FeedbackAbschluss-Umfrage

Lohnsteuer- und SozialabgabenpflichtLohnsteuer und Sozialversicherung bei Auflösung einer betrieblichen Altersversorgung

Abo-Inhalt07.09.200915 Min. Lesedauer von RA Franz Erich Kollroß, BVUK. Rechtsberatungs-AG, Würzburg

Wirtschaftliche Schwierigkeiten zwingen Arbeitnehmer zunehmend, das angesparte Kapital der betrieblichen Altersversorgung vor Erreichen der Altersgrenze über eine Abfindung zu verwerten. Bevor die Entscheidung zur Auflösung getroffen wird, sollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber über die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Folgen im Klaren sein.

Wirtschaftliche Schwierigkeiten zwingen Arbeitnehmer zunehmend, das angesparte Kapital der betrieblichen Altersversorgung vor Erreichen der Altersgrenze über eine Abfindung zu verwerten. Bevor die Entscheidung zur Auflösung getroffen wird, sollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber über die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Folgen im Klaren sein.

Sind Abfindungen überhaupt zulässig?

Die arbeitsrechtlichen Zusage einer betrieblichen Altersversorgung ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Renteneintritts hin ausgerichtet. Die vorzeitige Verwertung über eine Abfindung widerspricht dem Versorgungszweck der betrieblichen Altersversorgung. Ist eine Abfindung daher überhaupt zulässig?

Leistungen der betrieblichen Altersversorgung werden in der Regel ab dem Monat fällig, der der Vollendung des 65. Lebensjahrs bzw. der individuellen Regelaltersgrenze folgt. Vorzeitige Altersleistungen können verlangt werden, wenn der Arbeitnehmer die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente in Anspruch nimmt (§ 6 BetrAVG). Die aktuelle Untergrenze liegt bei Vollendung des 60. Lebensjahrs.

Mit der Abfindung von Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung kann der Arbeitnehmer vorzeitig über das Kapital verfügen; insoweit wird ihm eine Entschädigung für den Verzicht auf seine Versorgungsanwartschaft gezahlt.

Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Unverfallbare Anwartschaften sind bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur abfindbar, wenn die Abfindung gewisse Schwellenwerte nicht überschreitet. Diese betragen für das Jahr 2009

  • bei Kapitalleistungen (Regelfall) 3.024 Euro (West) und 2.562 Euro (Ost, § 3 Abs. 2 BetrAVG, § 18 SGB IV),
  • bei Rentenzahlung: 25,20 Euro (West) und 21,35 Euro (Ost) monatlich.

Unverfallbar sind Anwartschaften

  • aus Entgeltumwandlung (§ 1b Abs. 5 BetrAVG) und
  • aus der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls endet, jedoch nach Vollendung des 25. (bis 31.12.2008: 30.) Lebensjahrs und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens fünf Jahre bestanden hat (§ 1b Abs. 1 BetrAVG); besondere Regeln gelten für ältere Zusagen (§ 30f BetrAVG).

Verfallbare Anwartschaften können bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Berücksichtigung von Schwellenwerten abgefunden werden, obwohl dies gesetzlich nicht geregelt ist. Für die Abfindung gelten dieselben Grundsätze wie für die Abfindung von Anwartschaften während des laufenden Arbeitsverhältnisses.

Abfindung während des laufenden Arbeitsverhältnisses

Die Abfindung von verfallbaren oder unverfallbaren Anwartschaften während des laufenden Arbeitsverhältnisses ist gesetzlich nicht geregelt. Sie wird von der herrschenden Meinung mit Rücksicht auf die Gesetzesbegründung zu § 3 BetrAVG aber als zulässig angesehen, und zwar

  • sowohl bei der Entgeltumwandlung
  • als auch bei der arbeitgeberfinanzierten Altersversorgung.

Das heißt: Das angesammelte Kapital kann während des Arbeitsverhältnisses, aber außerhalb eines zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses vorzeitig verwertet werden. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können sich darauf einigen, die Anwartschaft abzufinden. Es gelten keine Schwellenwerte.

Berechnung der Abfindung

Die betriebliche Altersversorgung wird meist als Direktversicherung, Pensionskasse oder rückgedeckte Unterstützungskasse organisiert. Der Ansparvorgang vollzieht sich über Versicherungsverträge. Die Abfindung führt zur Kündigung dieser Verträge. Ihr Rückkaufwert definiert die Abfindung.

Spezielle Regeln für unverfallbare Anwartschaften

Werden unverfallbare Anwartschaften bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgefunden, berechnet sich der Betrag wie folgt:

  • Der Abfindungsbetrag entspricht bei einer über eine Unterstützungskasse durchgeführten betrieblichen Altersversorgung dem Barwert der künftigen Versorgungsleistung im Zeitpunkt der Übertragung.
  • Wird die betriebliche Altersversorgung über eine Pensionskasse, eine Direktversicherung oder - was selten ist - über einen Pensionsfonds durchgeführt, entspricht der Abfindungsbetrag dem Kapital im Zeitpunkt der Übertragung (§§ 3 Abs. 5, 4 Abs. 5 BetrAVG).

Steuer- und sv-rechtliche Behandlung in Ansparphase

In der der Abfindung vorausgehenden Ansparphase bleiben die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung in aller Regel steuer- und sozialversicherungsfrei:

  • Dies gilt mit unterschiedlichen Nuancen bei der Pensionskasse, Direktversicherung oder dem Pensionsfonds sowohl für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 63 EStG als auch für die Pauschalbesteuerung nach § 40b EStG in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung.
  • Bei der rückgedeckten Unterstützungskasse fließt der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer erst bei Zahlung der Leistungen zu. Die Zahlung der Beiträge ist steuerfrei.

