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Betriebsausgabenabzug in GefahrArbeitsrechtlich übliche Abfindungen können steuerlich Probleme bereiten

Abo-Inhalt07.11.200814 Min. Lesedauer von RiArbG Dr. Guido Mareck, Iserlohn

Für die Frage, ob eine Abfindung angemessen ist und den Arbeitgeber deshalb zum vollen Betriebsaus­gabenabzug berechtigt, kann steuerrechtlich auf die in der arbeits­gerichtlichen Rechtsprechung entwickelte Faustformel zugegriffen werden. Das heißt: Ein halbes Brutto­monatsgehalt für jedes Beschäftigungsjahr ist angemessen. Bei höheren Abfindungen kommt es auf den konkreten Fall an.

Für die Frage, ob eine Abfindung angemessen ist und den Arbeitgeber deshalb zum vollen Betriebsaus­gabenabzug berechtigt, kann steuerrechtlich auf die in der arbeits­gerichtlichen Rechtsprechung entwickelte Faustformel zugegriffen werden. Das heißt: Ein halbes Brutto­monatsgehalt für jedes Beschäftigungsjahr ist angemessen. Bei höheren Abfindungen kommt es auf den konkreten Fall an.

Arbeits- und steuerrechtliche Aspekte

Das Vereinbaren einer Abfindung ist im Arbeitsrecht gängige Praxis – sei es um den Streit über die Wirksamkeit einer Kündigung im Kündigungsschutzprozess zu erledigen oder bereits im Vorfeld im Rahmen von Aufhebungs- oder Abwicklungsvereinbarungen. Grundsätzlich steht es den Arbeitsvertragsparteien frei, eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, gleich in welcher Höhe, zu vereinbaren. Im Arbeitsrecht gibt es zwei Vorschriften, die einen Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers vorsehen und Aufschluss über die übliche Höhe einer solchen Abfindung geben.

1. Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung

Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer bei einer Kündigung aus betriebsbedingten Gründen eine Abfindung für den Fall anbieten, dass der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt (§ 1a KSchG). Voraussetzung ist, dass im Kündigungsschreiben darauf hingewiesen wird, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt wird und dass der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

Die Abfindung beträgt ein halbes Bruttomonatsgehalt für jedes volle Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten ist auf ein volles Jahr aufzurunden (§?1a Abs. 2 KSchG).

Beachten Sie: Ein solches Angebot zeigt dem Arbeitnehmer aber, dass ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr ohnehin „herauszuholen“ ist und der Arbeitgeber wohl gewillt ist, noch höher zu gehen.

2. Abfindung für „Auflösung“ bei unwirksamer Kündigung

Der Arbeitnehmer kann außerdem bei einer sozial nicht gerechtfertigten Kündigung eine angemessene Abfindung beanspruchen, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist (§§ 9, 10 KSchG).

Einen solchen „Auflösungsantrag“ – der bei unwirksamen Kündigungen durchgreift – kann auch der Arbeitgeber stellen, wenn eine „den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit“ nicht mehr erwartet werden kann.

Als Obergrenze gilt hier ein Betrag von bis zu zwölf Bruttomonatsgehältern (§ 10 Abs. 1 KSchG). Bei Arbeitnehmern, die älter als 55 Jahre alt sind und mindestens 20 Jahre Betriebszugehörigkeit haben, ist die Obergrenze 18 Bruttomonatsgehälter (§ 10 Abs. 2 Satz 1 KSchG).

Gerichtliche und außergerichtliche Abfindungsvereinbarungen

In der Regel werden Abfindungsvereinbarungen aber außergerichtlich oder gerichtlich getroffen, um das auf beiden Seiten bestehende Risiko des Kündigungsschutzprozesses zu vermeiden. Dabei wird üblicherweise ein Betrag von einem halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr dem gerichtlichen Abfindungsvorschlag zugrunde gelegt, bzw. ist bei außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen Ausgangsbasis.

Bei kurzen Beschäftigungsverhältnissen oder Vertrauenspositionen wird in Ausnahmefällen eine Abfindung von bis zu einem Bruttomonatsverdienst pro Beschäftigungsjahr vorgeschlagen. In Verträgen mit Angestellten in Führungspositionen werden oft separate Abfindungsvereinbarungen getroffen, die allerdings nicht zur Beurteilung der „Üblichkeit“ einer Abfindung herangezogen werden können.

