter oder sonstige Personen und bleibt für eine gewisse Zeit noch „an Bord“, wenn auch in reduziertem Umfang.
Das ist die Reaktion der Finanzverwaltung
Das BMF hat nun mit Schreiben vom 30.08.2024 (Az. IV C 2 – S 2742/22/10003 :009, Abruf-Nr. 243748) auf die neue Rechtsprechung reagiert und sein Schreiben vom 18.09.2017 angepasst.
- Es übernimmt die Sicht, dass vorbehaltlich der Beachtung des formellen Fremdvergleichs bei beherrschenden GGf keine vGA vorliegt, soweit die Summe aus Versorgungszahlung und neuem Aktivgehalt das Aktivgehalt nicht überschreitet, das vor dem Eintritt des Versorgungsfalls gezahlt wurde.BMF sieht bisher gezahltes Aktivgehalt als Messlatte ...
- Allerdings betont das BMF, dass eine vGA zu bejahen ist, wenn das Aktivgehalt und die Arbeitszeit nach Eintritt des Versorgungsfalls deutlich reduziert werden, da eine „Teilzeittätigkeit“ mit dem Aufgabenbild eines GGf nicht vereinbar ist.... und hält Teilzeit mit Aufgabengebiet eines GGf für unvereinbar
Wichtig | Damit scheint aus Sicht des BMF eine Teilzeittätigkeit stets zu einer vGA zu führen. Möglich ist hingegen, die Tätigkeit zu 100 Prozent fortzuführen, aber dafür nur ein reduziertes Gehalt zu erhalten (sodass zusammen mit der bAV-Leistung das ursprüngliche Gehalt nicht überschritten wird).
Bedeutung für die Praxis
Die Sicht des BMF in Bezug auf eine Teilzeittätigkeit muss in Anbetracht der tatsächlichen Praxis – auch vor dem Hintergrund des Fremdvergleichs – als fragwürdig erscheinen. Zudem sind einige Fragen offen geblieben, die für die Praxis wichtig sind:
- 1. Der BFH und das BMF führen als Alternative zum gleichzeitigen Bezug von bAV-Leistung und Gehalt die Möglichkeit an, den Rentenbeginn – ggf. unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs – aufzuschieben, bis der Begünstigte seine Geschäftsführerfunktion endgültig beendet hat. Eine klare Aussage dazu fehlt, ob bzw. dass dies auch ohne Beachtung der Erdienbarkeitsfristen fremdvergleichsüblich möglich ist, wenn in der Zusage keine Erhöhung der zugesagten Leistung bei späterem Rentenbeginn geregelt ist.Was gilt bei Aufschub des Rentenbeginns?
Ausgabe: 11/2024, S. 221 · ID: 50179835
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