Die Sozialversicherungsfreiheit der Beiträge ist jetzt in § 1 Abs. 1 SvEV bzw. in § 14 SGB IV geregelt und folgt praktisch der Steuerfreiheit. Für frühere Entgeltumwandlungen galten analoge Vorschriften.

Steuerliche Behandlung der Abfindungsbeträge

Werden Anwartschaften abgefunden, stellt sich die Frage, wie die Abfindung steuer- und sozialabgabenrechtlich zu behandeln ist. Denn eine abgabenfreie Auszahlung der Rückkaufwerte würde die Lohnbesteuerung und Verbeitragung der für die betriebliche Altersversorgung aufgewendeten Arbeitsentgelte unterlaufen.

Abfindung einer geförderten Altersversorgung

Bei der vorzeitigen Beendigung einer nach § 3 Nr. 63 EStG geförderten betrieblichen Altersversorgung wie der Direktversicherung, der Pensionskasse oder des Pensionsfonds ist nach Ansicht der Finanzverwaltung wie folgt zu differenzieren (BMF, Schreiben vom 20.1.2009, Az: IV C 3 - S 2496/08/10011, Rz. 285; Abruf-Nr. 090362090362):

  • Abfindung: Wird die bAV nur mit Wirkung für die Zukunft beendet und eine Abfindung (Rückkaufwert) an den Arbeitnehmer gezahlt, muss dieser sie als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 5 EStG) im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung versteuern.
  • Rückabwicklung: Wird das Vertragsverhältnis (Versorgungszusage) komplett rückabgewickelt, auch mit Wirkung für die Vergangenheit, ist die Zahlung der Versorgungseinrichtung an den Arbeitnehmer lohnsteuerpflichtig nach § 19 Abs. 1 EStG.

Abfindung einer rückgedeckten Unterstützungskasse

Bei der Abfindung oder Rückabwicklung einer Zusage im Rahmen einer rückgedeckten Unterstützungskasse wird entweder das Äquivalent des ursprünglich lohnsteuerfrei umgewandelten Entgelts (der Rückkaufwert) oder die gesamten eingezahlten Beiträge erstattet. Die Rückleistung ist lohnsteuerpflichtig nach § 19 EStG.

Abfindung einer pauschal besteuerten Direktversicherung

Wird eine pauschal besteuerte Direktversicherung abgefunden und der Rückkaufwert über den Arbeitgeber erstattet, muss der Arbeitnehmer diese Abfindung im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung versteuern (§§ 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b, 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG).

Beachten Sie: Es ist jeweils die für den betreffenden Versicherungsvertrag geltende Fassung des § 20 Abs.1 Nr. 6 EStG anzuwenden. Das heißt:

  • Vertragsschluss bis 2004: Bei Vertragsschluss bis 31. Dezember 2004 sind die Leistungen steuerfrei, wenn

Wichtig: Ansonsten sind die rechnungs- und außerrechnungsmäßigen Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern (BMF, Schreiben vom 20.1.2009, Rz. 270 und 111; Abruf-Nr. 090362090362).

  • Vertragsschluss ab 2005: Bei einem Vertragsschluss nach dem 31. Dezember 2004 muss der Arbeitnehmer den Unterschiedsbetrag aus ausgezahlten und eingezahlten Beiträgen versteuern (§§ 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe c, § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG). Erfolgt die Auszahlung erst nach Vollendung des 60. Lebensjahrs und hat der Vertrag im Zeitpunkt der Auszahlung mindestens zwölf Jahre bestanden, ist nur die Hälfte der Erträge zu versteuern (BMF, Schreiben vom 20.1.2009, Rz. 270 und 111; Abruf-Nr. 090362090362).

Sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Abfindung

Die beitragsrechtliche Behandlung der Abfindungsbeträge folgt weitgehend der steuerrechtlichen Beurteilung (Indizwirkung). Grundsätzlich hängt die Beitragspflicht einer Abfindung, die im laufenden Arbeitsverhältnis gezahlt wird, jedoch davon ab, ob beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder ein beitragspflichtiger Versorgungsbezug vorliegt. Das führt zu den Vorschriften der §§ 14, 23a SGB IV und § 229 SGB V.

Abfindung in Form des Rückkaufwerts

Der Abfindungsbetrag in Form des Rückkaufwerts muss als Äquivalent für den Verzicht auf einen arbeitsrechtlichen Anspruch gewertet werden. Damit handelt es sich um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Zusammenhang mit einem bestehenden Arbeitsverhältnis, das nicht für eine Arbeitsleistung in einem einzelnen Abrechnungszeitraum gezahlt wird. Die Abfindung wird außerhalb des Betriebsrentengesetzes gezahlt und ist deshalb als arbeitsrechtliche Vergütung mit Entgeltcharakter zu bewerten.

Das heißt: Alle Abfindungsbeträge für Direktversicherungen, Pensionskasse und rückgedeckte Unterstützungskassen im laufenden Arbeitsverhältnis unterliegen der Sozialversicherungspflicht, soweit die jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen nicht ausgeschöpft sind.

Auf die ursprüngliche steuerliche Förderung, die Zuflussverschiebung und die Finanzierung durch Arbeitgeber oder Arbeitnehmer kommt es nicht an. Diese Beurteilung deckt sich mit den Ergebnissen der Erörterungen der Sozialversicherungsträger (Rundschreiben vom 25.9.2008, Seite 53 ff.; Abruf-Nr. 092390092390).

AUSGABE: LGP 9/2009, S. 158 · ID: 129844

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2009

Bildrechte