Eine typische Abfindungsvereinbarung, die in einem Abwicklungsvertrag hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses oder in einem gerichtlichen Vergleich gewählt wird, hat etwa folgenden Wortlaut:

Formulierungsvorschlag für eine Abfindungsvereinbarung

„Die Beklagte (Arbeitgeberin) zahlt an den Kläger/die Klägerin eine Abfindung für den Verlust seines/ihres Arbeitsplatzes gemäß den §§?9, 10 KSchG in Höhe von ... Euro.“

Für den Fall des Bestehens von vertraglich oder in bestehenden Sozialplänen geregelten Abfindungen kann folgender Passus verwendet werden:

Passus für Anrechnung

„Die Abfindungszahlung erfolgt unter Anrechnung auf die dem Kläger/der Klägerin nach dem bei der Beklagten bestehenden Sozialplan vom ... zustehende Abfindung bzw. auf die dem Kläger/der Klägerin nach § ... des Arbeitsvertrages vom ... zustehende Abfindung.“

Wann ist eine Abfindung unangemessen?

Eine Abfindung im Bereich von einem halben bis zu einem ganzen Brutto­monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr ist im Rahmen der außergerichtlichen oder gerichtlichen Abfindungsvereinbarungen somit üblich.

Während im Arbeitsrecht höhere Abfindungen im Rahmen der Privatautonomie möglich sind und sich hier in der Praxis kein Arbeitsgericht einmischen wird, sieht es steuerrechtlich anders aus. Denn der Abzug der Abfindungszahlung als Betriebsausgabe setzt voraus, dass die Abfindungszahlung „betrieblich veranlasst“ und nicht unangemessen hoch ist (BFH, Beschluss vom 20.2.2008, Az: VIII B 83/07; Abruf-Nr. 081721081721).

Im BFH-Fall war zwischen Ehegatten eine Abfindung vereinbart worden, die bei einem zuletzt bezogenen Jahresgehalt von 8.270?DM nach der arbeitsrechtlichen Faustformel (halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr) deutlich zu hoch lag. Der BFH hat deshalb allein wegen der Höhe der Abfindung die nicht nur unwesentliche private Veranlassung und die Angemessenheit der Abfindung verneint.

In Ausnahmefällen könne zwar auch ein volles Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr noch angemessen sein. Eine frühere Entscheidung des FG Nürnberg (Urteil vom 20.11.2001, Az: I 76/2001; Abruf-Nr. 020329020329), in der mehr als ein halbes Bruttomonatsgehalt anerkannt worden ist, sei aber laut BFH nicht so zu verstehen, dass bei Zahlung einer Abfindung an einen Angehörigen steuerlich immer ein volles Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr anerkannt werden müsste. Welcher Faktor im Einzelfall noch vertretbar ist, hängt von der Beurteilung der Einzelumstände ab.

Fazit und Praxistipps

Will der Arbeitgeber seine Abfindungszahlung an einen ausscheidenden Arbeitnehmer problemlos als Betriebsausgabe abziehen können, sollte er die im Arbeitsrecht von der Rechtsprechung entwickelte und in § 1a Abs. 1 KSchG normierte Abfindungshöhe von einen halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr einhalten.

Die Vereinbarung einer höheren Abfindung ist insbesondere dann, wenn die Umstände gegen eine nicht nur unwesentliche private Veranlassung der Abfindungszahlung sprechen (zum Beispiel bei Angehörigen), zwar arbeitsrechtlich möglich. Steuerrechtlich aber werden solche Betriebsausgaben in der Regel nicht anerkannt.

Bei der Vereinbarung von Abfindungen, die von der Formel abweichen, hat der Arbeitgeber besondere Umstände darzulegen, die ein solches Vorgehen rechtfertigen. Dies können besonders kurze oder lange Arbeitsverhältnisse, das Lebensalter des Arbeitnehmers oder eine besonders herausgehobene Position im Betrieb sein. So wird ein besonders gut verdienender leitender Angestellter, von dem sich der Arbeitgeber bereits nach 1,5 Jahren trennen will, oder ein 55-jähriger Arbeitnehmer, dem nach langjähriger Betriebszugehörigkeit gekündigt werden soll, durchaus eine Abfindung oberhalb der „1/2-Regelung“ beanspruchen können.

Unser Tipp: Bei der Beurteilung der Einzelumstände ist der BFH in der Regel an die Beurteilung des Finanzgerichts gebunden. Es kommt also in solchen Fällen entscheidend darauf an, bereits das FG zu überzeugen und dort alle positiven Argumente und Umstände vorzubringen.

AUSGABE: LGP 11/2008, S. 196 · ID: 122736

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